Ein erfolgloser Kostenwiderspruch gegen eine einstweilige Verfügung. Die Einzelheiten:
Urteil LG Münster 024 O 46/18
Landgericht Münster
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
des Herrn XXX, Antragstellers,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte XXX,
gegen
Herrn XXX, Antragsgegner,
Verfahrensbevollmächtigte: XXX,
hat die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX im schriftlichen Verfahren mit einer Erklärungsfrist bis zum 12.10.2018 für Recht erkannt:
Die einstweilige Verfügung vom 23.07.2018 wird im Kostenausspruch bestätigt.
Der Antragsgegner trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsgegner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Kostentragungspflicht betreffend das einstweilige Verfügungsverfahren.
Sowohl der Antragsteller als auch der Antragsgegner bieten Waren aus dem Sortimentsbereich Hitzeschutz zum Kauf im Internet an.
Mit Schriftsatz vom 10.07.2018 mahnte der Antragsteller den Antragsgegner ab mit der Begründung, dieser mache bei einem Angebot eine unrichtige Grundpreisangabe,. Er forderte ihn zur Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Antragsteller bezog sich dabei konkret auf das Angebot einer Hitzeschutzmatte mit den Maßen 49×49 cm zum Preis von 16,99 € unter der Angabe eines Grundpreises von 67,96 € pro Quadratmeter. Der Fehler zur Berechnung des Grundpreises seitens des Antragsgegners lag darin begründet, dass er den Preis für eine Hitzeschutzfolie der Größe 49 cm x 49 cm mit dem Faktor 4 multipliziert hat. Für die richtige Berechnung des Quadratmeterpreises wäre es erforderlich gewesen, den Preis einer Folie der Größe 50 cm x 50 cm zu errechnen, um diesen mit dem entsprechenden Faktor zu multiplizieren. Der sich daraus ergebende richtige Grundpreis wäre 70,76 € pro Quadratmeter. In dem Abmahnschreiben wies der Antragsteller allerdings darauf hin, dass der korrekte Grundpreis 34,67 € betrage.
Der vom Antragsteller beigefügte Vorschlag für eine Unterlassungserklärung hatte zum Gegenstand es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber Verbrauchern Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen über Waren, insbesondere Hitzeschutzfolien, zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten und dabei falsche Grundpreisangaben zu machen, wie nachfolgend im Einzelnen beschrieben auf dem Onlinemarktplatz Amazon geschehen.
Wegen der Beschreibung im Einzelnen wird auf die mit der Antragsschrift eingereichte Unterlassungserklärung (BI. 17 Rückseite der Akte) verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 17.07.2018 äußerte der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller sein Unverständnis bzgl. der Berechnung eines Grundpreises von 34,67 € durch den Antragsteller. Dennoch werde er in Zukunft bei der Errechnung des Grundpreises ein richtiges Zentimetermaß angeben. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gab er nicht ab.
Daraufhin beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 19.07.2018 den Erlass einer einstweiligen Verfügung und verwies in der Begründung des Antrages, insofern abweichend von dem im Abmahnschreiben genannten Betrag, auf den korrekten Grundpreis von 70,76 €.
Mit Beschluss vom 20.07.2018 hat das Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen und damit dem Antragsgegner aufgegeben,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen über Waren aus dem Sortimentsbereich Hitzeschutz zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten und dabei falsche Grundpreisangaben zu machen, wie im Beschluss nachfolgend wiedergegeben und aus der Anlage 1 des Beschlusses (BI. 18 Rückseite der Akte) ersichtlich auf dem Onlinemarktplatz Amazon geschehen.
Mit Schriftsatz vom 31.07.2018 legte der Antragsgegner Widerspruch beschränkt auf die Kostenfolge der einstweiligen Verfügung ein. Mit gleichem Schriftsatz wies der Antragsgegner unter anderem darauf hin, dass er unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung die Preisangaben korrigiert habe.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, er sei nicht ordnungsgemäß abgemahnt worden.
Der entsprechende Vorwurf sei aufgrund der falschen Grundpreisangabe des Antragstellers von 34,67 € in der Abmahnung weder hinreichend sicher, klar, noch konkret zu erkennen.
Der Antragsgegner beantragt,
die einstweilige Verfügung im Kostentenor aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass insoweit zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
den Kostenwiderspruch zurückzuweisen.
Der Antragsteller ist der Ansicht, die versehentlich in der Abmahnung zum Grundpreis gemachte Falschangabe mache die Abmahnung nicht unberechtigt oder unwirksam.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Kostenwiderspruch des Antragsgegners ist zulässig, aber unbegründet.
Die Kostentragungspflicht für den Antragsgegner folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Kosten können trotz des im Kostenwiderspruch begründeten sofortigen Anerkenntnisses des Antragsgegners nicht gemäß § 93 ZPO analog dem Antragsteller auferlegt werden, da der Antragsgegner Veranlassung zur Beantragung der einstweiligen Verfügung gegeben hat.
Der Antragsgegner hat mit Erklärung des Kostenwiderspruchs die materiell-rechtliche Regelung der einstweiligen Verfügung vom 23.07.2018 anerkannt. Denn der auf die Kosten beschränkte Widerspruch ist als Verzicht auf einen Widerspruch gegen den übrigen Inhalt der einstweiligen Verfügung und damit als prozessuales Anerkenntnis auszulegen (LG Hamburg, Urteil vom 06. März 2018 — 312 0 438/17 —, juris).
Das Anerkenntnis erfolgte auch sofort im Sinne des § 93 ZPO, da der Widerspruch im ersten Schreiben des Antragsgegners nach dem Beschluss zum Erlass der einstweiligen Verfügung und direkt auf die Kosten beschränkt erklärt wurde (vgl. LG Köln, Urteil vom 08. November 2017 — 28 0 263/17 —, juris).
Der Antragsgegner hat aber Veranlassung zur Beantragung der einstweiligen Verfügung gegeben, da er auf die Abmahnung des Antragstellers keine Unterlassungserklärung abgegeben hat.
Die Kosten eines Rechtsstreits können dem Antragsteller im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses gemäß § 93 ZPO analog nur auferlegt werden, wenn der Antragsteller keine Veranlassung zur Beantragung der einstweiligen Verfügung gegeben hat. Davon ist bei Unterlassungsansprüchen in Wettbewerbssachen regelmäßig dann auszugehen, wenn der Antragsgegner ordnungsgemäß im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 UWG abgemahnt wurde und infolgedessen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Denn durch die Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung wird die von § 8 Abs. 1 S. 1 UWG für einen Unterlassungsanspruch geforderte Wiederholungsgefahr betreffend das wettbewerbswidrige Verhalten beseitigt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, 36. Aufl. 2018, UWG § 8 Rn. 1.48) und damit die Notwendigkeit zur Anrufung des Gerichts aus Sicht des Antragstellers ausgeräumt.
Der Antragsgegner hat im vorliegenden Fall jedoch keine solche Unterlassungserklärung abgegeben, obwohl die Abmahnung durch den Antragsteller den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abmahnung genügte.
Zweck der Obliegenheit zur Abmahnung ist einerseits, dem Interesse an einer Kostenersparnis beider Parteien nachzukommen, andererseits den Anspruchsgegner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zu warnen und ihm Gelegenheit zur außergerichtlichen Streitbeilegung zu geben (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, a.a.O. § 12 Rn. 1.5). Um diesen Zweck zu genügen, muss die Abmahnung so gestaltet sein, dass der Abgemahnte auf ihrer Grundlage dazu befähigt wird, den konkreten Vorwurf nachzuvollziehen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn. 1.15-1.16; LG Hamburg, Urteil vom 06. März 2018 — 312 0 438/17 —, juris).
Anlass der Abmahnung und auch der vorgeschlagenen Unterlassungserklärung im vorliegenden Fall war der zutreffende Vorwurf einer falschen Grundpreisangabe unter Benennung des betreffenden Angebots auf dem Onlinemarktplatz Amazon. Dieser Vorwurf war hinreichend konkret bezeichnet und befähigte den Antragsgegner zur Überprüfung und Einstellung seines wettbewerbswidrigen Verhaltens. Die Nennung eines falschen Grundpreises in der Abmahnung war in diesem Fall unschädlich.
Es kann dahinstehen, ob eine Falschangabe wie hier in der Abmahnung unter Umständen dazu führt, dass die Abmahnung nicht mehr nachvollzogen werden und eine weitere Prüfung des Vorwurfs unterbleiben kann. Ein solcher Fall ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil der Antragsgegner trotz der falschen Angabe bezüglich des Grundpreises infolge der Abmahnung seinen eigenen Berechnungsfehler erkannte: Im Antwortschreiben vom 17.07.2018 verwies der Antragsgegner selbst auf die zukünftige Verwendung eines korrekten Zentimetermaßes und er korrigierte nach eigenen Angaben im Schriftsatz vom 31.07.2018 unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung die falsche Grundpreisangabe. Daraus wird deutlich, dass der Antragsgegner den Vorwurf der falschen Grundpreisangabe auf Grundlage der Abmahnung nachvollzogen hat und durch sie befähigt war, eine entsprechende Unterlassungserklärung zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr und zur außergerichtlichen Streitbeilegung abzugeben.
Nach Auffassung des Gerichts war im vorliegenden Fall deshalb auch nicht ein Sachverhalt gegeben, bei dem es dem Abmahnenden zunächst ablegen hätte, noch einmal „nachzufassen“ und die Abmahnung zu erläutern (vgl. dazu beispielsweise OLG Köln, Beschluss vom 18.06.2018, Az. 6 W 57/18, Magazindienst 2018 Seiten 737f). Deshalb widerspricht es auch nicht allgemeinen Billigkeitserwägungen im Rahmen von § 91 a ZPO, dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen.
Die weitere Kostenentscheidung folgt aus § 9111 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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