Der Ordnungsgeldantrag wird zurückgewiesen. Aber warum? Die Einzelheiten:

Beschluss LG Münster 022 O 4/18

 

In der Zwangsvollstreckungssache

 

der Frau XXX, Gläubigerin,

 

Verfahrensbevollmächtigte:  Rechtsanwälte XXX,

 

gegen

 

die XXX, Schuldnerin,

 

Verfahrensbevollmächtigte:  Rechtsanwälte XXX,

 

hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster ohne mündliche Verhandlung am 25.09.2018

 

durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX beschlossen:

 

Der Antrag der Gläubigerin vom 19.02.2018 auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes wird zurückgewiesen.

 

Die Kosten des Verfahrens werden der Gläubigerin auferlegt.

 

Gründe:

 

Mit Beschluss vom 12.01.2018 ist auf Antrag der Gläubigerin eine einstweilige Verfügung gegen die Schuldnerin erlassen worden, mit welcher ihr unter Androhung eines Ordnungsgeldes im Falle der Zuwiderhandlung aufgegeben worden ist, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber Verbrauchern Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen über Auto-Ersatz­ und Reparaturteile zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, ohne dabei näher umschriebene Informations- und Hinweispflichten zu beachten. Die einstweilige Verfügung wurde der Schuldnerin unter dem 22.01.2018 zugestellt. Die Schuldnerin erhob mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23.01.2018 Widerspruch gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung.

 

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.02.2018 hat die Gläubigerin wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Schuldnerin beantragt. In dem auf den Widerspruch der Schuldnerin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22.02.2018 ist ein Urteil ergangen, mit dem die einstweilige Verfügung vom 12.01.2018 aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen worden ist. Auf die Berufung der Gläubigerin ist das Urteil vom 22.02.2018 abgeändert und die Schuldnerin im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt worden, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber Verbrauchern Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen über Auto-Ersatz­ und Reparaturteile zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, ohne dabei — wie bei der zur Konkretisierung in Bezug genommenen Verletzungshandlung durch das ebay-Angebot vom 10.01.2018 geschehen — die näher umschriebenen Informations- ­und Hinweispflichten zu beachten.

 

Die Gläubigerin beantragt,

 

gegen die Schuldnerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Ordnungsgeld festzusetzen oder Ordnungshaft anzuordnen.

 

Die Schuldnerin beantragt,

 

den Antrag der Gläubigerin auf Ordnungsgeld oder Ordnungshaft zurückzuweisen.

 

Die Schuldnerin vertritt die Ansicht, ein Ordnungsgeld sei nicht verwirkt, da die gerügten Verstöße zu einem Zeitpunkt begangen worden seien, für den die einstweilige Verfügung infolge ihrer Aufhebung keine Gültigkeit gehabt habe.

 

Der Antrag der Gläubigerin vom 19.02.2018 auf Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist unbegründet.

 

Es liegt kein vollstreckbarer Titel (mehr) vor, auf dessen Grundlage wegen Zuwiderhandlung gegen die in dem Titel enthaltene Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld festgesetzt werden kann.

 

1. Die im Beschluss vom 12.01.2018 enthaltene Unterlassungsverpflichtung ist mit Urteil vom 22.02.2018 aufgehoben worden. Der Fortfall des Titels führt dazu, dass er grundsätzlich auch nicht mehr als Grundlage für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes dienen kann, soweit es um Verstöße gegen die Unterlassungsverpflichtung vor Erlass des Urteils vom 22.02.2018 geht.

 

Den Regelungen in §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO ist zu entnehmen, dass die Festsetzung von Ordnungsmitteln als Maßnahme der Zwangsvollstreckung zwingend einen vollstreckbaren Titel voraussetzen. Dies gilt auch für die zur Erzwingung von Unterlassungen gemäß § 890 ZPO bestehende Möglichkeit, ein Ordnungsgeld festzusetzen.

 

Nachdem die einstweilige Verfügung durch Urteil vom 22.02.2018 aufgehoben worden ist, ist ihre Wirkung entfallen, und zwar ohne Rücksicht darauf, dass das aufhebende Urteil mit der Berufung angefochten werden konnte. Denn wird — wie hier — die ohne rechtliches Gehör ergangene einstweilige Verfügung nach Erhebung des Widerspruchs durch Urteil aufgehoben, entfällt ihre Wirkung mit Verkündung des Urteils, nicht erst mit dessen Rechtskraft (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 925 Rn. 10 m.w.N.). Als Folge hieraus kann der Verfügungsschuldner gemäß §§ 776 Satz 1, 775 Nr. 1 ZPO die (endgültige) Aufhebung etwaiger Vollstreckungsmaßnahmen    verlangen. Denn das Aufhebungsurteil im Widerspruchsverfahren entspricht der anfänglichen Zurückweisung  des Verfügungsantrages (Zähler, a.a.O., Rn. 11 (m.w.N.).

 

2. Es besteht zwar auch die Möglichkeit der Aufhebung einer Unterlassungsverfügung ex nunc i.V.m. einer Bestätigung für die Vergangenheit. Eine solche Aufhebung, die sich eindeutig aus dem Urteil ergeben muss (Zähler, a.a.O., Rn 13), ist im Urteil vom 22.02.2018 aber nicht ausgesprochen worden.

 

3. Mit dem in der Berufungsinstanz ergangenen Urteil vom 29.05.2018 liegt ein vollstreckbarer Titel vor, auf dessen Grundlage Zuwiderhandlungen gegen die Unterlassungsverpflichtung nach Erlass dieses Urteils geahndet werden können. Für die Zeit vor Erlass des Berufungsurteils liegt aber kein vollstreckbarer Schuldtitel vor, da das Aufhebungsurteil vom 22.02.2018 einer anfänglichen Zurückweisung des Verfügungsantrages entspricht.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 Satz 3, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

 

 

Abmahnschutz: Nutzen auch Sie das Rundum-Sorglos-Paket, weil es die sichere Art zu handeln ist!

 

 

Dauerhafte anwaltliche Haftungsübernahme**: Ihr Risikoschutz

 

 

Machen Sie keine Experimente, wenn es um den Schutz Ihres Onlinehandels – Ihrer Existenz – geht!