Mehrere Gläubiger: Schuldner gibt keine Unterlassungserklärung ab (gerichtliche Entscheidung)

Wir hatten uns bereits mit der Frage befasst, ob ein Schuldner bei doppelter Abmahnung wieder eine Unterlassungserklärung abgeben und erneut die Abmahnkosten bezahlen muss oder nicht. Diesen Beitrag finden Sie hier

 

Der Schuldner wünscht eine gerichtliche Entscheidung.

Viel interessanter wird es aber, wenn der Schuldner keine Unterlassungserklärung abgibt, weil er eine gerichtliche Entscheidung wünscht. Können jetzt beide Gläubiger gegen den Schuldner gerichtlich vorgehen, oder vielleicht nur einer von Ihnen? Der Verfasser Rechtsanwalt Gerstel vertritt zu dieser Frage folgende Auffassung:

RA Gerstel: In der Praxis habe ich oft die Situation, dass sich Abgemahnte an uns wenden, weil sie eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhalten haben. Häufig wenden sich mehr als zwei Betroffene an uns.

 

Gegenabmahnung aussprechen

Begeht der Abmahner selbst Wettbewerbsverstöße, dann besteht die Möglichkeit einer Gegenabmahnung. Hierauf weise ich die Mandanten auch im Rahmen meiner Beratung hin. Unterstellt einer der beiden Mandanten möchte, dass eine Gegenabmahnng ausgesprochen wird, dann erledige ich dies. Sollte auch der zweite Mandant eine Abmahnung wünschen, dann erläutere ich Ihm, dass dies grundsätzlich möglich ist, ich aber für einen anderen Mandanten bereits eine solche Gegenabmahnung ausgesprochen habe und für die Zweitabmahnung daher keine Kosten geltend gemacht werden könnten. Der zweite Mandant spricht keine neue Abmahnung aus, sondern wartet jetzt die dem Erstabmahner gesetzte Frist ab.

 

Eine Unterlassungserklärung wird verweigert.

Der Abgemahnte teilt mit, dass er keine Unterlassungserklärung abgeben werde. Mögen vielmehr die Gerichte über den geltend gemachten Unterlassungsanspruch entscheiden. Kann jetzt jeder Gläubiger gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen oder nur einer der Gäubiger?

 

Jeder Gläubiger kann gerichtlich vorgehen.

Ich bin der Auffassung, dass jeder Gläubiger gegen den Schuldner gerichtlich vorgehen kann. Alles andere wäre gesetzeswidrig und nicht interessengerecht. Es existiert in diesem Zusammenhang ein kurioses und nach meiner Meinung falsches Urteil des OLG Hamm vom 3.5.2011, Az. I-4 U 9/11. Dieses Urteil halte ich für ein absolutes Fehlurteil, welches offensichtlich ergebnisorientiert gefällt wurde. Dass dieses Urteil des OLG Hamm falsch ist, zeigt auch folgende Überlegung:

Ein im Verfügungsverfahren erlassener Beschluss oder Urteil lässt selbst nach Widerspruch oder Berufung wegen des vorläufigen Charakters die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Selbst wenn der Schuldner auf die einstweilige Verfügung hin eine Abschlusserklärung gegenüber dem Erstabmahner abgibt, so kann auch diese dem Zweitabmahner nach richtiger überwiegender Auffassung in der Rechtsprechnung und Literatur nicht entgegengehalten werden. Der Zweitabmahner hat schließlich auf den exisitierenden Dritttiel und dessen Durchsetzung keinerlei Einfluss.

Sollten Sie mehrere Mandanten vertreten, die alle gerichtlich gegen einen Schuldner wegen des gleichen Verstoßes vorgehen möchten, dann sollten sie stets das vorgenannte Urteil des OLG Hamm im Hinterkopf haben.