Welche Vertragsstrafe ist angemessen? Das OLG Dresden, Urteil vom 28.6.2016, Az: 14 U 1997/15, hat die von der Klägerin geforderte Vertragsstrafe erheblich reduziert. Die Details zum Verfahren:
Urteil OLG Dresden
Aktenzeichen: 14 U 1997/15
Im Namen des Volkes
Endurteil
In dem Rechtsstreit
XXX -Klägerin und Berufungsklägerin-
Prozessbevollmächtigte: XXX
gegen
XXX -Beklagte und Berufungsbeklagte-
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Andreas Gerstel, Grabenstraße 63, 48268 Greven
wegen Forderung
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht XXX,
Richter am Oberlandesgericht XXX und
Richterin am Amtsgericht XXX
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom XXX
für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 27.11.2015, Az. 41 HK 0 60/14, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise geändert zur Klarstellung insgesamt wie folgt gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.500 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.000,00 EUR seit 5.12.2013 und aus 1.500 EUR seit 29.1.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 47.800,00 €
Gründe
Die Klägerin, eine BGB-Gesellschaft aus Rechtsanwälten, macht Vertragsstrafen- und Unterlassungsansprüche gegen die beklagte Rechtsanwältin geltend.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 27.11.2015, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, die Prozessführung der Klägerin verfolge sachfremde Ziele und sei rechtsmissbräuchlich.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
Die Klägerin beantragt nach Klagerücknahme in Höhe der Hälfte der geltend gemachten Vertragsstrafenansprüche zuletzt, das Urteil des Landgerichts Dresden Az. 41 HK 0 60114 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1. an die Klägerin 5.100 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.11.2013 zu zahlen
2. an die Klägerin 3.750 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.11.2013 zu zahlen
3. an die Klägerin 2.550 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen
4. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Schriftsätze mit dem Briefkopf zu verwenden, wie ersichtlich aus der Anlage
a. XXX
b. XXX,
wenn die Beklagte über keine Anwaltszulassung verfügt und lediglich ein Kanzleiabwickler bestellt ist und dies ausschließlich durch den Hinweis „in Abwicklung für XXX“ unterhalb der Unterschrift des Abwicklers kenntlich gemacht ist.
5. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, wie aus der Anlage XXX ersichtlich, für sich den Terminus „Bußgeldanwalt“ zu verwenden.
6. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen im Antrag zu Ziffer 4.-5. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsniederschrift vom XXX sowie die wechselseitigen Schriftsätze mitsamt Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist nur zu einem geringen Teil begründet.
A. Die Klage ist zulässig. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs greift hier nicht durch. Die Erhebung vertraglicher Ansprüche, insbesondere der Zahlungsansprüche nach den Klageanträgen 1.-3. ist nicht durch § 8 Abs. 4 UWG, sondern nur durch die allgemeinen Grenzen des § 242 BGB beschränkt (BGH WRP 2012, 1086 — Missbräuchliche Vertragsstrafe).
Wie vom Landgericht wiedergegeben, mögen die Ausführungen der Klägerseite im Prozess den erforderlichen sachlichen Bezug oftmals vermissen lassen. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass mit der Geltendmachung der Vertragsstrafe nicht das Ziel, die Beklagte als Unterlassungsschuldnerin zur zukünftigen Beachtung ihrer Verpflichtungen anzuhalten und die Klägerin der Notwendigkeit des Schadensnachweises zu entheben, verfolgt wird. Missbräuchlich muss nach § 242 BGB sein, dass und nicht wie, d.h. mit welchen Formulierungen, der Anspruch geltend gemacht wird.
Dies gilt auch im Rahmen von § 8 Abs. 4 UWG und damit hinsichtlich der Klageanträge 4. und 5. Von einem Missbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs von sachfremden Gesichtspunkten leiten lässt (BGH GRUR 2012, 286 Rn 13 — Falsche Suchrubrik). Dass es von der Klägerin missbräuchlich sei, die beiden Unterlassungsansprüche geltend zu machen, ist im Streitfall weder dargetan noch von Amts wegen ersichtlich. Eine zum Teil verfehlte Ausdrucksweise und nicht auf das Prozessziel gerichtete Argumentation genügen hierfür nicht.
B. Der Klägerin steht der mit Klageantrag Ziff. 1. verfolgte Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus § 339 S. 2 BGB zu, allerdings nur in Höhe von 500,00 EUR.
1. Zwischen den Parteien ist ein strafbewehrter Unterlassungsvertrag zustande gekommen, indem die Klägerin die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 28.10.2013 (XXX) angenommen hat.
Der Schuldner muss stets damit rechnen, dass der Gläubiger das Angebot angenommen hat, § 151 S. 1 BGB (BGH GRUR 2919, 355 Rn 21 —Testfundstelle).
2. Gegen den strafbewehrten Unterlassungsvertrag hat die Beklagte auch schuldhaft verstoßen und sonach eine Vertragsstrafe verwirkt.
Die mit Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachten Zuwiderhandlungen hat die Beklagte — wie von der Klägerin geltend gemacht – nicht hinreichend substantiiert bestritten. Als Zuwiderhandlung ist dabei auch beachtlich, wenn bisherige Verstöße in der Internetpräsenz nicht beseitigt werden. Solche fortbestehenden Verstöße durch die Benennung ehemaliger Mitarbeiter und die Aussage zu einem früheren Geschäftsbeginn hat die Klägerin detailliert vorgetragen und insbesondere in den Schriftsätzen vom 20.7.2015 und 21.7.2015 unter Vorlage von Ausdrucken und Videodateien aufgezeigt. Dies hat die Beklagte nur pauschal bestritten, indem sie vorträgt, alle Inhalte mit den Vorwürfen der Beklagten beseitigt zu haben. So bleibt schon unklar, ob sich das nur auf die mit der Abmahnung gerügten Vorwürfe oder auch kerngleiche Verstöße auf anderen Unterseiten der Homepage der Beklagten bezieht, wie sie dann auch Gegenstand der Vertragsstrafenforderung sind. Welche Passagen entfernt wurden, wird ebenso wenig dargelegt wie die Vorgehensweise hierzu. Vollständigkeit und Kontrolle der Beseitigung werden nur allgemein behauptet, ohne dies konkret darzulegen. Eine Dokumentation zum Vorgang der Beseitigung oder deren Ergebnis etwa durch Ausdrucke der bereinigten Webseite fehlt. Dass demgegenüber die Dokumentation durch die Klägerin durch einen im Cache gespeicherten Favoriten ungeeignet sei, wäre erst nachrangig bedeutsam, zumal nicht geltend gemacht wird, dass dies sowohl bei Rechtsanwalt XXX als auch bei Rechtsanwalt XXX durch Einstellung von Proxy-Servern der Fall gewesen sein soll.
Das Verschulden des Schuldners wird vermutet, so dass er sich entlasten muss (BGHZ 121, 13, 20 — Fortsetzungszusammenhang). Dabei haftet der Schuldner auch für ein schuldhaftes Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen, hier von XXX und XXX. Eine unvollständige Beseitigung der Passagen von der Webseite erfolgte schuldhaft und wurde von der Beklagten bei der erforderlichen Kontrolle aus vermutetem Eigenverschulden nicht erkannt (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12 Rn 154).
3. Die somit dem Grunde nach verwirkte Vertragsstrafe entspricht jedoch in der von der Klägerin zunächst eingeklagten Höhe von 10.200 EUR nicht der Billigkeit und bleibt auch in der zuletzt ermäßigten Höhe von 5.100 EUR übersetzt. Für die Angemessenheit einer verwirkten Vertragsstrafe kommt es neben den Erwägungen der Parteien in erster Linie auf den Sanktionscharakter der Vertragsstrafe und auf ihre Funktion der Vermeidung weiterer Zuwiderhandlungen, mithin auf die Beurteilung der Schwere und des Ausmaßes der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers und auch auf deren weitere Funktion als pauschalierter (Mindest-)Schadensersatz an (BGH GRUR 1994, 164 — Vertragsstrafebemessung).
Dabei hat hier Berücksichtigung zu finden, dass der Verstoß zeitlich auf wenige Tage (28.10.2013 bis 1.11.2013) begrenzt war. Inhaltlich erschöpfte er sich darin, die erforderlichen Änderungen auf der Webseite nicht vollständig umgesetzt zu haben. Das Gewicht des Verstoßes erscheint auch insoweit geringer, als er sich auf Bereiche in der Internetpräsenz zum Erb- und Wettbewerbsrecht und im Impressum (XXX) bezieht, die zuvor nicht Anlass für die Unterwerfung waren („Übersicht über die Rechtsgebiete“ XXX). Dahinstehen kann, ob das Belassen dieser Passagen im Netz — wie von der Beklagten geltend gemacht und angesichts der weiteren unstreitig erfolgten Änderungen insbesondere hinsichtlich der gerügten Passagen ohne weiteres nachvollziehbar — aus Versehen erfolgte. Eine Steigerung des nur geringen Verschuldens ist jedenfalls nicht ersichtlich. Auch bildet das zeitgleiche und nur teilweise Belassen des Internetauftritts bei natürlicher Betrachtung einen einheitlichen Lebensvorgang, so dass bei beiden Verstößen von einer natürlichen Handlungseinheit auszugehen ist. Die Beklagte hatte sich auch nicht seit längerem auf eine Änderung einzustellen, sondern erst seit der Abmahnung vom 21.10.2013 (XXX). Wie in dem vom Kammergericht entschiedenen Fall (Urteil vom 27.9.2011 – 5 U 137/10, WRP 2012, 247) hat das Fehlverhalten der Beklagten die Bagatellschwelle nahezu unterschritten, so dass die Bestimmung der Vertragsstrafe in Höhe von 10.200 EUR, zuletzt 5.100 EUR nicht nach billigem Ermessen erfolgte und die Bestimmung demzufolge hier durch Urteil zu treffen und mit 500,00 EUR zu bemessen ist, § 315 BGB.
C. Auch die mit den Klageanträgen Ziff. 2. und 3. verfolgten Zahlungsansprüche stehen der Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach zu, § 339 S. 2 BGB. Auch hier ist aber nach dem Hamburger Brauch eine Herabsetzung von 3.750 EUR auf 500,00 EUR und von 2.550,00 EUR auf 1.500,00 EUR geboten.
1. Die Beklagte hat sich mit strafbewehrter Unterlassungserklärung vom 9.8.2013 (XXX; BI. 52 dA) strafbewehrt verpflichtet, auf Briefbögen nicht mit der Bezeichnung „Bußgeldanwälte“ oder „Bussgeldanwälte“ zu werben. Die Klägerin hat dieses Angebot mit Schriftsatz vom 18.8.2013 (XXX; Bl. 53 dA) angenommen. Gegen den strafbewehrten Unterlassungsvertrag hat die Beklagte schuldhaft verstoßen und sonach eine Vertragsstrafe verwirkt.
Sie hat Schriftsätze vom 6.11.2013 (XXX; BI. 54 dA) und 21.1.2014 (XXX; BI. 125 dA) mit der Bezeichnung Bussgeldanwalte bzw. Bussgeldanwälte an das Landgericht Münster gesandt. Die Abweichung stellt eine kerngleiche Handlung dar, die vom Unterlassungsvertrag erfasst wird (vgl. BGH GRUR 1997, 931 — Sekundenschnell). Die Parteien wollten jede Bezeichnung erfassen, die unabhängig von der Schreibweise z.B. mit Umlaut oder ß dem Begriff Bußgeldanwalt entspricht. Da die Beklagte mit den Angaben im Briefkopf darauf ab- zielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme ihrer Leistungen zu gewinnen, stellt die Gestaltung und Verwendung des Briefkopfes ein werbendes Verhalten dar (vgl. BGH GRUR 1997, 925 Rn 18 — Ausgeschiedener Sozius).
Allerdings ist für die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe zu berücksichtigen, dass es sich um Schriftsätze an das Landgericht Münster in einem Verfahren der Klägerin gegen die Beklagte handelte und der Kreis des angesprochenen Verkehrs begrenzt war. Der Schutzzweck des Unterlassungsvertrages erstreckte sich nicht auf eine – ohnehin erfolglose – Werbung gegenüber der Klägerin, noch dazu einem Prozess gegen sie. Auch hatte die Beklagte die ca. 5.000 Briefköpfe mit dem Aufdruck „Bussgeldanwälte“ oder ähnlichem vernichten lassen, so dass es sich um Ausreißer handelte. Die Gefährlichkeit des Verstoßes und das Verschulden sind deshalb als geringfügig zu bewerten. Für den ersten Verstoß erscheint dem Senat wiederum (s.o. B) eine Vertragsstrafe von 500,00 EUR statt 3.750 EUR angemessen. Hinsichtlich des zweiten Verstoßes ist erhöhend die zwischenzeitliche Abmahnung vom 8.11.2013 (XXX, BI. 77 dA) zu berücksichtigen. Allerdings hat die Klägerin den zweiten Verstoß selbst nicht für so schwerwiegend erachtet, weil sie eine geringere Vertragsstrafe als beim ersten Verstoß (2.550,00 EUR im Vergleich zu 3.750,00 EUR) ansetzte. Der Senat hält eine Vertragsstrafe von 1.500,00 EUR unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls für angemessen und ausreichend.
D. Die mit den Klageanträgen Ziff. 4. und 5. verfolgten Unterlassungsansprüche bestehen nicht.
1. Die Beklagte war aus der Anwaltschaft ausgeschieden; seit XXX.2014 war ein Abwickler für die Kanzlei bestellt. Er hat nach dem Vortrag der Klägerin ihren Briefkopf, der den Anschein erwecke, dass sie Rechtsanwältin sei, in den angegriffenen Schriftsätzen vom 31.12.2014 (XXX; BI. 188-195 dA) genutzt und dabei mit dem Zusatz „in Abwicklung für XXX“ unterzeichnet. Den Briefkopf hat damit nicht — wie im Verbotsantrag beschrieben — die Beklagte verwendet. Entgegen der Auffassung der Klägerin haftet die Beklagte auch nicht für die Verwendung des Briefkopfs durch den Abwickler.
2. Auch in der beanstandeten Nutzung des Kfz XXX, amtliches Kennzeichen XXX, mit der Aufschrift „Bussgeldanwalt 24 H XXX XXX“ (XXX, Bl. 306 dA) liegt keine Verwendung dieser Bezeichnung durch die Beklagte. Das Fahrzeug stand nicht im Eigentum der Beklagten. Die Nutzung der Bezeichnung wurde mit Schreiben vom 29.5.2015 (XXX; BI. 308 ff dA) abgemahnt und mit Schriftsatz vom 12.6.2015 angegriffen (BI. 303 dA). Zu diesem Zeitpunkt durfte auch der Abwickler nicht mehr neue Mandate annehmen (seit XXX 2015); er hat dies auch nicht getan. Es fehlt deshalb an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis. Zudem ist weder dargetan noch ansonsten ersichtlich, dass die angegebene Mobilnummer der Beklagten zuzuordnen war; vielmehr hatte sie seit über einem halben Jahr der Abwickler als Telefonhotline für Notfälle genutzt. Hierfür haftet die Beklagte nicht.
3. Nach § 55 Abs. 5 BRAO kann für die Kanzlei eines früheren Rechtsanwalts, dessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erloschen ist, ein Abwickler bestellt werden. Der Abwickler führt die laufenden Aufträge fort und gilt insofern als von den Mandanten bevollmächtigt, § 55 Abs. 2 Satz 2, 4 BRAO. Dadurch verliert der frühere Rechtsanwalt seine Rechtsstellung als beauftragter Rechtsanwalt des Mandanten für die Zukunft. Er haftet nicht für die Handlungen des Abwicklers, die dieser ab Bestellung in seinem Pflichtenkreis vornimmt (OLG Düsseldorf AnwBI 1997, 226; zu weiteren Nachweisen s. Rinkler, in: Zugehör/G.FischerNill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, Rdnr. 331 ff.).
Zudem steht hier nicht eine Haftung gegenüber dem auftraggebenden Mandanten in Rede, sondern ein behaupteter Unlauterkeitsverstoß. Die geschäftliche Handlung hat ausschließlich der Abwickler begangen, nicht die Beklagte (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 19.6.2015, BI. 346 dA; Schriftsatz vom 10.7.2015, BI. 355 f. dA). Es ist weder dargetan noch ansonsten ersichtlich, dass die Beklagte Täterin oder Teilnehmerin ist.
Sie haftet entgegen der Auffassung der Klägerin hierfür auch nicht nach § 8 Abs. 2 UWG. Gesetzliche Vertreter des Unternehmensinhabers, die ihn aufgrund eines ihnen verliehenen Amtes vertreten (Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker, Betreuer), sind nicht Beauftragte im Sine von § 8 Abs. 2 UWG (Köhler/Feddersen, a.a.O., § 8 Rn 2.42). Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten nach § 8 Abs. 2 UWG liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugute kommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber (vgl. BGH GRUR 1995, 605, 607 – Franchise-Nehmer). Beides ist hinsichtlich des Abwicklers für einen früheren Rechtsanwalt nicht gegeben. Der Abwickler steht in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis, das ihn zur ordnungsgemäßen und zweckentsprechenden Abwicklung der Kanzlei des früheren Rechtsanwalts verpflichtet (Kleine-Cosack, BRAO, § 55 Rn 5). Der Kanzleibetrieb des früheren Rechtsanwalts wird dadurch nicht erweitert, sondern zum Schutz der Mandanten und zur Wahrung einer funktionierenden Rechtspflege abgewickelt. Der frühere Rechtsanwalt und der Abwickler werden nacheinander tätig. Der Abwickler ist an Weisungen des früheren Rechtsanwalts nicht gebunden; dieser hat deshalb auch keine Möglichkeit, auf den Abwickler einzuwirken.
E. Zu verzinsen sind die Vertragsstrafeansprüche nicht seit dem 16.11.2013 bzw. dem 20.1.2013, sondern nach §§ 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als Folgetag nach Eintritt der Rechtshängigkeit. Vor Eintritt der Rechtshängigkeit befand sich die Beklagte mit der Zahlung der Vertragsstrafe nicht in Verzug; die Vertragsstrafe stellt auch keine Entgeltforderung dar.
F. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO besteht keine Veranlassung. Das Urteil beruht auf der Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall. Die entscheidungserheblichen rechtlichen Probleme haben mit den zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen eine Klärung gefunden. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.