UGP-Richtlinie (2005/29/EG)

Bei der Richtlinie 2005/29/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (kurz "UGP-Richtlinie) handelt es sich um eine europarechtliche Richtlinie auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts zur Einführung von gemeinsamen Mindeststandards zur Beurteilung von Geschäftspraktiken in der Europäischen Union. Die UGP-Richtlinie hat einen neuen Rechtsrahmen für Werbemaßnahmen und Vertriebsaktionen gegenüber Verbrauchern geschaffen. Mit ihr gelten innerhalb der EU einheitliche Regelungen in Bezug auf unlautere Geschäftspraktiken (sogenanntes Prinzip der Vollharmonisierung, Art. 4 UGP-Richtlinie).

Ziel der UGP-Richtlinie

Die UGP-Richtlinie hat eine Stärkung des Binnenmarktes durch eine Verbesserung des Verbraucherschutzes zum Ziel. Sie findet daher nur auf Werbe- und Marketingmaßnahmen von Unternehmern Anwendung, die sich an Verbraucher richten (englisch „business to consumer“ kurz B2C -Verhältnis). Die UGP-Richtlinie will sicherstellen, dass der Verbraucher eine informierte und von äußeren und inneren Zwängen freie Kaufentscheidung für ein Produkt (Ware oder Dienstleistung) trifft.

 

Die Struktur der UGP Richtline

Die UGP-Richtlinie spricht ein Verbot unlauterer Geschäftspraktiken aus (Art. 5 Abs. 1 UGP-Richtlinie). Es kommt genau darauf an, wann eine Geschäftspraxis als unlauter zu beurteilen ist. Dafür enthält die UGP-Richtlinie ein dreistufiges Modell.

Schwarze Liste von Geschäftspraktiken, die in jedem Fall unzulässig sind (sog. Per-se-Verbote),
irreführende Geschäftspraktiken und aggressive Geschäftspraktiken,
Generalklausel (Art. 5: Verbot unlauterer Geschäftspraktiken)

 

1. Stufe: Schwarze Liste

Zunächst sind die Fälle der schwarzen Liste (sogenannte „Blacklist“) zu prüfen. Eine Werbemaßnahme, die einen Tatbestand der schwarzen Liste erfüllt, ist in jedem Fall unzulässig.

 

2. Stufe: Liegt eine irreführende oder aggressive Geschäftspraxis vor?

Liegt  kein Per-se-Verbot vor, dann ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sie eine irreführende Geschäftspraxis oder aggressive Geschäftspraxis darstellt.

Eine Geschäftspraxis gilt als aggressiv, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung, einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt, oder durch unzulässige Beeinflussung tatsächlich oder voraussichtlich erheblich beeinträchtigt und dieser dadurch tatsächlich oder voraussichtlich dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

 

3. Stufe: Vereinbarkeit mit der Generalklausel

Verstößt eine Werbemaßnahme nicht gegen die schwarze Liste und enthält sie auch keine irreführende oder aggressive Geschäftspraxis, so ist in einem letzten Schritt zu prüfen, ob sie auch mit der Generalklausel in Art. 5 UGP-Richtlinie zu vereinbaren ist.

 

Prüfungsmaßstab

Die UGP-Richtlinie erfasst nur Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern. Unfaires Verhalten unter Konkurrenten ist nicht erfasst. Maßstab ist nicht mehr der „flüchtig-aufmerksame, unkritische und uninformierte Verbraucher“ (früheres Verbraucherleitbild), sondern der „durchschnittlich informierte, verständige und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher“ (sog. „europäisches Verbraucherleitbild“). Richtet sich eine Geschäftspraxis an eine eindeutig identifizierbare Verbrauchergruppe, z. B. Kinder, Jugendliche oder gebrechliche Personen, ist der Durchschnittsverbraucher der jeweiligen Verbrauchergruppe maßgeblich für das Verbraucherleitbild (Art. 5 Abs. 3 UGP-Richtlinie).