Das Landgericht München I hat in einem Urteil vom 22.12.2014 besonders deutlich zum Rechtsmissbrauch Stellung bezogen. In diesem Verfahren hatte sogar der Kläger selbst vorgetragen, dass sein beauftragter Rechtsanwalt das Abmahn­geschäft hinsichtlich der Verstöße die zur Abmahnung geführt haben, „in eigener Regie“ betrieben und die Wettbewerbsverstöße selbst erst ermittelt hat.

 

Den Abgemahnten könnte jetzt ein Schadensersatzanspruch aus § 8 Abs. 4 UWG auch gegen den Rechtsanwalt des Abmahners persönlich zustehen.

§ 8 Abs. 4 UWG lautet:

 

(4) Die Geltendmachung der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche ist unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. In diesen Fällen kann der Anspruchsgegner Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

 

[Hervorhebung durch Andreas Gerstel]

Regressansprüche gegen den Rechtsanwalt des Abmahners

Ich bin der Meinung, dass sich der Rechtsanwalt, der den Abgemahnten vertreten hat, auch persönlich schadensersatzpflichtig gemacht hat. Der Rechtsanwalt hat in Kenntnis der Rechtsprechung zum Thema Rechtsmissbrauch das vom Landgericht München I im Tatbestand wiedergegebene Verhalten an den Tag gelegt.

 

Abmahnopfer sollten daher Regressansprüche insbesondere auch gegen den in eigener Regie abmahnenden Rechtsanwalt prüfen lassen. Bereits gezahlte Abmahnkosten und/oder Vertragsstrafen könnten erstattet verlangt werden und darüber hinaus natürlich auch die eigenen Rechtsanwaltskosten.

Exkurs: Wer haftet im Falle einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

 

Alle Gesellschafter einer GbR haften grundsätzlich gesamtschuldnerisch. Im Außenverhältnis haftet jeder Gesellschafter unbegrenzt für alle Verbindlichkeiten der GbR und dies gegebenenfalls auch mit seinem Privatvermögen. Im Innenverhältnis kann unter Umständen ein Regressanspruch gegen Mitgesellschafter bestehen, der aber im Außenverhältnis keine schuldbefreiende Wirkung entfaltet.

 

Auch ein Gesellschafter der GbR, der die Abmahnung vielleicht gar nicht selbst im Auftrag des jeweiligen Auftraggebers ausgesprochen hat, ist in der Haftung, wenn einer der anderen Gesellschafter rechtsmissbräuchlich in eigener Regie abgemahnt hat. Im Verhältnis zum Abgemahnten müsste also auch dieser die Kosten erstatten.

 

Umgangssprachlich ausgedrückt: „Baut einer Mist, dann müssen alle anderen auch den Kopf dafür hinhalten.“

Das nachfolgende Urteil ist aus meiner Sicht absolut lesenswert. Auf die gesamte Rechtsanwaltschaft wirft ein solches Urteil aber leider auch ein schlechtes Licht. Sie als Leser sollten sich daher bitte darüber im Klaren sein, dass es sich hier um einen absolut krassen Ausnahmefall handelt und das Verhalten des Rechtsanwalts des Abmahners keinesfalls auf „alle“ Anwälte übertragen werden kann. Zum Urteil des LG München I:

Landgericht München I (Az.: 4 HK 0 8107/14)

 

In dem Rechtsstreit

 

XXX, Klägerin

 

Prozessbevollmächtigte:

 

XXX

 

gegen

 

XXX, Beklagte

 

Prozessbevollmächtigte:

 

XXX

 

wegen Unterlassung

 

erlässt das Landgericht München I – 4. Kammer für Handelssachen – durch die Vorsitzende Rich­terin am Landgericht XXX als Einzelrichterin im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze ein­gereicht werden konnten bis zum 10.11.2014 am 22.12.2014 folgendes

 

Endurteil

 

I. Die Klage wird abgewiesen.

 

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

 

Tatbestand

 

Der Kläger macht Verstöße gegen das Elektrogesetz und gegen Vorschriften des BGB und UWG durch den Verkauf von Kopfhörern geltend.

 

Der Kläger ist Hersteller von Kopfhörern und verkauft diese über seinen Internetshop XXX. Die Beklagte verkauft bundesweit online und stationär gewerblich Waren, unter anderem Kopfhö­rer.

 

Mit der als Anlage FN 16 vorgelegten Abmahnung vom 25.1.1.2013 mahnte der Kläger bei der Be­klagten Verstöße gegen. das Elektrogesetz und das Produktsicherheitsgesetz auf der Webseite des Beklagten ab.

 

Eine. weitere Abmahnung erfolgt am 14.03.2013 mit dem als Anlage FN 19 vorgelegten Schreiben, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Auch hier wurden Verstöße gegen das Elektroge­setz und darüber hinaus Verstöße gegen das BGB im Zusammenhang mit der Widerrufsbelehrung und Garantieerklärung und gegen das UWG geltend gemacht.

 

Der Kläger verfolgt die dort gerügten Verstöße nunmehr gerichtlich weiter und macht darüber hinaus Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert von € 50.000,– (Anlage FN 16)-und aus 70.000,– (Anlage FN 19) geltend. Er trägt vor, der Kläger sei wirtschaftlich gesund und könne sich ausweislich der Anlage FN 31 ein Vorgehen gegen die Beklagte leisten. Die in der Anlage FN 31. genannten Zahlen resultierten ausschließlich aus dem Handel mit Kopfhörern. Die Mehrzahl seiner Verfahren habe der Kläger erfolgreich abgeschlossen, so dass die Gesamtrisiken kalku­lierbar seien und einzelne Verfahrensniederlägen durch Vertragsstrafen und andere Vergleichszahlungen aufgefangen würden. Der Kläger habe nicht einmal einen Unterlassungsanspruch fal­lengelassen und verfolge Ordnungsgeldanträge genauso konsequent, als wenn er hiervon selbst profitieren würde. Jede sachfremde Motivation sei abwegig. Insbesondere zeige sein Vorgehen gegen „große Gegner“, dass er ein Marktbereinigungsinteresse habe. Zur Vervollständigung der Aktivlegitimation werde als Anlage FN 32 der Handelsregisternachweis sowie die Markeneintragung beim DPMA als Anlage FN 33 vorgelegt.

 

Soweit die Kammer hinsichtlich des Bestreitens zur Beauftragung zu den beiden Abmahnungen weiteren Sachvortrag gefordert habe, werde ausgeführt, der Kläger habe sein erstes Verfahren im Spätsommer 2013 gegen Apple geführt. Um ihm dieses Vorgehen abzukaufen, weil Apple die Fehlerhaftigkeit der Ware erkannte und zugleich Ruhe für sich und Abnehmer haben wollte, habe Apple zuletzt € 50.000,– angeboten. Der Kläger sei jedoch an einem solchen Kuhhandel nicht interessiert gewesen. In diesem Zusammenhang und weil dem Kläger klargeworden sei, dass es sich um ein Grundsatzproblem handele, habe der Kläger seine Prozessbevollmächtigten beauf­tragt, mehrfach selbständig Testkäufe von Kopfhörern durchzuführen. Besprochen und durchge­führt worden seien immer etwa fünf Testkäufe. Nach Eingang und Sichtung der Ware hätten die Prozessbevollmächtigten dem Kläger berichtet, ob die Ware fehlerhaft sei. Die durchgeführten Testkäufe seien nach und nach abgearbeitet worden. Sobald die Verfahren hinreichend abge­schlossen gewesen seien, seien nach Absprache weitere Testkäufe durchgeführt worden. In diesem Zusammenhang sei dann auch der Onlinetestkauf -ersichtlich aus der Anlage FN 12- getä­tigt und dem dann nachfolgend die Abmahnung Anlage FN 16 gefertigt worden.    

 

Die zweite Abmahnung habe dann unmittelbar auf einer Recherche des Klägers, der mit Empö­rung am 24.02.2014 auf das Angebot FN 13 aufmerksam geworden sei, beruht. Der Kläger habe daraufhin den Unterzeichner sofort angerufen und hierzu um Testkauf und Abmahnung geboten (Beweis Zeugnis des Prozessbevollmächtigten des Klägers).

 

Der Kläger hat bis zum Schluss der Schriftsatzfrist im schriftlichen Verfahren folgende Anträge gestellt:

 

Die Beklagte wird verurteilt es zu, unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Kopfhörer an Verbraucher zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr bereitzustellen

 

1. die keine dauerhafte Kennzeichnung haben, die den Hersteller oder den Importeur eindeutig identifizieren;

 

[…]

 

2. ohne dass die Kopfhörer selbst oder wenn es auf Grund der Größe oder der Funktion des Produkts erforderlich ist, deren Verpackung, Gebrauchsanweisung oder Garantieschein eine dauerhafte Kennzeichnung gemäß §. 7 S.- 2 ElektroG haben, wie im Falle des Kopfhörers

[…]

 

3. ohne dass diese mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers auf dem Verbraucherprodukt gekennzeichnet sind,

 

[…]

 

oder wenn dies aufgrund von Art und Größe nicht möglich ist, auf dessen Verpackung;

 

[…]

 

und dabei ein CE – Kennzeichen zu verwenden, wenn dieses nicht geführt werden darf, wie im Falle der Artikel […]

 

4. und dabei die Widerrufsbelehrung nicht durch Absätze und nicht durch als Überschriften erkennbare Überschriften zu gliedern, so dass nicht deutlich wird, dass sich unter der Belehrung über das „Widerrufsrecht“ auch Ausführungen zu Widerrufsfolgen verbergen und an welchen Textstellen die betreffenden Ausführungen beginnen und, enden, wie aus der Anlage FN13 ersichtlich;

 

5. und nicht darüber zu informieren, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss vom Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglich ist, wie aus Anlage FN14 ersichtlich;

 

6. und dabei zu werben, dass die Strahlenbelastung beim Telefonieren um 99% gesenkt wird, wie, aus der Anl. FN 44 ersichtlich

 

und/oder auf dem […], Anl. FN 24 und Anl. FN 47 geschehen, mit einem Siegel wie nachfolgend abgebildet:

 

[…]

 

7. mit einer Garantie, ohne auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers hinzuweisen sowie nicht darauf hinzuweisen, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, sowie nicht den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers anzugeben.

 

[…]

 

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Abmahnkosten in Höhe von € 1.531,90 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.12.2013 zu zahlen, Anlage FN 16.

 

9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Abmahnkosten, in Höhe von € 1.752,90 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.03.2014 zu zahlen, Anlage FN 19:

 

10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Testkaufkosten in Höhe von 23,94 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.12.2013 zu zahlen, Anlage FN22

 

11. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Testkaufkosten in Höhe von 225,85 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.03.2014 zu zahlen, Anlagen FN23-27.

 

12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Testkaufkosten in Höhe von 24,99 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Anlage FN28

 

13. Die Beklagte wird verurteilt, unter Rechnungslegung mit Vorlage der Einkaufsrechnung unter Angabe von Händlernamen, dazugehörigen Anschriften und Warenmengen, darüber Auskunft zu erteilen, aus welchen Bezugsquellen sie die von ihr vertriebenen Kopfhörer […] bezogen hat, sowie gewerbliche Abnehmer mitzuteilen.

 

 14. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung im Antrag zu 1.-9. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 .- Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann; Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft angedroht.

 

Die Beklagte beantragt:

 

Klageabweisung.

 

Sie trägt vor, die Klage sei rechtsmissbräuchlich. Der Kläger betreibe aus Berlin einen kleinen Online-Shop, über den er angeblich Kopfhörer und Zubehörsprodukte verkaufe. Seine gesamten Aktiva beliefen sich laut Kreditreform auf € 27.000,—, die in bestimmten Verbindlichkeiten und Rückstellungen in Höhe von € 13.000,– gegenüber (vgl. die als Anlage B 1 vorgelegte Kreditreform-Auskunft vom 18.02.2014). Das eigentliche Geschäftsmodell des Klägers bestehe in der Abmahnung und gerichtlichen Inanspruchnahme von Wettbewerbern. Er mahne in großem Umfang bundesweit ab, insbesondere wegen vermeintlicher Verstöße gegen das Elektrogesetz, wegen vermeintlicher Impressumsverstöße und wegen vermeintliche rechtswidriger AGB-Klauseln. Der Beklagten seien, ohne dass sie insofern große Recherchen angestellt hätten, allein 14 Abmahnungen bekannt, die der Kläger in der Zeit vom 27.12.2013 bis zum 01.04.2014 ausgesprochen habe. Gehe man davon aus, dass die bekannten Abmahnungen ca. 1/3 der tatsächlichen Abmahnungen darstellten, habe der Antragsteller innerhalb von drei Monaten 48 Abmahnungen aussprechen lassen. Lege man einen durchschnittlichen Streitwert von € 30.000,– zugrunde, sei der Kläger in einem Jahr ein Kostenrisiko von über € 225.000,– eingegangen. Es sei für den Betreiber eines kleinen Online-Shops mit einem Eigenkapital von € 9.500,– wirtschaftlich gesehen gänzlich unsinnig, ein derartiges Kostenrisiko einzugehen. Da das gesamte Abmahnverhalten des Klägers damit ersichtlich nur der Generierung von Abmahnkosten diene, werde ausdrücklich bestritten, dass der Kläger seine Anwälte überhaupt beauftragt habe, unter Zugrundelegung von Streitwerten in Höhe von € 70.000,– abzumahnen. Ferner werde bestritten, dass es eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und seinen Anwälten gebe, durch welche der Kläger zur Bezahlung der Abmahnkosten verpflichtet werde (und zwar unabhängig von der Durchsetzbarkeif der Abmahnkosten bei der Gegenseite).

 

Im übrigen sei das Landgericht München I zum Teil gar nicht örtlich zuständig. Der Kläger mache offensichtlich Ansprüche geltend, die er (zumindest zum Teil) nach Testkäufen in Bochum festgestellt haben wolle. Verletzungsort sei insofern Bochum. Was die gerügten Verstöße angehe, fehle es an prüffähigem Sachvortrag. Auch sei die Antragsfassung teilweise gänzlich unbestimmt.

 

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2014 Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Klage war als unzulässig abzuweisen, da sie rechtsmissbräuchlich i. S. v. § 8 Abs. 4 UWG erfolgte. Aufgrund der vorgetragenen Umstände muss davon ausgegangen werden, dass die Kla­ge und die vorgeschalteten Abmahnungen vorwiegend dazu dienten, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen öder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.

 

Im Einzelnen gilt folgendes:

 

1. Bei missbräuchlicher gerichtlicher Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist nach ganz herrschender Meinung ein Fehlen der Klage- oder Prozessführungsbefugnis anzunehmen. Klage und Verfügungsantrag sind danach als unzulässig abzuweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 357, 359 – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung, BGH GRUR 2013, 176 Rdn. 16 – Ferienluxuswohnung). Dabei ist Rechtsfolge des Missbrauchs, dass auch kein Aufwendungsersatz verlangt werden kann, da eine missbräuchliche Abmahnung nicht be­rechtigt i. S. d. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ist (BGH WRP 2012, 930 Rdn. 13 Bauheizgerät).

 

Das Vorliegen eines Missbrauchs ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der ge­samten Umstände zu beurteilen (BGH GRUR 2001, 354, 355 – Verbandsklage gegen Vielfachabmahner). Dies erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung. Maßgebend sind die Motive und Zwecke der Geltendmachung des Anspruchs, die sich aber in der Regel nur aus äußeren Umständen erschließen lassen. Dazu gehören die Art und der Umfang des Wettbewerbsverstoßes und des Verhaltens des Verletzers nach dem Verstoß, das Verhal­ten des Anspruchsberechtigten bei Verfolgung dieses und anderer Verstöße, die Angabe eines überhöhten Gegenstandswerts und anderes. Im Rahmen der gebotenen Interessen­abwägung ist auch zu fragen, ob Interessen der Allgemeinheit eine Rechtsverfolgung rechtfertigen. Der Regelung des § 8 Abs. 4 kommt nämlich auch die Funktion einer Korrek­tur gegenüber der Möglichkeit einer Inanspruchnahme durch eine Vielzahl von Anspruchs­berechtigten zu.

 

3. Als typischen Beispielsfall nennt das Gesetz die Geltendmachung eines Anspruchs, der vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Auf­wendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Auch hierbei ist eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich des Prozessverhaltens vorzunehmen. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn die Abmahntätigkeit sich verselbständigt, d. h. in keinem vernünftigem Verhältnis zur gewerbli­chen Tätigkeit des Abmahnenden steht und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung bestimmter Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenerzielungsinteresse bestehen kann (BGH GRUR 2001, 260, 261 – Viel­fachabmahner). Ein Indiz für einen Missbrauch kann es auch sein, wenn der Gewerbetrei­bende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen fordert (BGH GRUR 2012, 286 Rdn. 13 – falsche Suchrubrik). Ferner ist es auch ein Indiz für einen Missbrauch, wenn der beauftragte Anwalt das Abmahngeschäft „in eigener Regie“ betreibt und insbesondere selbst Wettbewerbsverstöße erst ermittelt (vgl. BGH GRUR 2012, 286 Rdn. 16 – falsche Suchrubrik) oder den Auftraggeber vom Kostenrisiko ganz oder teilweise freistellt (OLG Frankfurt Grur-RR 2007, 650).

 

3. Wendet man diese Grundsätze auf die zum Teil vom Kläger selbst und auf die von der Beklagten vorgetragenen, nicht bestrittenen Tatsachen im vorliegenden Fall an, so muss hier davon ausgegangen werden, dass die Abmahnungen sowie die gerichtlich geltend gemachten Unterlassungsansprüche im wesentlichen dazu dienen, Gebühren zu erzielen.

 

Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass sein beauftragter  Prozessbevollmächtigter das Abmahn­geschäft hinsichtlich der Verstöße die zur Abmahnung gemäß Anlage FN 16 geführt haben, „in eigener Regie“ betrieben und die Wettbewerbsverstöße selbst erst, ermittelt hat. Die Beklagte hatte bestritten, dass der Kläger seine Anwälte zu den konkreten Abmahnungen beauftragt hat und dass insofern eine erfolgsunabhängige Vergütung in Höhe des eingeklagten Betrags vereinbart wurde. Dem ist der Kläger nicht hinreichend durch einen entsprechenden Sachvortrag, wann, wo und unter welchen Umständen er zur Abmahnung gemäß Anlage FN 16 beauftragt worden ist, entgegengetreten, und er hat insbesondere auch nicht vorgetragen, dass .die dabei vereinbarte Vergütung erfolgsunabhängig war. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass eine erfolgsunabhängige Vergütung der Prozessbevollmächtigten des Klägers gerade nicht er­folgte.

 

Hinzukommt, dass der Kläger die Zahlen, die die Beklagte in der Klageerwiderung zu der Anzahl der Abmahnungen durch den Kläger vorgetragen hat (mindestens 192 Abmahnungen in einem Jahr) nicht substantiiert bestritten und insbesondere auch nicht vorgetragen hat, in welchem Um­fang er tatsächlich Abmahntätigkeit betrieben hat. Setzt man dagegen die vom Kläger vorgelegten Zahlen, wonach er im gesamten Jahr 2013 einen vorläufigen Gewinn von € 42.679,06 hat, von dem er seine Lebenshaltungskosten tragen muss, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass es .dem Kläger nicht um die Erzielung von Gebühren sondern allein um die Bereinigung des Marktes ging.

 

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.

 

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