Unterstellt gegen Sie liegt ein Unterlassungstitel vor. In der Folgezeit meint Ihr Gläubiger, Sie würden gegen den Titel verstoßen und betreibt die Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstitel (stellt einen Ordnungsmittelantrag). Dann ist wichtig, ob der Titel eigentlich bestimmt genug ist. Die Einzelheiten:

 

Beschluss

des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, zu Aktenzeichen: 6 W 116/12

In der Beschwerdesache

XXXX

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt Andreas Gerstel, Grabenstraße 63, 48268 Greven

gegen

XXXX

Prozessbevollmächtigte: XXXX


hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt a. M. vom 17.9.2012 (§ 890 ZPO am 7.2.2013 beschlossen:


Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Die Ordnungsmittelanträge der Antragstellerin nach § 890 ZPO vom 26.7.2012 und vom 2.8.2012 werden zurückgewiesen.


Der Antragsteller hat die Kosten des Vollstreckungsverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: 12.000,- €


Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Vollstreckungsanträge nach § 890 ZPO sind unbegründet, weil – bei der zum Erhalt der Vollstreckungsfähigkeit gebotenen einschränkenden Auslegung der titulierten Verbote – der Antragsgegner den darin enthaltenen Unterlassungsverpflichtungen nicht zuwidergehandelt hat.


Aus einem nicht hinreichend bestimmten Unterlassungstitel kann grundsätzlich nicht nach § 890 ZPO vollstreckt werden; etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn mit Hilfe der Entscheidungsgründe oder der Klagebegründung der Verbotsumfang im Wege der Auslegung auf einen vollstreckungsfähigen Inhalt begrenzt werden kann (vgl. Senat, Beschl. v. 3.3.2011 – 6 W 11/11 m.w.N.). Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall sind die Voraussetzun¬gen für die Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO nicht erfüllt.

Vollstreckungsantrag vom 26.7.2012:

Der Unterlassungstenor gemäß Ziffer 1. b) ist in der erlassenen Form als solcher nicht hinreichend bestimmt. Unter welchen Umständen der Hinweis auf das Vorhandensein der gesetzlich vorgeschriebenen CE-Konformitätserklärung als „Wer¬bung mit Selbstverständlichkeiten" einzustufen ist, hängt von den jeweiligen Ge-samtumständen ab. Dem Gewerbetreibenden ist nicht generell verboten, in seiner Werbung auf Vorteile seines Angebots, bei denen es sich nach allgemeiner Übung oder auf Grund gesetzlicher Bestimmungen um Selbstverständlichkeiten handelt, hinzuweisen. Als irreführend stellt sich ein solcher Hinweis nur dann dar, wenn der Vorteil gerade nicht als Selbstverständlichkeit, sondern als eine Besonderheit dar¬gestellt wird oder aus der Sicht des Verkehrs zumindest als solche erscheint (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., Rdz. 2.115 zu § 5 UWG). Dementsprechend kann das ausgesprochene Verbot auch nicht dahin ausgelegt werden, dass der Antragsgegner generell  auf die CE-Konformitätserklärung in der Werbung nicht mehr hinweisen dürfte.

Unter diesen Umständen kann der Unterlassungstenor nur dann als hinreichend bestimmt angesehen werden, wenn zur Eingrenzung des Verbotsumfangs auf die konkrete Werbung zurückgegriffen wird, die dem Klagebegehren zugrunde lag. Diese Werbung (Anlage K 3) zeichnete sich dadurch aus, dass gleichrangig zu dem Hinweis auf die CE-Konformitätserklärung weitere Vorteile, wie etwa die individuelle nochmalige Überprüfung jeder Hebebühne vor der Auslieferung, hervor¬gehoben worden sind; in diesem Gesamtzusammenhang konnte auch die CE-Konformitätserklärung als nicht selbstverständliche Besonderheit des Angebots angesehen werden.

In den so zu bestimmenden Kern des Unterlassungsgebots fallen die Werbeäußerungen, auf die der Vollstreckungsantrag vom 26.7.2012 gestützt ist (Anlagen 1 bis 6), nicht. Dort wird die CE-Konformität zwar erwähnt, jedoch nicht in einer mit der Werbung gemäß Anlage K 3 unmittelbar vergleichbaren Weise als Besonderheit herausgestellt.


Vollstreckungsantrag vom 2.8.2012:

Soweit dem Beklagten mit Ziffer 1. c) des Unterlassungstenors vom 27.3.2012 verboten worden ist, Produkte im Internet „mit falschen bzw. unvollständigen Widerrufsbelehrungen zu versehen", würde diese Formulierung als solche dem Bestimmtheitserfordernis von vornherein nicht gerecht. Der Kläger hat den Klageantrag daher bereits selbst um eine Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung („geschehen wie auf …") ergänzt. Allerdings enthalten weder die Begründung des Urteils noch die Klagebegründung nähere Anhaltspunkte dazu, welche ge¬nauen Anforderungen an eine richtige und vollständige Widerrufsbelehrung der Beklagte künftig einhalten sollte. Ebenso wenig kann dem Unterlassungstenor entnommen werden, dass der Antragsgegner seine Widerrufsbelehrung etwa nur noch entsprechend der Musterbelehrung in Anlage 1 zu Art. 246 § 2 III 1 EGBGB gestalten dürfe; dagegen spricht bereits, dass die Musterbelehrung gerade keinen zwingenden Charakter hat.

Unter diesen Umständen fallen nur solche Belehrungen in den Kern des gerichtlichen Verbots, die der im Tenor wiedergegebenen Belehrung inhaltlich entsprechen. Die im Tenor wiedergegebene Belehrung zeichnete sich dadurch aus, dass der Käufer von seinem Widerrufs- bzw. Rückgaberecht nur in der Weise Gebrauch machen konnte, dass er die gekaufte Hebebühne binnen vier Wochen dem Beklagten zurückbringen musste. Davon unterscheiden sich die Belehrungen, auf die der Ordnungsmittelantrag vom 2.8.2012 gestützt ist (Anlagen 3 und 4), dadurch, dass der Beklagte ankündigt, die Hebebühne beim Käufer wieder abzuholen. Damit fehlt es an einer kerngleichen Verletzung.

Die weitere Frage, ob die mit den Vollstreckungsanträgen angegriffenen Handlun-gen aus anderen Gründen mit dem Wettbewerbsrecht unvereinbar sind, ist für das Vollstreckungsverfahren ohne Bedeutung und müsste gegebenenfalls in einem neuen Erkenntnisverfahren geklärt werden.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.


Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) sind nicht erfüllt.