Nicht jeder Auftraggeber bezahlt seine Rechnungen freiwillig. Und wenn es dann zur Gebührenklage kommt, geht es teilweise „heiß“ her, wie ein vor dem Amtsgericht Schleswig geführtes Klageverfahren zeigt. Im Kern ging es um diverse Probleme, wie unter anderem:

  • Zahlung einer Rechtsanwaltsvergütung
  • Vorschussrechnung – Schlussrechnung
  • Rechnungstellung vor Mandatsbeendigung
  • Wann liegt eine ordnungsgemäße Schlussrechnung im Sinne von § 10 RVG vor?
  • Mandatsniederlegung zur Unzeit
  • Kündigung des Mandats
  • Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen

Wie Sie bereits an dieser Aufzählung erkennen, hat sich der Beklagte mit allen Mitteln zu wehren versucht. Das Verfahren dauerte fast 14 Monate. Zwei Aktenordner Schriftverkehr. Hier war Ausdauer gefragt und ich bin gut in Form.

 

Lesen Sie hier die Einzelheiten:

Amtsgericht Schleswig

 

Aktenzeichen 21 C 72/16

 

 

Urteil

 

Im Namen des Volkes

 

In dem Rechtsstreit

 

XXX – Kläger –

 

gegen

 

XXX – Beklagter –

 

wegen Forderung

 

hat das Amtsgericht Schleswig durch die Richterin am Amtsgericht XXX am 29.04.2016 auf Grund der mündlichen Verhandlung am 15.04.2016 für Recht erkannt:

 

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Schleswig vom 25.09.2015 wird aufrechterhalten.

 

2. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

 

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% der zu vollstreckenden Forderung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden.

 

 

Tatbestand

 

Die Parteien streiten um die Vergütung von Rechtsanwaltsleistungen.

 

Der Kläger wurde von dem Beklagten seinerzeit bevollmächtigt, ihn im Verfahren XXX vor dem Landgericht Flensburg zu vertreten. Auf die Vollmacht als Anlage 3, Bl. 10 d. A., wird Bezug genommen. Ein Vorschuss wurde seitens des Beklagten nicht geleistet. Ob ein solcher Vorschuss vom Kläger gefordert wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Seitens des Klägers wurden in dem betreffenden Verfahren Schriftsätze an das Gericht geschickt. Im Termin vor dem Landgericht wurde der Beklagte am 29.10.2014 durch Rechtsanwältin XXX in Untervollmacht vertreten. Ein Urteil in der Sache erging am 11.03.2015. Insofern wird auf das Urteil als Anlage 2, Bl. 4 ff. d. A., Bezug genommen.

 

Bereits mit Schreiben vom 07.01.2015 rechnete der Kläger das Mandat nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 € gegenüber dem Beklagten ab. Am 16.01.2015 legt der Kläger das Mandat nieder. Insofern wird auf die Anlage B1, Bl. 27 d. A., Bezug genommen. Da der Beklagte auf die Rechnung hin nicht zahlte, beantragte der Kläger Kostenfestsetzung nach § 11 RVG, welche jedoch wegen der Einwendungen des Beklagten nicht möglich war. Der Beklagte hatte insofern eingewendet, dass mit einem Betrag in Höhe von 1.683,85 € die Aufrechnung erklärt worden sei. Insofern wird auf die Anlage 48, Bl. 119 ff. d. A., Bezu genommen. In der diesem Schriftsatz anliegenden Aufrechnungserklärung, Bl. 122 d. A., erklärt der Beklagte unter anderem wörtlich: „Aufgrund Ihrer urplötzlichen Kündigung musste ich einen anderen Rechtsanwalt mit dem gleichen Gegenstand betrauen, woraus Ihre bisherigen Leistungen für mich folglich wertlos geworden sind. Hieraus sind Gebühren in derselben Höhe entstanden, die zu meinen Lasten bestehen. Hiermit erkläre ich mit unserer Forderung Ihrer Forderung gegenüber die Aufrechnung in Höhe von 1.683,85 EUR.“

 

Der Kläger behauptet, er habe erstmalig mit E-Mail am 24.10.2014 einen Vorschuss vom Beklagten gefordert. Auf die E-Mail als Anlage 29, Bl. 87 d. A., wird Bezug genommen. Er habe mit E-Mail vom 10.11.2014, Anlage 36, Bl. 98 d. A., noch einmal an die Vorschusszahlung erinnert.

 

Nachdem gegen den Beklagten am 25.09.2015 ein Versäumnisurteil ergangen ist, durch das dieser zur Zahlung von 1.683,85 € nebst Zinsen seit dem 29.09.2015 verurteilt wurde, welches dem Beklagten am 06.10.2015 zugestellt wurde, hat er dagegen am 07.10.2015 dagegen Einspruch eingelegt.

 

Der Kläger beantragt nunmehr,

 

das Versäumnisurteil vom 25.09.2015 aufrecht zu erhalten.

 

Der Beklagte beantragt,

 

das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Schleswig vom 25.09.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Der Beklagte ist der Ansicht, da die Rechnungstellung vom 07.01.2015 vor Mandatsbeendigung erfolgt sei, sei sie als Vorschuss zu behandeln. Es liege deshalb keine ordnungsgemäße Schlussrechnung im Sinne von § 10 RVG vor, sodass die Forderung nicht fällig sei. Von einer Vorschussanforderung davor habe er keine Kenntnis.

 

Der Beklagte behauptet weiter, der Kläger habe das Mandat zur Unzeit niedergelegt. Er meint, dessen Vergütungsanspruch sei deshalb weggefallen. Im Einzelnen wird diesbezüglich auf die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 16.11.2015, Bl. 250 ff. d. A., Bezug genommen. Der Beklagte behauptet, im Übrigen habe der Kläger nicht ordnungsgemäß geleistet. So habe er unter anderem nicht ausreichend für ihn vorgetragen, sondern er habe selbst entsprechende Schriftsätze entwerfen müssen. Im Einzelnen wird diesbezüglich auf den Schriftsatz des Beklagten vom 24.04.2015, Bl. 24 ff. d. A. und auf den Schriftsatz vom 03.06.2015, Bl. 132 ff. d. A., Bezug genommen. Der Beklagte meint, jedenfalls sei der Vergütungsanspruch durch die am 02.02.2015 erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erloschen.

 

Der Beklagte wurde persönlich angehört. Es wird insofern auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2015, Bl. 240 ff. d. A., Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

 

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung einer Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 1.683,85 € aus § 628 Abs. 1 BGB zu. Das Mandat wurde vom Kläger am 16.01.2015 gekündigt. Dies war gemäß § 627 BGB jederzeit möglich.

 

Der Vergütungsanspruch ist auch fällig. Bei der vorgelegten Abrechnung vom 07.01.2015 handelt es sich, anders als in dem vom AG Lichtenberg vom 01.03.2013 zum Az.: 114 C 138/11 (Juris) entschiedenen Fall, nicht um eine bloße Vorschussrechnung, deren Begleichung nach Beendigung des Mandats nicht mehr verlangt werden kann.

 

Zwar war am 07.01.2015 das Mandat mit dem Beklagten noch nicht beendet. Jedoch ist davon auszugehen, dass der Auftrag mit dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt schon ausgeführt gewesen ist. Der Kläger hatte zum Zeitpunkt der Abrechnung vom 07.01.2015 in der ersten Instanz vor dem Landgericht Flensburg für den beklagten bereits abschließend vorgetragen und der Termin zur mündlichen Verhandlung war bereits durchgeführt worden. Da die vom Kläger übermittelte Rechnung auch die Voraussetzungen einer Berechnung nach § 10 RVG erfüllte und die Mandatsniederlegung zeitnah am 16.01.2015 erfolgte, ist diese somit als Schlussrechnung anzusehen, weil die Tätigkeit in erster Instanz bereits beendet war – und nur für diese war hier Vollmacht erteilt worden, wie sich aus der Vollmacht als Anlage 3, Bl. 10 d. A., ergibt, wo es heißt: „Wegen LG Flensburg, AZ. 6 O 56/14“.

 

Anders als in dem vom AG Lichtenberg entschiedenen Fall, in dem die Rechnung bereits kurz nach der Mandatserteilung gestellt wurde, ist hier deshalb nicht davon auszugehen, dass durch die Annahme einer Schlussrechnung die Unterscheidung zwischen Vorschussrechnung und abschließender Vergütungsberechnung, die vom Gesetz gewollt ist, verschwindet. Vielmehr würde eine erneute Abrechnung hier eine bloße Förmelei darstellen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger vorgetragen hat, zuvor Vorschüsse gefordert zu haben, selbst wenn der Beklagte den Zugang der entsprechenden E-Mails bestritten hat.

 

Die Vergütung für den Kläger war damit fällig. Die erhobenen Einwendungen des Beklagten gegen die Leistungen des Klägers berühren die Vergütung nicht. Da es sich um ein Dienstverhältnis handelt, würde auch eine möglicherweise erfolgte Schlechtleistung des Klägers kein Zurückbehaltungsrecht und auch keinen Minderungsanspruch des Beklagten im Hinblick auf die geschuldete Rechtsanwaltsvergütung begründen. Es kommt insofern allenfalls ein Schadensersatzanspruch in Betracht.

 

Der Vergütungsanspruch des Klägers ist auch nicht gemäß § 628 Abs. 2 BGB entfallen. Selbst wenn die Leistung des Klägers für den Beklagten wertlos gewesen sein sollte, so hat dieser sie genutzt, sodass der Kläger auch bei Kündigung ohne Veranlassung des Beklagten seine Vergütung verlangen könnte (vergleiche Palandt-Weidenkaff, BGB, 74. Auflage, § 628, Rn. 4).

 

Ein Anspruch wäre nur dann entfallen, wenn der Beklagte, wie von ihm behauptet, tatsächlich einen anderen Rechtsanwalt hätte beauftragen müssen. Dies ist hier insofern nicht nachvollziehbar, als der letzte Termin zur mündlichen Verhandlung im Verfahren vor dem Landgericht Flensburg bereits am 29.04.2014 stattgefunden hatte und zwischen diesem Termin und der Urteilsverkündung am 11.03.2015 die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet wurde, wie sich daraus ergibt, dass nach dem Urteil der Verhandlungstermin am 29.10.2014 auch dem Schluss der mündlichen Verhandlung entsprach. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwiefern die weitere Tätigkeit eines Rechtsanwalts für den Beklagten erforderlich geworden sein könnte.

 

Der Anspruch ist auch nicht durch die Aufrechnung des Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen. Aufrechenbare Schadensersatzansprüche des Beklagten sind hier weder ersichtlich noch nachgewiesen worden. Insofern wird auf die vorherigen Ausführungen verwiesen.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Abs. 1 S. 1, S. 2 ZPO.

Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, wobei der Beklagte bereits erklärt hat, keine Berufung einlegen zu wollen.

 

1048/14

 

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