Thema Anwaltsregress und anwaltliche Pflichtverletzung: Verletzt ein Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin anwaltliche Pflichten, kann er wegen Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Kaum ein Mandant wird gerne für die Fehler seines eigenen Anwaltes bezahlen wollen.
Fehler können immer passieren, daher ist jeder Rechtsanwalt / Rechtsanwältin versichert (Berufshaftpflichtversicherung). Nicht immer sind die Kollegen oder Kolleginnen einsichtig und melden den Vorfall Ihrer Berufshaftpflichtversicherung. Die Folge ist dann eine Klage auf Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung, wie das nachfolgende Urteil des Landgericht Dortmund zeigt:
LANDGERICHT DORTMUND
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
XXX, Kläger
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Andreas Gerstel, Grabenstraße 63, 48268 Greven
gegen
XXX Rechtsanwälte und Fachanwälte
Prozessbevollmächtigte: XXX
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund auf die mündliche Verhandlung vom 39. April 2016 durch den Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.191,90 € (in Worten: viertausendeinhundertneunzig 90/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 20 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 80 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten wegen anwaltlicher Pflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger verkaufte über das Portal eBay unter anderem Wassertanks sowie Gitterboxen und trat dabei als privater Verkäufer auf.
Unter dem 13.05.2014 erhielt der Kläger eine Abmahnung der Rechtsanwälte XXX, mit der ihm vorgeworfen wurde, dass er gewerblich tätig sei und damit ein Wettbewerbsverstoß vorliege. In dem Schreiben vom 13.05.2014, Anlage 1, Bl. 7 d. A., heißt es wörtlich:
„Unser Mandant vertreibt – unter anderem im Wege des Onlinehandels – Wassertanks und Gitterboxen mit Zubehör sowie Brennholz.
Sie bieten ebenfalls im Wege des Onlinehandels – über die Verkaufsplattform „eBay“, dort über das Konto […] – Verbrauchern Produkte aus diesem Sortiment zum Kauf an. Beispielhaft verweisen wir auf das Angebot mit der Artikelnummer […].
Unser Mandant musste leider feststellen, dass sie sich hierbei nicht an die Regeln des lauteren Wettbewerbs halten. Sie deklarieren Ihre Angebote als „privat“, wobei keine Zweifel an der Gewerblichkeit der Angebote bestehen. Wir haben Ihre Aktivitäten der Vergangenheit dauerhaft und gerichtsverwertbar gespeichert.“
Ferner wurde der Kläger in diesem Abmahnschreiben aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und die Kosten für die abmahnenden Rechtsanwälte XXX in Höhe von 1.034,60 € zu zahlen.
In dem obigen Abmahnschreiben zitierten eBay-Angebot mit den Endziffern XXX, Anlage A 3, Bl. 95 d. A., heißt es wörtlich:
„XXX Container 1000 l
Artikelzustand vom Verkäufer generalüberholt
Stückzahl: 1 von 8 verfügbar/1 verkauft
Achtung frisch zum Wonnemonat Mai eingetroffen!!! 26 gebrauchte XXX-Container (ideal z.B. als Regenwasserauffangbehälter)!!!“
Der Kläger setzte sich daher am 16.05.2014 mit der Anwaltskanzlei der Beklagten zu 2) in Verbindung und erhielt noch am gleichen Tag einen Besprechungstermin beim Beklagten zu 1). Bei diesem Gespräch wurde unstreitig das Abmahnschreiben der Rechtsanwälte XXX vom 13.05.2014 sowie das eBay Bewertungsprofil des Klägers, Bl. 93 d. A., Anlage A2b, vorgelegt. Der genaue Gesprächsinhalt ist zwischen den Parteien streitig. Abschließend schätzte der Beklagte zu 1) die Erfolgsaussichten hinsichtlich einer Verteidigung gegen die Abmahnung als „zuversichtlich“ ein. Für die anwaltliche Beratung wurde ein Pauschalhonorar in Höhe von 500,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart.
Mit Schreiben vom 21.05.2014, Bl. 10 d. A., wandte sich der Beklagte zu 1) für den Kläger an die abmahnenden Rechtsanwälte XXX. In dem Schreiben heißt es wörtlich:
„Vorab haben wir Ihnen mitzuteilen, dass unser Auftraggeber nicht gewerblich handelt. Er handelt als Privatperson. Ihre Abmahnung geht ins Leere. Einer Unterlassungserklärung bedarf es daher nicht. Für den Fall etwaiger gerichtlicher Klärung wollen Sie uns bitte im Passivrubrum aufführen.“
Ferner teilte der Beklagte zu 1) dem Kläger mit Schreiben vom 21.05.2014, Bl. 9, 9 R d. A., Anlage 2, mit, dass die Abmahnung gegenüber den Rechtsanwälten XXX auf Grundlage der bekannten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs zurückgewiesen wurde und man nun zuversichtlich sei, diese Ansicht auch in einem etwaigen Streitverfahren durchsetzen zu können.
Mit Schreiben vom 27.05.2014, Anlage 4, Bl. 12 d. A., teilten die Rechtsanwälte XXX den beklagten mit, dass sie deren Rechtsauffassung nicht teilen und mit gleicher Post eine einstweilige Verfügung beantragt haben. Dieses Schreiben wurde dem Kläger mit Schreiben vom 03.06.2014, Bl. 11 d. A., Anlage 3, zur Kenntnisnahme zugeleitet.
Mit Beschluss des Landgerichts Bochum vom 02.06.2014, Aktenzeichen 12 O 124/14, Anlage 5, Bl. 13 d. A., wurde antragsgemäß gegen den Kläger einstweilige Verfügung erlassen. In dem Beschluss heißt es wörtlich:
„Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt, gegenüber
a) gewerbliche Angebote als „privat“ zu bezeichnen;
b) nicht über das dem Verbraucher zustehende gesetzliche Widerrufsrecht zu belehren;
c) nicht über seine Identität (Impressum) zu informieren;
wie zu a) bis c) geschehen in dem „eBay“-Angebot mit der Artikelnummer […] und wie dargestellt in den Bildschirmausdrucken, die als Anlage A 3 dem Verfügungsantrag beigefügt sind.“
Noch im Juni 2014 kam es dann zu einem Telefonat zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) hinsichtlich der einstweiligen Verfügung. Dabei macht der Beklagte zu 1) deutlich, dass er die einstweilige Verfügung für unrichtig halte.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26.06.2014, Anlage 6, Bl. 15 R. und 16 d. A., erhob der Beklagte zu 1) für den Kläger Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung.
Auf diesen Widerspruch erwiderten die Rechtsanwälte XXX mit Schriftsatz vom 14.07.2014, Anlage 8, Bl. 18 R. ff. d. A..
Nach einer Besprechung in der Kanzlei der Beklagten zu 2) am 16.07.2014, an der auch Rechtsanwalt XXX teilnahm, wurde die einstweilige Verfügung des Landgerichts Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 22.07.2014 durch Urteil, Anlage 10, Bl. 23 ff. d. A., bestätigt.
Mit Schreiben vom 25.07.2014, Bl. 17 d. A., Anlage 7, wurde dem Kläger seitens des Beklagten zu 1) die Kostenaufstellung für das gerichtliche Verfahren in Höhe von 1.142,40 € übersandt. Im weiteren Verlauf haben die Beklagten auf diese Kosten jedoch verzichtet.
Mit Schreiben vom 28.07.2014, Anlage 8, Bl. 18 d. A., wurde dem Kläger vom Beklagten zu 1) das Sitzungsprotokoll der Verhandlung vom 22.07.2017 [sic!] sowie der Schriftsatz der Rechtsanwälte XXX vom 14.07.2014 mit der Bitte im Kenntnisnahme und Rücksprache übersandt.
Sodann leitete der Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 27.08.2014, Bl. 22 d. A., Anlage 9, das Urteil des Landgerichts Bochum an den Kläger mit der Bitte weiter, bis spätestens 10.09.2014 mitzuteilen, ob gegen das Urteil Berufung eingelegt werden soll.
Mit Rechnung vom 28.08.2014, Anlage 11, Bl. 26 d. A., stellte die Oberjustizkasse Hamm gegenüber dem Kläger einen Betrag in Höhe von 879,00 € nebst Mahngebühren in Höhe von 5,00 € in Rechnung, von dem bereits ausweislich dieser Rechnung 444,50 € getilgt waren, so dass noch ein offener Rechnungsbetrag in Höhe von 439,50 € valutierte.
Mit Beschluss des Landgerichts Bochum vom 29.09.2014, Aktenzeichen 12 O 125/14, Bl. 27 R. ff. d. A., Anlage 12, wurden gegen den Kläger Kosten in Höhe von 1.754,75 € festgesetzt, die von ihm an den damaligen Verfügungskläger des Verfahrens vor dem Landgericht Bochum zu zahlen waren.
Dieser Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Kläger mit Schreiben der Beklagten zu 2), vertreten durch Herrn Rechtsanwalt XXX, vom 15.10.2014, Anlage 12, Bl. 27 d. A., mit der Bitte um Erstattung übersandt.
Mit Schreiben der Rechtsanwälte XXX vom 22.10.2014, Anlage 14, Bl. 32 d. A., wurden die außergerichtlichen Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 € unter Anrechnung einer 0,65-fachen Gebühr in Höhe von 612,10 € gegenüber der Beklagten zu 2) geltend gemacht.
Ferner wurde der Kläger mit Schreiben der Rechtsanwälte XXX vom 23.10.2014, Bl. 30 d. A., Anlage 13, aufgefordert, bis spätestens 31.10.2014 eine Abschlusserklärung abzugeben. Dieses Schreiben wurde auch an den Beklagten zu 1) zur Kenntnisnahme übersandt.
Mit Schreiben vom 20.04.2015, Bl. 37 ff. d. A., Anlage 19, forderte schließlich der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagten zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 5.826,50 € spätestens 03.02.2015 auf.
Der Kläger behauptet, dass er dem Beklagten zu 1) bei dem Beratungsgespräch vom 16.05.2014 mitgeteilt habe, dass er am 01.03.2014 seine Selbständigkeit aufgenommen und den Verkauf von Wassertanks und Gitterboxen nebst Zubehör in erheblicher Zahl vorgenommen habe. Die Beklagten hätten daher gewusst, dass er gewerblich gehandelt habe, wohingegen er bei eBay als Privatverkäufer aufgetreten sei. Zudem sei er auch weder über das Kostenrisiko noch über den weiteren Ablauf, noch über die möglichen Folgen einer nicht abgegebenen Unterlassungserklärung aufgeklärt worden. Eine entsprechende Aufklärung sei auch nicht nach Erlass einer einstweiligen Verfügung erfolgt. Ferner sei auch der eingelegte Widerspruch ohne seine Zustimmung und ohne vorherige Belehrung erfolgt.
Nachdem der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung vom 29.04.2016 mit Zustimmung der Beklagten teilweise in Höhe eines Betrages von insgesamt 1.022,50 € zurückgenommen hat, beantragt er nunmehr,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 4.191,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2015 zu zahlen,
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, dass der Kläger den Beklagten zu 1) am 16.05.2014 nicht darauf hingewiesen habe, dass er seit dem 01.03.2014 als Selbständiger mit Wassertanks handele. Er habe vielmehr erklärt, als Privatperson in geringem Umfang über eBay Wassertanks zu verkaufen und habe auf seine geringe Anzahl an Käuferbewertungen hingewiesen. Hätte er mitgeteilt, dass er seit dem 01.03.2014 als Selbständiger und Mitbewerber des abmahnenden [sic!] Wassertanks über eBay verkaufe, so wäre ihm geraten worden, die Forderung aus der Abmahnung zu erfüllen. Für den Fall der Als unwahrscheinlich eingeschätzten erfolgreichen gerichtlichen Inanspruchnahme des Klägers habe der Beklagte zu 1) gleichwohl auf die damit verbundenen Kosten hingewiesen. Der Kläger habe die einstweilige Verfügung jedoch nicht akzeptieren wollen und habe auch insoweit wieder einmal verschwiegen, dass er selbständig mit Wassercontainern handele. Er habe schließlich den Auftrag erteil, Widerspruch gegen die mit Beschluss erlassene einstweilige Verfügung einzulegen. Auch im Gespräch vom 16.07.2014 habe er nicht darauf aufmerksam gemacht, dass er als Selbständiger mit Wassertanks handele. Er habe dann lediglich ergänzend erklärt, dass er die Container gelegentlich ca. einmal im Jahr schenkweise überlassen bekomme. Diese würden dann vom ihm gereinigt und anschließend bei eBay angeboten. Im Jahre 2013 habe es insgesamt 9 Transaktionen gegeben. Er habe auch erstmals darauf hingewiesen, dass er beim Testkauf angegeben habe, man solle sich an den Lagerleiter wenden. Diese Formulierung habe er jedoch aus Bequemlichkeit gewählt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 4.191,90 € gemäß §§ 280 Abs. 1, 675 BGB.
Nach diesen Vorschriften ist ein Rechtsanwalt zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er seine vertragliche Sorgfaltspflicht bei Erledigung seines Mandats in schadensursächlicher Art und Weise verletzt.
Unstreitig bestand zwischen den Parteien ein Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne von § 675 BGB, nachdem der Kläger den Beklagten zu 1) am 16.05.2014 zwecks Beratung hinsichtlich der erhaltenen Abmahnung aufgesucht hat. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass der Beklagte zu 1) bei diesem Beratungsgespräch seine anwaltlichen Pflichten schuldhaft verletzt hat. In Erfüllung eines ihm übertragenen Mandats ist ein Rechtsanwalt gehalten, bei der Wahrnehmung der Interessen seines Mandanten die Erfolgsaussichten des Begehrens umfassend zu prüfen und den Mandanten hierüber zu belehren. Ferner hat er den für seinen Auftraggeber sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu seiner sachgerechten Entscheidung in der Lage ist. Insbesondere stellt es eine grundlegende Pflicht des Rechtsanwalts dar, den Sachverhalt aufzuklären (vgl. BGH NJW 1985, 1154, 1155; NJW 1998, 2048, 2049; NJW-RR 2006, 923 Rdnr. 22). Der Anwalt muss insoweit von sich aus nachfragen, wenn für die zutreffende Erledigung des Auftrags die Kenntnis weiterer Tatsachen erforderlich ist, deren Bedeutung für den Mandanten vielleicht nicht ersichtlich ist (vgl. BGH NJW 2000, 730, 731; WM 2002, 1077). Andererseits ist der Mandant seinerseits zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Unterrichtung des Anwalts verpflichtet. Der Anwalt darf im Übrigen auf die Richtigkeit der tatsächlichen Angaben seines Mandanten vertrauen, ohne weitere Erkundigungen anstellen zu müssen (vgl. BGH NJW 1985, 1154, 1155; NJW 1997, 2168, 2169). Dies gilt jedoch nicht für die Erklärung des Mandanten zu Rechtstatsachen, da diese Angaben von in der Regel rechtunkundigen Mandanten nicht als zuverlässig einzustufen sind.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände hat der Beklagte zu 1) vorliegend seine anwaltlichen Pflichten verletzt. Unstreitig legt der Kläger dem Beklagten zu 1) bei dem Beratungsgespräch vom 16.05.2014 das Abmahnschreiben der Rechtsanwälte XXX vom 13.05.2014 sowie das eBay-Bewertungsprofil vor. Die Kammer kann es insoweit dahinstehen lassen, ob der Kläger dem Beklagten zu 1) mitgeteilt hat, dass er lediglich als Privatperson bei eBay in geringem Umfang verkaufe. Denn die rechtliche Beurteilung, ob der Kläger als privater oder gewerblicher Verkäufer einzustufen war, oblag gerade der rechtlichen Beurteilung des Beklagten zu 1). Dies war auch der Grund, warum der Kläger den Beklagten zu 1) überhaupt aufgesucht hat. Denn der Beklagte zu 1) sollte für den Kläger prüfen, ob die Abmahnung der Rechtsanwälte XXX vom 13.05.2014 zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist. Die Kammer kann es insoweit auch dahinstehen lassen, ob dem Beklagten zu 1) das in Anlage A 3, Bl. 95 d. A., eingereichte eBay Angebot bei der Erstberatung vorgelegt wurde. Denn die Kammer ist insoweit der Auffassung, dass der Beklagte zu 1) dieses Angebot unzweifelhaft hätte einsehen müssen, da die Rechtsanwälte XXX in ihrem Abmahnschreiben vom 13.05.2014 ausdrücklich auf dieses Angebot hingewiesen haben. Der Beklagte zu 1) hätte daher, bevor er eine Beurteilung abgibt, ob der Kläger als privater oder gewerblicher Verkäufer einzustufen ist, dieses Angebot zunächst einsehen und überprüfen müssen. Dies wäre ohne weiteres über einen PC in den Kanzleiräumlichkeiten möglich gewesen. Nach Auswertung dieses Angebots hätte der Beklagte zu 1) jedenfalls nicht ohne weiteres von einer Einordnung des Klägers als Privatverkäufer ausgehen dürfen. Unabhängig von dem konkreten vorbenannten Angebot ist bereits die Art der verkauften Artikel, Wassertanks und Gitterboxen, für einen Privatverkäufer eher untypisch. So hat es auch das Landgericht Bochum in seinem Urteil vom 22.07.2014, Aktenzeichen 12 O 125/14, gesehen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem vorbenannten Angebot, dass von den angebotenen 1000 l Containern 8 zu einem jeweils identischen Verkaufspreis verfügbar waren. Auch dies ist für einen Privatverkäufer eher untypisch. Darüber hinaus ist als Artikelzustand „vom Verkäufer generalüberholt“ angegeben. Auch dieser Umstand spricht eher für eine Unternehmereigenschaft des Klägers. Dies wird dadurch untermauert, dass es im weiteren Angebotstext heißt, dass im Wonnemonat Mai 26 gebrauchte […] Container, die alle zu einem Einheitspreis von 45,00 € pro Stück angeboten werden, eingetroffen sind. Der Beklagte hätte daher bereits nach Auswertung dieses konkreten Angebots von einer Unternehmereigenschaft des Klägers ausgehen müssen. Jedenfalls hätte er nach Auswertung dieses Angebots den Sachverhalt weiter erforschen müssen. Dabei hätte er vom Kläger in Erfahrung bringen müssen, seit wann er die entsprechenden Container verkauft und ob es möglicherweise noch andere Vertriebszweige gibt. Insbesondere hätte er aufklären müssen, ob es zutreffend ist, dass die Rechtsanwälte XXX die Verkaufsaktivitäten der Vergangenheit dauerhaft und gerichtsverwertbar gespeichert haben könnten. Bei entsprechender Nachfrage geht die Kammer davon aus, dass der Kläger den Beklagten zu 1) auch wahrheitsgemäß auf den Verkauf über das Portal eBay Kleinanzeigen informiert hätte. Im Ergebnis hätte daher an einer gewerblichen Tätigkeit des Klägers kein Zweifel bestehen dürfen. Daher hätte die Verteidigung gegen die Abmahnung nicht als zuversichtlich eingestuft werden dürfen. Demgegenüber verteidigen sich die Beklagten lediglich damit, dass der Kläger sie nicht darauf hingewiesen habe, dass er seit dem 01.03.2014 als Selbständiger mit Wassertanks handele, sondern vielmehr die Auffassung vertreten habe, als Privatperson zu handeln. Diese rechtliche Bewertung war jedoch nicht durch den Kläger, sondern durch den Beklagten zu 1) vorzunehmen (s.o.). Bei fachgerechter Beratung des Klägers hätte der Beklagte zu 1) ihm daher bereits am 16.05.2014 raten müssen, die Forderungen aus dem Abmahnschreiben zu erfüllen und eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
Der Beklagte zu 1) hat die Pflichtverletzung auch gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten. Jedenfalls haben die Beklagten die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt.
Dem Kläger ist auch ein kausaler Schaden entstanden. Insoweit ist zunächst davon auszugehen, dass der Kläger bei entsprechender Beratung durch den Beklagten zu 1) diesem rat gefolgt wäre und die Forderung aus dem Abmahnschreiben erfüllt hätte. Insofern wird im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität ein Beweis des ersten Anscheins dafür angenommen, dass der Mandant den Bitten des Anwalts und Informationen nachgekommen und dessen Rat gefolgt wäre (BGHZ 123, 311, 315 = NJW 1993, 3259; BGHZ 126, 217, 222 = NJW 1994, 3295; BGHZ 193, 193 = NJW 2012, 2435 Rdnr. 36). Diese Vermutung beratungsgerechten Verhaltens haben die Beklagten vorliegend auch nicht entkräftet.
Es wäre daher bei gebotener Beratung des Klägers nicht zu dem einstweiligen Verfügungsverfahren nebst anschließender Aufforderung zur Abschlusserklärung gekommen. Vielmehr wäre die Angelegenheit nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beendet gewesen. Im Rahmen des kausalen Schadens ist daher nach der Differenzhypothese der Zustand herzustellen, der ohne die Pflichtverletzung bestanden hätte. Bei sachgerechter Beratung wären die Kosten für die Abmahnung der Rechtsanwälte XXXX vom 13.05.2014 in Höhe von 1.034,60 € ohnehin angefallen. Diese Kosten macht der Kläger jedoch auch nicht mehr geltend. Vielmehr hat er bereits in seiner Klageschrift vom 29.10.2015 klargestellt, dass der nach Anrechnung verfolgte Betrag der Rechtsanwälte XXX gemäß Schreiben vom 03.11.2014 in Höhe von 612,10 € begehrt wird. Darüber hinaus hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Klage hinsichtlich weiterer 422,50 € zurückgenommen. Dies betraf den Teil der außergerichtlichen Abmahnkosten, die im Kostenfestsetzungsbeschluss nach entsprechender Anrechnung Niederschlag gefunden haben. Darüber hinaus hat der Kläger die Klage auch in Höhe des Rechtsanwaltshonorars der Beklagten über 595,00 € zurückgenommen, da auch bei fachgerechter Beratung auf Seiten der Beklagten Anwaltskosten angefallen wären.
Nicht angefallen wären jedoch die Gerichtskosten für das einstweilige Verfügungsverfahren in Höhe von insgesamt drei Gebühren nach einem Streitwert von 15.000,00 € (insgesamt 879,00 €). Dies betrifft die Rechnung der Oberjustizkasse Hamm vom 28.08.2014. Sofern dort auch eine Mahngebühr in Höhe von 5,00 € geltend gemacht wurde, hatte der Kläger die Klage auch insoweit in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der Kläger die Gerichtskosten in Höhe von 879,00 € bezahlt hat. Sofern ein Teilbetrag in Höhe von 444,50 € in Rede steht, wird dies bereits durch die Rechnung der Oberjustizkasse Hamm vom 28.08.2014 selbst bestätigt. Im Übrigen hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung glaubhaft angegeben, dass er auch den Restbetrag aus der vorbenannten Rechnung gezahlt hat. Dies ist für die Kammer auch uneingeschränkt plausibel, da die Oberjustizkasse Hamm ansonsten voraussichtlich eine Zwangsvollstreckung hinsichtlich des ausstehenden Rechnungsbetrages eingeleitet hätte.
Darüber hinaus wären die mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.09.2014 festgesetzten gegnerischen Anwaltskosten nebst Zinsen bei sachgerechter Beratung nicht entstanden. Hierbei war jedoch zu beachten, dass in dem unstreitig gezahlten Gesamtbetrag vom [sic!] 1.766,20 € (inkl. Zinsen) auch zum Teil die außergerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 422,50 € (s.o.) enthalten waren, da eine entsprechende Anrechnung erfolgte. Es verbleibt daher ein erstattungsfähiger Betrag von 1.343,70 €.
Ferner wären bei entsprechender Beratung des Klägers die Anwaltskosten der Rechtsanwälte XXX für die Aufforderung zur Abschlusserklärung in Höhe von 984,60 € nicht entstanden. Der insoweit in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von 20.000,00 € ist nach Auffassung der Kammer angemessen. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass dieser Wert 5.000,00 € höher liegt als der vom Landgericht Bochum im einstweiligen Verfügungsverfahren festgesetzte Streitwert von 15.000,00 €. Denn die Abschlusserklärung bezieht sich auf ein mögliches Hauptsacheverfahren, bei dem der Streitwert höher zu bewerten ist als im einstweiligen Verfahren. Auch insoweit ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger diese Kosten an die Rechtsanwälte XXX gezahlt hat. Dies hat er in der mündlichen Verhandlung auf Nachfragen ausdrücklich glaubhaft bestätigt. Auch dieser Umstand ist plausibel, da es insoweit nahe gelegen hätte, dass die Rechtsanwälte XXX den Kläger andernfalls gerichtlich in Anspruch genommen hätten.
Schließlich wären bei entsprechender Beratung des Klägers die Anwaltskosten des jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Erstellung der Abschlusserklärung in Höhe von 984,60 € nicht angefallen. Auch insoweit ist der Streitwert in Höhe von 20.000,00 € nach den vorstehenden Ausführungen nicht zu beanstanden. Im Übrigen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers bestätigt, dass diese Kosten vom Kläger beglichen wurde.
Insgesamt ergibt sich daher folgende Schadensaufstellung:
Gerichtskosten: 879,00 €
Kosten gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss inklusive Zinsen: 1.343,70 €
Kosten der Rechtsanwälte XXX für die Aufforderung zur Abschlusserklärung: 984,60 €
Kosten des Herrn Rechtsanwalts Gerstel für die Erstellung der Abschlusserklärung: 984,60 €
Summe insgesamt: 4.191,90 €
Soweit der Beklagte zu 1) vorliegend eine Pflicht aus dem Anwaltsvertrag, der auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2) bestand, verletzt hat, muss sich die Beklagte zu 2) diese Pflichtverletzung zurechnen lassen. Die Ansprüche bestehen daher gleichsam im Verhältnis zur Beklagten zu 2). Im Verhältnis zum Kläger haften beide Beklagten gemäß § 421 BGB als Gesamtschuldner.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286 BGB. Die Beklagten wurden mit anwaltlichem Schreiben vom 20.01.2015 unter Fristsetzung zum 03.02.2015 zur Zahlung aufgefordert. Verzug ist daher ab dem 04.02.2015 eingetreten.
Die Beklagten waren daher im tenorierten Umfang zu verurteilen.
Ein Schriftsatznachlass war den Beklagten nicht zu gewähren, da die Umstände des maßgeblichen Beratungsgesprächs vom 16.05.2014 bereits seit der Klageerwiderung im Streit standen und die wesentlichen Standpunkte hierzu ausgetauscht waren.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 Abs. 3 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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