Das AG Radolfzell stellte klar, dass eine Unterlassungserklärung gemäß §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegen ist. Dies ist nichts neues, jedoch war vorliegend die Unterlassungserklärung extrem weit gefasst und daher für eine Auslegung in beide Richtungen offen. Das AG Radolfzell folgte glücklicherweise meiner Argumentation und verurteilte den eBay-Händler wie beantragt zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.000 EUR. Hier die Einzelheiten:

"1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.000,- € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 05.10.2007 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/10 und der Beklagte 9/10.

4. Für die Klägerin ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Für den Beklagten ist das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe und Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Anspruch.

Der Beklagte ist Inhaber eines XXXXXgeschäfts in Radolfzell. Nach dem er für einen im Internet auf der eBay-Plattform angebotenen XXXXX nicht richtig über die Dauer der Widerrufs- bzw. Rückgabefrist belehrt hatte, wurde er im Auftrag der Klägerin, die insbesondere XXXXXartikel vertreibt, mit Anwaltschreiben vom 26.04.2007 (AS 107 – 115) abgemahnt. Darauf gab er mit Anwaltschreiben vorn 02.05.2007 (AS 17 – 19) gegenüber der Klägerin folgende Erklärung ab:

„… wir namens und im Auftrag unseres Mandanten Ihrer Mandantin gegenüber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, dennoch rechtsverbindlich erklären, dass sich unser Mandant verpflichtet, es bei Vermeidung einer an Ihre Mandantin für jeden Fall künftiger Zuwiderhandlung fällig werdenden Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,– €, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, bei Fernabsatzverträgen über Waren mit privaten Endverbrauchern auf der Auktionsplattform eBay, den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über das Bestehen eines Widerrufs-/ Rückgaberechtes zu informieren, insbesondere lediglich auf eine zweiwöchige Widerrufsfrist hinzuweisen…"

Am 24.08.2007 bot der Beklagte im eBay einen XXXXX zum Kauf an. Die Angebotsseite (AS 21 – 23) enthält folgende Widerrufsbelehrung:

"Widerrufsrecht: Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt mit Erhalt der Ware…"

Mit Anwaltschreiben vom 27.08.2007 (AS 27 – 31) forderte die Klägerin, die der Auffassung ist, der Beklagte habe in der Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß über den Fristbeginn informiert, die Zahlung einer Vertragsstrafe von 2.000,– € und Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 192,90 €.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.192,90 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise die Vertragsstrafe auf unter 500,– € herabzusetzen.

Er wendet ein, er habe der Unterlassungsverpflichtung nicht zuwider gehandelt, insbesondere habe er sich lediglich verpflichtet, über das „Bestehen" des Widerrufsrechts zu belehren, nicht aber über das „Wie" eines Widerrufsrechts. Jedenfalls sei die Vertragsstrafe unverhältnismäßig hoch und deswegen auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:
Die Klage ist bis auf die Rechtsanwaltskosten begründet.

Der Kläger hat gemäß § 339 BGB Anspruch auf die vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 2 000,– €. Der Beklagte hat entgegen seiner Ansicht mit der am 24.08.2007 im eBay benutzten Widerrufsbelehrung der Verpflichtungserklärung vom 02.05.2007 zuwider gehandelt.

Die Unterlassungserklärung ist gemäß §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte so auszulegen, dass die vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt ist, wenn die Widerrufsbelehrung nicht gesetzeskonform ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und dem zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien. Die Auffassung des Beklagten, er habe sich ausschließlich verpflichtet, über das „Bestehen" eines Widerrufsrechts zu informieren, ist nicht nachvollziehbar. Durch Verwendung der Formulierung „insbesondere lediglich auf eine zweiwöchige Widerrufsfrist hinzuweisen" wird deutlich, dass dieser Verstoß lediglich exemplarisch aufgeführt ist und andere Fehler in der Belehrung ebenfalls zur Verwirkung der Vertragsstrafe führen sollen.

Die vom Beklagten im eBay-Angebot vom 24.08.2007 benutzte Widerrufsbelehrung ist fehlerhaft. Die Widerrufsfrist beginnt nicht mit Erhalt der Ware. Vielmehr beginnt die Frist erst mit Erhalt der Ware und der Widerrufsbelehrung in Textform. Bei Fernabsatzverträgen hat gemäß §§ 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB, 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich insbesondere über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung zu informieren. Danach ist der Verbraucher insbesondere über den Fristbeginn zu belehren. Der Lauf der Widerrufsfrist beginnt nur, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren beginnt die Frist nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger (§ 312 d Abs. 2 BGB). Ferner ist für den Fristbeginn die Erteilung einer Widerrufsbelehrung in Textform erforderlich (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die über eBay in das Internet eingestellte Belehrung genügt den Erfordernissen der Textform gemäß § 126 b BGB nicht (vgl. Palandt, BGB, 66. Aufl., § 126 b, Rn. 3). Da die vom Beklagten benutzte Belehrung nicht über beide Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfrist informiert, ist sie nicht gesetzeskonform.

Die vom Beklagten hilfsweise begehrte Herabsetzung der Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB ist nach § 348 HGB ausgeschlossen. Der Beklagte ist gemäß § 1 Abs. 1 u. 2 HGB Kaufmann, da er nach Sachlage ein Handelsgewerbe betreibt. Zumindest ist er Scheinkaufmann, da er jedenfalls dem äußeren Erscheinungsbild nach ein Unternehmen führt, das größere Umsätze erzielt und er ausweislich seines Geschäftspapiers im Geschäftsverkehr unter einer Firma auftritt.

Die gesetzlichen Prozesszinsen kann die Klägerin gemäß §§ 291, 288 BGB beanspruchen.

Die Rechtsanwaltskosten kann der Kläger nicht nach §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 BGB ersetzt verlangen. Der Beklagte ist mit der Zahlung der Vertragsstrafe erst durch das Anwaltschreiben vom 27.08.2007 in Schuldnerverzug gekommen. Die Kosten der den Verzug begründenden Erstmahnung sind aber nicht erstattungsfähig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vor- läufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO."