Ich helfe jetzt inzwischen seit über 10 Jahren Betroffenen im Falle einer Abmahnung. Fast täglich bereite ich Unterlassungserklärungen vor, bespreche diese mit den Abgemahnten und kläre über die rechtlichen Folgen der Unterlassungserklärung auf. Wo Menschen arbeiten, passieren leider hin und wieder auch Fehler. Absichtlich oder gar vorsätzlich passiert so etwas natürlich nicht. Meist ist es einfach nur Fahrlässigkeit („Pech“). So kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass es zu Verstößen gegen einen Unterlassungsvertrag kommt.

 

Verstößt der Abgemahnte selbst oder etwaige Erfüllungsgehilfen gegen die Unterlassungserklärung, dann kann der Unterlassungsgläubiger eine Vertragsstrafe geltend machen. Selten werden konkrete Vertragsstrafen vereinbart. In der Praxis ist es üblich, eine Unterlassungserklärung nach sogenanntem Hamburger Brauch abzugeben, d.h. die Vertragsstrafe wird zunächst in das billige Ermessen des Gläubigers gestellt und im Streitfall könnte diese vom Gläubiger als angemessen eingestufte Summe dann hinsichtlich ihrer Billigkeit vom zuständigen Gericht überprüft werden.

Das billige Ermessen des Gläubigers

Immer wieder erschrecken Abgemahnte wenn Sie hören, dass Ihr Abmahner im Falle eines Verstoßes gegen den Unterlassungsvertrag zunächst eine Summe nach billigem Ermessen bestimmen und einfordern kann. Ihnen erscheint es im Vorfeld meist sinnvoller, eine konkrete Vertragsstrafe zu vereinbaren. Dem ist nicht so. Denn wenn Sie eine konkrete Vertragsstrafe vereinbaren würden, dann würden Sie sich selbst die gerichtiche Überprüfungsmöglichkeit nehmen. Daher sollte eine Unterlassungserklärung stets nach Hamburhger Brauch formuliert werden.

 

In der Praxis erscheinen auch mir oftmals die Vertragsstrafenforderungen unangemessen, lebensfern und maßlos übersetzt. Nur extrem selten werden meiner Einschätzung nach realistische Vertragsstrafen gefordert.

 

Wie kommt es dazu? Ist es die Gier des Unterlassungsgläubigers? Will der Unterlassungsgläubiger durch eine sehr hohe Ausgangsforderung mehr Verhandlungsspielraum erreichen? Ganz nach dem Motto: Ich fordere mal 10.000 EUR und wenn es dann „nur“ 5.000 EUR werden ist es auch ok. Die Beweggründe werde auch ich wohl nie erfahren. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte.

Keine 10.200 EUR, sondern nur 500 EUR sind angemessen

Das OLG Dresden (Urteil vom 28.6.2016, 14 U 1997/15) hatte sich mit gleich mehreren Vertragsstrafenforderungen zu befassen. In den Entscheidungsgründen ist – wie ich meine – sehr schön dargestellt, welche Kriterien für die Angemessenheit der Vertragsstrafe maßgeblich sind. Hier ein Auszug aus den Entscheidungsgründen:

B. Der Klägerin steht der mit Klageantrag Ziff. 1. verfolgte Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus § 339 S. 2 BGB zu, allerdings nur in Höhe von 500,00 EUR.

 

1. Zwischen den Parteien ist ein strafbewehrter Unterlassungsvertrag zustande gekommen, indem die Klägerin die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 28.10.2013 (XXX) angenommen hat. Der Schuldner muss stets damit rechnen, dass der Gläubiger das Angebot angenommen hat, § 151 S. 1 BGB (BGH GRUR 2919, 355 Rn 21 —Testfundstelle).

 

2. Gegen den strafbewehrten Unterlassungsvertrag hat die Beklagte auch schuld­haft verstoßen und sonach eine Vertragsstrafe verwirkt.

 

Das Verschulden des Schuldners wird vermutet, so dass er sich entlasten muss (BGHZ 121, 13, 20 — Fortsetzungszusammenhang). Dabei haftet der Schuldner auch für ein schuldhaftes Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen, hier von XXX und XXX. Eine unvollständige Beseitigung der Passagen von der Webseite erfolgte schuldhaft und wurde von der Beklagten bei der erforderlichen Kontrolle aus vermutetem Eigenverschulden nicht er­kannt (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rn 154).

 

3. Die somit dem Grunde nach verwirkte Vertragsstrafe entspricht jedoch in der von der Klägerin zunächst eingeklagten Höhe von 10.200 EUR nicht der Billig­keit und bleibt auch in der zuletzt ermäßigten Höhe von 5.100 EUR übersetzt. Für die Angemessenheit einer verwirkten Vertragsstrafe kommt es neben den Erwägungen der Parteien in erster Linie auf den Sanktionscharakter der Ver­tragsstrafe und auf ihre Funktion der Vermeidung weiterer Zuwiderhandlungen, mithin auf die Beurteilung der Schwere und des Ausmaßes der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschul­den des Verletzers und auch auf deren weitere Funktion als pauschalierter (Mindest-)Schadensersatz an (BGH GRUR 1994, 164 — Vertragsstrafebemes­sung).

 

Dabei hat hier Berücksichtigung zu finden, dass der Verstoß zeitlich auf wenige Tage (28.10.2013 bis 1.11.2013) begrenzt war. Inhaltlich erschöpfte er sich dar­in, die erforderlichen Änderungen auf der Webseite nicht vollständig umgesetzt zu haben. … Dahinstehen kann, ob das Belassen dieser Passagen im Netz — wie von der Beklagten geltend gemacht und angesichts der weiteren unstreitig erfolgten Änderungen insbesondere hin­sichtlich der gerügten Passagen ohne weiteres nachvollziehbar — aus Verse­hen erfolgte. Eine Steigerung des nur geringen Verschuldens ist jedenfalls nicht ersichtlich. Auch bildet das zeitgleiche und nur teilweise Belassen des Internet­auftritts bei natürlicher Betrachtung einen einheitlichen Lebensvorgang, so dass bei beiden Verstößen von einer natürlichen Handlungseinheit auszugehen ist. Die Beklagte hatte sich auch nicht seit längerem auf eine Änderung einzustel­len, sondern erst seit der Abmahnung vom 21.10.2013 (XXX). Wie in dem vom Kammergericht entschiedenen Fall (Urteil vom 27.9.2011 – 5 U 137/10, WRP 2012, 247) hat das Fehlverhalten der Beklagten die Bagatellschwelle na­hezu unterschritten, so dass die Bestimmung der Vertragsstrafe in Höhe von 10.200 EUR, zuletzt 5.100 EUR nicht nach billigem Ermessen erfolgte und die Bestimmung demzufolge hier durch Urteil zu treffen und mit 500,00 EUR zu bemessen ist, § 315 BGB.

 

C. Auch die mit den Klageanträgen Ziff. 2. und 3. verfolgten Zahlungsansprüche stehen der Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach zu, § 339 S. 2 BGB. Auch hier ist aber nach dem Hamburger Brauch eine Herabsetzung von 3.750 EUR auf 500,00 EUR und von 2.550,00 EUR auf 1.500,00 EUR geboten.

 

1. Die Beklagte hat sich mit strafbewehrter Unterlassungserklärung vom 9.8.2013 (XXX; BI. 52 dA) strafbewehrt verpflichtet, … zu werben. Die Klägerin hat dieses Angebot mit Schriftsatz vom 18.8.2013 (XXX; Bl. 53 dA) angenommen. Gegen den strafbewehrten Unterlassungsvertrag hat die Beklagte schuldhaft verstoßen und sonach eine Vertragsstrafe verwirkt.

 

Allerdings ist für die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe zu berücksichtigen, dass … der Kreis des angesprochenen Verkehrs begrenzt war. … Die Gefährlichkeit des Verstoßes und das Verschulden sind deshalb als geringfügig zu bewerten. Für den ersten Verstoß erscheint dem Senat wiederum (s.o. B) eine Vertragsstrafe von 500,00 EUR statt 3.750 EUR angemessen. Hinsichtlich des zweiten Verstoßes ist erhöhend die zwischenzeitliche Abmahnung vom 8.11.2013 (XXX, BI. 77 dA) zu berücksichtigen. Allerdings hat die Klägerin den zweiten Verstoß selbst nicht für so schwerwiegend erachtet, weil sie eine geringere Vertragsstrafe als beim ersten Verstoß (2.550,00 EUR im Vergleich zu 3.750,00 EUR) ansetzte. Der Senat hält eine Vertragsstrafe von 1.500,00 EUR unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls für angemessen und ausreichend.

Sie haben gegen einen Unterlassungsvertrag verstoßen?

Ihr Gegner fordert eine Vertragsstrafe von Ihnen? Gern helfe ich Ihnen.

 

Um beurteilen zu können, ob tatsächlich eine Vertragsstrafe verwirkt ist benötige ich

 

  • die ursprüngliche Abmahnung
  • die von Ihnen abgegebene Unterlassungserklärung
  • die aktuelle Vertragsstrafenforderung

 

Ebenfalls muss ich wissen,

 

  • ob die von Ihnen abgegebene Unterlassungserklärung ausdrücklich angenommen worden ist oder nicht.
  • ob es eine schriftliche Annahmeerklärung gibt
  • wie es jetzt zu den Verstößen gekommen ist.

 

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