Das Landgericht Mannheim, Aktenzeichen: 24 O 12/20 ZV I, hat gegen einen Amazon Verkäufer ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 EUR verhängt, weil dieser schuldhaft gegen einen Unterlassungstitel verstoßen haben soll. Täglich einmal seine Angebote zu kontrollieren, genüge nicht, so das LG Mannheim. Mindestens zwei- bis dreimal täglich sei eine Kontrolle erforderlich, meint das Gericht.

 

Die Einzelheiten:

 

… hat das Landgericht Mannheim – 4. Kammer für Handelssachen – durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht XXX am 07.04.2021 beschlossen:

 

1. Gegen die Schuldnerin wird wegen Zuwiderhandlung gegen die ihr in dem Beschluss des LG Mannheim vom 13.02.2020 auferlegte Verpflichtung,

 

es zu unterlassen, …

 

ein Ordnungsgeld von 500,00 € verhängt, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht bei getrieben werden kann, für je 250,00 € ein Tag Ordnungshaft verhängt.

 

2. Die Schuldnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

3. Der Streitwert wird auf 8.000,00 € festgesetzt.

 

Gründe:

Der zulässige Antrag ist begründet.

 

Vor Erlass des Beschlusses wurde die Schuldnerin gemäß § 891 S.2 ZPO gehört.

 

Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 1 und 2 ZPO liegen vor.

 

Die Schuldnerin wurde mit dem im Tenor genannten Beschluss im einstweiligen Verfügungsverfahren u.a. zu der aus dem Tenor ersichtlichen Unterlassung verpflichtet. Die Schuldnerin hat nach Zustellung des Beschlusses unter dem 13.03.2020 ein Abschlusserklärung abgegeben und die durch diesen Beschluss auferlegten Unterlassungsgebote als endgültige und verbindliche Regelung zwischen den Parteien anerkannt. Die Ordnungsgeldandrohung erfolgte durch den oben genannten Beschluss.

 

Die Schuldnerin hat dieser Unterlassungsverpflichtung durch die Veröffentlichung der beiden in den Anlagen G 4 und G 5 vorgelegten Verkaufsangebote für Bremsflüssigkeit ohne Angabe des Grundpreises auf der Verkaufsplattform Amazon am 28.08.2020 zuwidergehandelt. Die Verkaufsangebote hat die Gläubigerin unstreitig am 20.08.2020 um 08.21 Uhr und um 08.22 Uhr abgerufen und dokumentiert. Die Schuldnerin bestreitet diese Angebote nicht.

 

Sie ist der Auffassung, sie habe nicht schuldhaft gegen das Unterlassungsgebot verstoßen, da sie alles Zumutbare getan habe, um Verstöße zu verhindern. Sie lasse durch eine über das Verbot informierte Mitarbeiterin an jedem Arbeitstag zwischen 09.00 Uhr und 10.00 Uhr sämtliche Angebote auf Amazon im Hinblick auf Veränderungen der Artikelbeschreibung kontrollieren. Die Einstellung der eigenen Angebote erfolge immer unter Angabe des Grundpreises. Die Artikelbeschreibung sei jedoch durch andere Verkäufer desgleichen Produkts veränderbar. Die Kontrolltätigkeit der Mitarbeiterin der Schuldnerin werde täglich stichprobenhaft dergestalt überwacht, dass mindestens 10 bereits eingestellte Artikel bei Amazon insbesondere in Bezug auf die korrekte Angabe des Grundpreises überprüft werden. Am Freitag, den 28.08.2020 habe die bei der Schuldnerin zuständige Mitarbeiterin nach ihrer Erinnerung kein Angebot korrigiert.

 

Selbst das Vorbringen der Schuldnerin unterstellt, trifft sie das für die Festsetzung eines Ordnungsmittels erforderliche Verschulden.

 

Die Schuldnerin trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, was sie getan hat, die Einhaltung der Unterlassungsgebote sicherzustellen (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2018, 390; Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 30. Aufl. 2021, Rn.5.8 m.w.N.).

 

Die Schuldnerin kann sich mit dem Vortrag, andere Anbieter hätten ihr mit dem Grundpreis eingestelltes Angebot überarbeitet nicht entlasten, da sie alles im konkreten Fall Erforderliche und Zumutbare tun muss, um künftige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH Urt. V. 03.03.2016, I ZR 140/14; OLG Frankfurt a.a.O.). Diesen Anforderungen genügen die von der Schuldnerin vorgebrachten Kontrollmaßnahmen nicht. Die Kontrolle der  Angebotsbeschreibungen führt die Mitarbeiterin der Schuldnerin nach eigenem Vortrag der Schuldnerin in wenigen Minuten zwischen 09.00 Uhr und 10.00 Uhr durch. Da die Artikelbeschreibungen durch jeden anderen Verkäufer des Produkts, der sich an die Verkaufsanzeige anhängt, bearbeitet werden kann, ergibt sich eine hohe Gefahr ständiger Veränderung der Angebote. In Ansehung dieser Situation sind die Anforderungen an die Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung des Unterlassungsgebots durch die Schuldnerin, die sich bewusst in die Situation bringt, ein Angebot einzustellen, das Dritte verändern können, nach Ansicht des Gerichts ebenfalls hoch. Eine einmalige Kontrolle pro Tag genügt diesen Anforderungen nicht. Mindestens zwei- bis dreimal täglich ist die Kontrolle erforderlich und vor dem Hintergrund des eigenen Vortrags der Schuldnerin, dass dies in Minuten geschehen könne, auch zumutbar. Eine Wiederholung der täglichen Kontrolle ist bereits aus Gründen der Selbstkontrolle zur Vermeidung eigener Fehler durch Übersehen von Angebotsveränderungen geboten. Dies wird ebenfalls durch den eigenen Vortrag der Schuldnerin, ihre zuständige Mitarbeiterin könne sich an die Korrektur von Angeboten am Freitag, den 28.08.2020 nicht, sondern nur am Montag, den 31.08.2020 erinnern, bestätigt, da die am 28.08.2020 vor 09.00 Uhr entdeckten beiden Verstöße demzufolge von der kontrollierenden Mitarbeiterin bei der Kontrolle zwischen 09.00 Uhr und 10.00 Uhr an diesem Tag gerade nicht entdeckt wurden. Vortrag der Schuldnerin zur Organisation der Kontrollen im Fall der Krankheit oder des Urlaubs der einzig als zuständig benannten Mitarbeiterin Weiß liegt ebenfalls nicht vor. Die Schuldnerin trägt auch nicht vor, dass die zuständige Mitarbeiterin schriftlich über die Anforderungen zur Sicherstellung der Einhaltung der Unterlassungsgebote unter Hinweis auf Sanktionen informiert worden wäre, wie dies erforderlich ist (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.). In Ansehung der Kürze der erforderlichen Überprüfungszeit müsste eine das Verschulden ausschließende Kontrollorganisation auch die Fremdkontrolle der Überprüfungen in höherem als dem von der Schuldnerin dargelegten stichprobenartigen Umfang von mindestens 10 Angeboten beinhalten. Die Zweitkontrolle hält das Gericht jedenfalls mit der Überprüfung des gesamten eingestellten Angebots einmal wöchentlich für erforderlich und zumutbar.

 

Der Vortrag der Schuldnerin zum Rechtsmissbrauch der Gläubigerin mit der Behauptung zielgerichteten Verschonens eigener Mitglieder bzw. der Vereinsstruktur der Gläubigerin ist im Zwangsvollstreckungsverfahren vorliegend unerheblich.

 

Die Schuldnerin hat sich den im Vollstreckungstitel titulierten Unterlassungsgeboten als endgültige Regelung unterworfen. Damit hat sie in Kenntnis der nun vorgetragenen Behauptungen zum Rechtsmissbrauch der Gläubigerin die Verbote anerkannt, so dass kein Raum für diese Einwendung gegen die Vollstreckung bleibt.

 

Eine Entscheidungserheblichkeit des Vortrags der Gläubigerin zur Höhe der Abmahnkosten, die die Gläubigerin in anderen Verfahren geltend macht, vermag das Gericht nicht zu erkennen.

 

Das Gericht hat das beantragte Ordnungsgeld auf 500,00 € festgesetzt.

 

Hierbei war zu berücksichtigen, dass das Ordnungsmittelverfahren dazu dient, den Schuldner von weiteren Verstößen abzuhalten, aber auch eine repressive Ordnungsmaßnahme für den gegangenen Verstoß gegen die Anordnung eines Gerichts darstellt. Dabei sind Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Verletzungshandlunge für den Verletzten zu berücksichtigen. Danach ist der Schuldnerin zugute zu halten, dass es sich vorliegend um das erste Ordnungsmittelverfahren in Bezug auf den oben genannten Beschluss handelt und der Schuldnerin kein vorsätzliches Verhalten, sondern fahrlässiges Organisationsverschulden zur Last fällt. Das Gericht hält ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 € für erforderlich, aber in Ansehung des konkreten Verstoßes auch für ausreichend, um sicherzustellen, dass die Schuldnerin das Unterlassungsgebot nunmehr zuverlässig beachtet.

 

Die Ersatzordnungshaft hat ihre Rechtsgrundlage in § 890 I 1 ZPO.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 S. 3, 91 ZPO.

 

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO.

 

Der Streitwertfestsetzung des Beschlusses vom 13.02.2020 lagen drei Verstöße zugrunde. Das Vollstreckungsverfahren betrifft nur eines der drei Unterlassungsgebote.

 

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