Gegenstand von Abmahnungen sind immer wieder Urheberrechtsverletzungen an z.B. Lichtbildern oder Grafiken. Betroffene geben leider häufig ohne anwaltlichen Rat strafbewehrte Unterlassungserklärungen ab und kommen dann er zu mir, wenn der Abmahner eine Vertragsstrafe fordert.

Vorsicht vor vorformulierten Unterlassungserklärungen

Unterschreiben Sie eine Unterlassungserklärung niemals ungeprüft. Lassen Sie sich immer am besten von einem spezialisierten Anwalt wie mir eine geeignete Unterlassungserklärung erstellen, die nur auf das aller Nötigste beschränkt ist und nicht zu weit geht. Das Gefährlichste an der Sache ist immer die geforderte Unterlassungserklärung. Es kommt ein Unterlassungsvertrag zustande, an welchen Sie Ihr Leben lang gebunden sind. Daher sollte man bei der Formulierung ganz besonders vorsichtig sein.

 

Natürlich spielen auch die Kosten eine große Rolle, aber dennoch sollten Sie auf keinen Fall eine vom Abmahner beigefügte Erklärung einfach unterschreiben.

 

Geht es um Bilder, dann sollten Sie sich in der Regel strafbewehrt dazu verpflichten, es zu unterlassen, Bild xy ohne Zustimmung des Abmahners öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.

 

Sie haben spätestens dann ein großes neues Problem, wenn das Bild oder die Grafik nach Abgabe einer Unterlassungserklärung noch öffentlich zugänglich ist. Ich möchte Ihnen an einem Beispiel verdeutlichen, was ich genau meine:

 

Auf dieser Website ist oben links mein Logo abgebildet, nämlich dieses:

 

 

Dieses Logo dürften Sie nur mit meiner ausdrücklichen Zustimmung verwenden. Das Logo ist zudem eine beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragene Wort-Bildmarke. Sie würden daher nicht nur eine Urheberrechtsverletzung begehen, sondern auch noch meine Markenrechte verletzen. Um dieses Logo von meiner Internetseite zu entfernen müsste ich einfach nur die Einbindung löschen.

 

Damit das Logo aber auch nicht mehr öffentlich zugänglich ist, müsste ich zusätzlich auch die Bilddatei vom Server löschen.

 

Woher weiß ich, wo sich das Bild genau auf dem Server befindet?

Das können Sie ganz leicht herausfinden. Je nach benutzen Browser gehen Sie wie folgt vor:

 

Sie nutzen als Browser Mozilla Firefox

 

Klicken Sie mit der rechten Maustaste auf die Grafik. Es erscheint dieses Fenster:

 

 

Klicken Sie auf Grafik-Info anzeigen und Sie sehen dies:

 

 

Der Pfad des Bildes / Logos lautet:

 

http://www.anwaltblog24.de/wp-content/uploads/2015/05/kanzlei_gerstel_logo.png

 

Sie müssten jetzt die Bilddatei aus exakt diesem Pfad löschen.

 

Sie nutzen den Internet Explorer:

 

Auch hier mit der rechten Maustaste auf die Grafik klicken, um dies zu sehen:

 

 

Dann auf „Eigenschaften“ klicken und siehe da, es wird Ihnen der Pfad angezeigt:

 

 

Sie verwenden als Browser Opera:

 

Rechte Maustaste drücken und dann auf „Bild im neuen Tab öffnen„:

 

 

Im neuen Tab (Fenster) wird Ihnen dann der Pfad angezeigt.

 

Wann liegt ein öffentliches Zugänglichmachen vor?

Ist das Bild / Logo nach Abgabe einer Unterlassungserklärung noch öffentlich zugänglich, so droht eine neue Abmahnung und eine Vertragsstrafe! Öffentlich zugänglich wäre das Bild / Logo dann, wenn es über den Pfad noch abrufbar wäre.

 

Ist Ihnen das klar?

 

Auch wenn das Bild / Logo nicht mehr auf der Website sichtbar ist, so ist es dennoch solange über den Pfad erreichbar, bis Sie die Bilddatei vom Server unwiderruflich gelöscht haben! Löschen Sie die Bilddatei nicht vom Server, dann muss man nur den Pfad im Browser eingeben und schon ist das Bild / Logo zu sehen. Und genau dies würde ein öffentliches Zugänglich machen im Sinne von § 19a UrhG darstellen.

 

Sollten auch Sie betroffen sein, oder Fragen dazu haben, melden Sie sich gerne bei mir.

Gerichtsentscheidungen zum öffentlichen Zugänglichmachen

OLG Hamburg, Urteil vom 08.02.2010, 5 W 5/10:

 

„Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, reicht die abstrakte Möglichkeit der Erreichbarkeit durch Eingabe der URL für § 19a UrhG aus. Diese Bestimmung setzt lediglich voraus, dass Dritten der Zugriff auf das betreffende Werk faktisch eröffnet wird ( Senat GRUR-RR 2008,383 ). Eine bestimmte Wahrscheinlichkeit, dass ein tatsächlicher Zugriff realistisch ist, wird nicht verlangt und kann entgegen der Auffassung des LG Berlin (  GRUR-RR 2008, 387) auch nicht aus § I5 Abs.3 UrhG gefolgert werden. Zwar heißt es dort für alle Formen der öffentlichen Wiedergabe – wozu nach  § 15 Abs.2 Nr,2 UrhG auch das öffentliche Zugänglich machen nach § 19a UrhG gehört -, dass die Wiedergabe öffentlich sei wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt sei. Damit ist nicht der subjektive Wille des Werknutzers, sondern die objektive Bestimmung gemeint: eine nur zufällig entstehende Öffentlichkeit ist allerdings nicht erfasst (Dreier/Schulze. UrhR, 2. Aufl., § 15 Rn.46. Die Einrichtung einer URL um von jedem beliebigen Ort und zu jeder beliebigen Zeit einen Inhalt aufrufen zu können, der auf einem mit dem Internet verbundenen Server gespeichert ist, ist jedoch typischerweise und nach Funktionsweise des Internets objektiv dazu bestimmt, diesen Inhalt mit Hilfe eben dieser URI aufzufinden. Damit ist der Tatbestand des §19a UrhG bereits erfüllt“

 

LG Leipzig, Urteil vom 07.10.2009, 5 O 1508/08:

 

„Darüber hinaus hat der Beklagte die Grafiken auch öffentlich zugänglich gemacht (§ 19a UrhG) also zum interaktiven Abruf bereit gestellt (Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 19a Rz. 10). Dem OLG Hamburg (GRUR-RR 08 383,384) folgend kommt es dabei nicht auf ein (fehlendes) Interesse des Beklagten an der Zugänglichmachung an; vielmehr reicht eine Erreichbarkeit bereits per Direkteingabe der betreffenden URL aus. Dass hier die Grafik jedenfalls durch Direktangabe der Internetadresse http://www…jpg. zugänglich war, ist letztlich unstreitig.”

 

abweichend zunächst LG Berlin, Urteil vom 02.10.2007 (15 S 1107), dann aber Aufgabe der Rechtsansicht: Kammergericht Berlin, Urteil vom 13.03.2010, 15 0 609:

 

„(…) All dieser Ansicht hält die Kammer nach Überprüfung nicht fest. Vielmehr tritt sie der im Urteil vom 9. April 2008 im Verfahren mit dem Aktenzeichen 5 U 124/07 von dem Hanseatischen OLG Hamburg (GRUR-RR 2008, 383 = zum RD 2009, 72) vertretenen Auffassung bei (…)

 

Die Präzisierung oder Modifizierung der Rechtsauffassung der Kammer beruht nicht nur auf der überzeugenden, nunmehr von ihr geteilten Ansicht des OLG Hamburg sondern auch auf der Überlegung, dass es allgemeiner Ansicht bei der Frage nach einer Verletzung von Urheberrechten entspricht, dass es dem Nutzer eines möglicherweise urheberrechtlich geschützten Werkes obliegt, sich bei Vermeidung einer zumindest fahrlässigen Urheberrechtsverletzung Kenntnis darüber zu verschaffen, ob der jeweilige  Gegenstand der Nutzung einem Urheberrecht unterliegt. Wird aber von dem Nutzer eines Gegenstandes im Hinblick auf den nur die Möglichkeit urheberrechtlichen Schutzes zugunsten eines Dritten besteht, verlangt, dass er die entsprechenden zur Sicherung der berechtigten Belange des Urhebers erforderlichen Ermittlungen anzustellen hat, so kann es nicht angehen, dass derjenige, der von einer bestimmten, von ihm begangenen Urheberrechtsverletzung Kenntnis hat, und der sich zur Unterlassung weiterer Verletzungen verpflichtet hat, sich darauf beschränken darf nur den unmittelbarsten, üblichsten, nicht aber auch den direkten Weg zur unerlaubten Nutzung des geschützten Gegenstandes zu beseitigen. Vielmehr wird durch die Verletzung die Verpflichtung begründet, das verletzte Werk umfassend aus dem durch die Urheberrechtsverletzung in ihrer konkreten Form eröffneten Zugriffsbereich zu entfernen. Hierzu zählt es aber auch, das Werk von allen Servern, Verzeichnissen und aus allen Speichern, in denen es enthalten sein könnte, dauerhaft zu entfernen, weil sonst stets die Möglichkeit besteht, dass beispielsweise über ein backup das Werk wieder dem allgemeinen Zugriff über die jeweilige  lnternetseite ausgesetzt sein könnte, oder aber auch, wie vorliegend jedenfalls für Internet erfahrene Sucher vergleichsweise leicht anhand einer nahe liegenden URL abgerufen werden kann. Diese Bemessung des Umfangs der Pflichtigkeit erscheint umso mehr sachgerecht, als es der Verletzter ist, der entweder selbst oder über von ihm mit der Betreuung seines Internetauftritts beauftragte Dritte zuverlässige Kenntnis von den Orten hat oder haben kann, an denen das geschützte Werk als Datei abgelegt ist Zudem gilt dass damit den Intensionen der Enforcement-Richtlinie der Europäischen Union vom 29. April 2004 (2004/48EG genüge getan wird.“

 

Bundesgerichtshof (BGH) scheint diese Auffassung zu teilen: BGH, Urteil vom 29.04.2010, I ZR 69/08:

 

„Das dem Urheber nach § 15 Absa. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 UrhG vorbehaltene Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) ist das Recht, das Werk der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mit-gliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Ein Zugänglich machen im Sinne dieser Vorschrift setzt nur voraus, dass Dritten der Zugriff auf das sich in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindende geschützte Werk eröffnet wird“