Rechtsmissbrauch Abmahnung

§ 8 c UWG Verbot der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen; Haftung

Wann liegt ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 c UWG vor?

Das Hauptziel des Gesetzgebers ist es, rechtsmissbräuchliche Abmahnungen zu verhindern. Ich habe über 60 Indizien zusammengefasst, die bisher für einen Rechtsmissbrauch im Sinne der alten Regelung des § 8 Absatz 4 UWG a.F. sprachen. Jetzt werden im Gesetz gleich sieben Aspekte genannt, bei denen ein Rechtsmissbrauch im Zweifel anzunehmen ist.

 

In § 8 c Absatz 2 UWG heißt es:

 

Eine missbräuchliche Geltendmachung ist im Zweifel anzunehmen, wenn

 

1. die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen,

 

2. ein Mitbewerber eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend macht, wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn anzunehmen ist, dass der Mitbewerber das wirtschaftliche Risiko seines außergerichtlichen oder gerichtlichen Vorgehens nicht selbst trägt,

 

3. ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt,

 

4. offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden,

 

5. eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht,

 

6. mehrere Zuwiderhandlungen, die zusammen hätten abgemahnt werden können, einzeln abgemahnt werden oder

 

7. wegen einer Zuwiderhandlung, für die mehrere Zuwiderhandelnde verantwortlich sind, die Ansprüche gegen die Zuwiderhandelnden ohne sachlichen Grund nicht zusammen geltend gemacht werden.

 

Es müssen natürlich nicht alle Kriterien erfüllt sein. Eines oder mehrere Kriterien können bereits für einen Rechtsmissbrauch ausreichen. Schon bisher hatten sich viele Indizien für Rechtsmissbrauch in der Rechtsprechung entwickelt. Hier meine Zusammenfassung dazu.

Können die Kriterien aus § 8 c Abs. 2 UWG missbräuchliche Abmahnungen verhindern?

Nein.

 

Der Wortlaut des § 8 c Abs. 2 UWG ist leider sehr unbestimmt und wirft viele Fragen auf.

 

Wann genau dient denn die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen?

 

Wann liegt eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen vor?

 

Wann steht die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit?

 

Ab wann ist der Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt?

 

Wann werden vom Abmahner offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert?

 

Wann genau geht eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinaus?

 

Letztlich werden die Gerichte entscheiden müssen, ob ein Fall von Rechtsmissbrauch vorliegt oder nicht.

 

Diese Bestimmung wird die üblichen Abmahner und deren Abmahnanwälte meiner Ansicht nach nicht vor der Aussprache von Abmahnungen stoppen. Die Abmahner werden sich auf den Standpunkt stellen, dass natürlich kein rechtsmissbräuchliches Verhalten gegeben ist.

 

Eine Verteidigung allein mit dem Argument des Rechtsmissbrauchs ist und bleibt riskant. Der Abgemahnt trägt das Kostenrisiko. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sollte nicht vorschnell erhoben werden. Vielmehr sollte ein erfahrener Rechtsanwalt konsultiert werden. Ich berate Sie gern hierzu.

Sind gewisse Abmahnungen automatisch rechtsmissbräuchlich?

Nein.

 

Ob ein Fall von Rechtsmissbrauch vorliegt ist auch künftig gemäß § 8 c Absatz 1 UWG anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls zu bewerten. Das Gesetz nennt ab sofort aber Fallgestaltungen nach denen eine Abmahnung grundsätzlich als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden kann.

 

Was ist neu hinsichtlich der Beweislast für einen Rechtsmissbrauch?

Bislang musste der Abgemahnte substantiiert zum Rechtsmissbrauch vortragen. Er musste sämtliche Indizien sammeln und Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch darlegen. In der Praxis ist dies sehr schwierig und extrem aufwändig. Wurden vom Abmahner entsprechende Indizien vorgetragen, dann war es wiederum die Aufgabe des Abgemahnten, diese Indizien zu entkräften.

 

In § 8 c Absatz 2 UWG heißt es:

 

„Eine missbräuchliche Geltendmachung ist im Zweifel anzunehmen, wenn …“

 

Bedeutet das jetzt, dass wenn nicht zu 100 % sicher ist, ob Rechtsmissbrauch vorliegt oder nicht, im Zweifel Rechtsmissbrauch angenommen wird?

 

Ich meine ja, denn aufgrund des eindeutiges Wortlautes des § 8 c Abs. 2 UWG werden die Gerichte künftig wohl im Zweifel von einem Rechtsmissbrauch ausgehen. Dann können die Gerichte nicht mehr wie bisher sagen, dass der Vortrag zum Rechtsmissbrauch noch nicht ausreichend sei.

 

Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte entscheiden.

Welche Kosten muss der Abmahner erstatten, wenn Rechtsmissbrauch vorliegt?

Im Fall der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen kann der Abgemahnte vom Abmahner Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen fordern, § 8 c Absatz 3 Satz 1 UWG. Eine Kostendeckelung ist in § 8, anders als bei § 13 Absatz 5 Satz 2 UWG, nicht vorgesehen, d.h. der Abgemahnt kann im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung grundsätzlich die kompletten Kosten seiner Verteidigung vom Abgemahnten erstattet verlangen. Ich habe extra grundsätzlich geschrieben, weil natürlich nur „realistische“ Kosten erstattet verlangt werden können. Das Fordern extra hoher Kosten könnte wiederum selbst rechtsmissbräuchlich sein.

 

 

Weitere Informationen zum Thema Rechtsmissbrauch finden Sie hier.

Bisherige Rechtsprechung zur Abmahnung Rechtsmissbrauch

Wann lag nach bisherigem Recht ein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG a.F. vor?

 

Von einem Missbrauch im Sinne § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Diese müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele des Handelns eindeutig überwiegen.

 

Als typischen Beispielsfall eines solchen sachfremden Motivs nennt das Gesetz das Gebührenerzielungsinteresse. Nach dem letzten Halbsatz des § 8 Abs. 4 UWG, der mit „insbesondere“ beginnt, ist die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs unzulässig, die vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.

 

Davon ist auszugehen, wenn die äußeren Umstände in ihrer Gesamtheit aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers deutlich machen, dass der Anspruchsberechtigte kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung haben kann und deshalb allein oder ganz überwiegend nur ein Gebühreninteresse verfolgt (BGH GRUR 2001, 260, 261 – Vielfachabmahner; Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 4.12). Geht es andererseits dem Gläubigers hauptsächlich um die Unterbindung unlauteren Wettbewerbs, genügt es für die Begründung des Missbrauchstatbestands nicht, wenn auch sachfremde Motivationen, ohne vorherrschend zu sein, bei der Anspruchsverfolgung eine Rolle spielen (BGH GRUR 2001, 82 – Neu in Bielefeld I).

 

Gesamtwürdigung des Sachverhaltes

Ob die Anspruchsverfolgung vorwiegend von sachfremden Erwägungen bestimmt ist, muss im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände bestimmt werden. Anhaltspunkte insoweit bilden Art und Schwere der Zuwiderhandlung, das Verfahren des Anspruchstellers bei der Rechtsverfolgung auch in anderen und früheren Fällen, das Verletzerverhalten nach der Zuwiderhandlung und auch das Vorgehen sonstiger Anspruchsberechtigter (BGH GRUR 2000, 1089, 1091 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Grundsätzlich ist dabei zu berücksichtigen, dass die Abmahnpraxis von Mitbewerbern und Verbänden und die klageweise Anspruchsverfolgung dem Interesse (auch) der Allgemeinheit an der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs dienen und deshalb, auch bei umfangreichen Tätigkeiten, insoweit für sich allein einen Missbrauch noch nicht hinreichend belegen (BGH GRUR 2005, 433, 434 – Telekanzlei; OLG Frankfurt GRUR-RR 2007, 56; Ohly-Piper, a.a.O., § 8 Rn. 184).

 

Hinzutreten weiterer Umstände

Es  müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Missbräuchlichkeit der Geltendmachung des Anspruchs begründen (BGH GRUR 2001, 354, 355 – Verbandsklage gegen Vielfachabmahner, Senat, Urt. v. 01.04.2008, 4 U 10/08, S. 4f.), so insbesondere eine Rechtsverfolgung primär im Gebühreninteresse, eine Behinderungs- oder Schädigungsabsicht gegenüber dem Verletzter, ungerechtfertigte Mehrfachabmahnungen (dazu BGH GRUR 2002, 367, 368 – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung), eine selektive Schuldnerauswahl oder auch eine fremdbestimmte Rechtsverfolgung lediglich im Interesse eines Dritten.

 

Es kommt auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.

Es ist stets am konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die vorliegenden Umstände die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Anspruchsverfolgung durch den Gläubiger rechtfertigen. In der Praxis kann niemals mit 100 %iger Gewissheit beurteilt werden, ob das Verhalten des Gläubigers rechtsmissbräuchlich ist oder nicht.

 

Nur im Wege einer Gesamtwürdigung aller Umstände kann man zu dem Ergebnis gelangen, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt. In der Rechtsprechung sind inzwischen zahlreiche Indizien erkennbar, die Richter dazu veranlassen, von einem Rechtsmissbrauch auszugehen. Die nachfolgende Liste soll Ihnen einen Überblick vermitteln. Abschließend ist diese Liste natürlich nicht. In der Praxis kommen sehr häufig weitere Kriterien hinzu, die noch nicht Gegenstand von Prozessen waren.

 

1. Umfangreiche Abmahntätigkeit

Für einen Rechtsmissbrauch in Sinne des § 8 Abs. 4 UWG kann der Umfang der Abmahntätigkeit sprechen.

„Der Kläger hat – wie aus dem Verfahren 12 O 101/10 LG Bochum = 4 U 145/10 OLG Hamm bekannt – in erheblichem Umfang Abmahnungen aussprechen lassen. Allerdings kann auch eine umfangreichere Abmahntätigkeit, wie sie hier angesichts der gerichtsbekannten 37 Gerichtsverfahren allein vor dem Landgericht Bochum gegeben ist, für sich allein noch keinen Rechtsmissbrauch begründen, wenn und soweit entsprechend auch umfangreiche Verletzungen in Betracht kommen (BGH GRUR 2005, 433, 434 – Telekanzlei; OLG Frankfurt GRUR-RR 2007, 56; Köhler, a.a.O. § 8 Rn. 4.12). Es müssen dann weitere Umstände hinzutreten, die die Missbräuchlichkeit der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs begründen können.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Juli 2011, Az. I-4 U 55/11

2. Höhe der Streitwerte in der Abmahnung

Ein weiteres Indiz für Rechtsmissbrauch kann der in der Abmahnung zugrunde gelegte Gegenstandswert sein.

„Das betrifft zunächst die vom Kläger angegebenen Streitwerte in Parallelverfahren. Zwar hat der Senat bei Verstößen im Fernabsatz auch Streitwertfestsetzungen durch die Landgerichte zwischen 10.000,- und 15.000,- Euro für jeden Verstoß nicht moniert (Senat – Beschlüsse 4 W 23/08; 4 W 49/08; 4 W 50/08). Der Kläger hat sich auch grundsätzlich in diesem Rahmen bewegt, doch gibt es Ausnahmen, wie bereits im Verfahren 4 U 49/11 OLG Hamm festgestellt wurde. Ohne hinreichenden Bezug zum Angriffsfaktor hat der Kläger bei Abmahnungen höhere, teilweise deutlich überhöhte Gegenstandswerte angesetzt. Im Verfahren 13 O 164/08 LG Bochum ist ein Streitwert von 60.000,– € angegeben worden, obwohl nach späterer Auffassung von Landgericht und Senat, der mit der Streitwertbeschwerde des Klägers befasst war, nur 20.000,– € angemessen waren. Im Verfügungsverfahren 12 O 16/10 LG Bochum ist der Streitwert im Verfügungsverfahren mit 30.000,– € angegeben worden, obwohl ein solcher Wert wie auch in dem hiesigen Verfahren bereits bei der Abmahnung zugrunde gelegt worden war. Die Abmahnung musste dabei von dem Wert ausgehen, der sich auf das Hauptsacheverfahren bezog; denn das Ziel der Abmahnung ist es, den Streit der Parteien insgesamt zu erledigen. Für das Verfügungsverfahren, das nur zu einer vorläufigen Regelung führt, so dass dafür 2/3 des Hauptsachestreitwerts anzusetzen sind, hätten dann jedenfalls im hiesigen Bezirk nur 20.000,– € zugrunde gelegt werden können.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Juli 2011, Az. I-4 U 55/11.

3. Geltendmachung von nicht bestehenden Gebührenforderungen

Fordert der Abmahner vielleicht zu viel? Prüfen Sie, ob die Ansprüche überhaupt bestehen.

„Für sachfremde Motive bei der Rechtsverfolgung spricht auch, dass – wie dem Senat aus dem Verfahren 4 U 141/10 bekannt ist – mehrfach offenkundig nicht berechtigte Gebührenforderungen geltend gemacht worden sind, nämlich für die erstmalige Einforderung einer Vertragsstrafe in den Verfahren 12 O 85/10 und 12 O 101/10 LG Bochum.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Juli 2011, Az. I-4 U 55/11.

4. Missverhältnis zwischen Umsatz und Abmahntätigkeit

Könnte zwischen dem vom Abmahner erwirtschafteten Umsatz und seiner Abmahntätigkeit ein Missverhältnis liegen?

„Der Kläger hat zudem den Eindruck nicht widerlegt, dass das Verhältnis der Abmahntätigkeit in keinem angemessenen Verhältnis mehr zu seiner operativen Geschäftstätigkeit steht. Dies gilt nicht nur, wenn man mit dem Landgericht einen Jahresumsatz von 200.000,- Euro zugrunde legt, sondern auch wenn man von dem vom Kläger behaupteten Umsatz von 490.000,- Euro ausgeht. Gerade die Verbindung hoher Gegenstandswerte mit einem nicht übermäßig hohen operativen Geschäftsvolumen kann den Verdacht begründen, dass sich eine Abmahntätigkeit verselbständigt hat und vorrangig Behinderungszwecke verfolgt (Senat, Urteil vom 28.4.2009 – 4 U 216/08, MMR 2009, 865). Selbst wenn man zugunsten des Klägers die behaupteten 490.000,- Euro Jahresumsatz als richtig unterstellt, ergibt sich bereits aus dem vorliegenden Verfahren ein Kostenrisiko für den Kläger, das 8% des von ihm erzielten Jahresumsatzes erreicht. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass insgesamt 37 Verfahren gerichtsanhängig sind – und wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten hat – weitere außergerichtlich erledigte Verfahren hinzukommen, ergibt sich eine Abmahntätigkeit, die in keinem Verhältnis mehr zur regulären Geschäftstätigkeit des Klägers steht. Allein daraus ergeben sich gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Abmahntätigkeit vorwiegend sachfremden Zielen dient.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Juli 2011, Az. I-4 U 55/11.

5. Äußerungen des Abmahners in Internetforen

Hat sich der Abmahner selbst zu seiner Abmahntätigkeit geäußert, z.B. in E-Mails, Internetforen, gegenüber anderen Händlern etc.?

„Dass es dem Kläger bei seinem Abmahnverhalten nicht vorrangig um die Reinerhaltung des Wettbewerbs ging, belegen Äußerungen des Klägers in verschiedenen Internetforen. In diesen ist, auch wenn der Zusammenhang zu beachten ist und teilweise auf vorausgegangene Beiträge eingegangen wird, insbesondere am 28. August 2009 wörtlich die Rede vom „Ausschalten“ der Konkurrenz, auch wenn es im Zusammenhang mit einer Diskussion über das unterschiedliche Abmahnwesen in Deutschland und anderen Ländern geschah. Der Kläger bedauerte, dass er immer noch nach einem Trick suche, wie er mittels Abmahnung seine Konkurrenz ausschalten könne. Die Abmahnkosten und die Vertragsstrafenandrohung nach Hamburger Brauch wären noch nicht in ausreichender Weise existenzbedrohend für Mitbewerber. Dass dieser Beitrag nicht nur ironisch, sondern durchaus ernstgemeint war, zeigt eine Äußerung des Klägers in seinem Internetblog unter *internetadresse*3 aus dem Jahre 2006, dass es ihm darum gehe, in seiner Nische keinen Wettbewerber mit besonders günstigen Preisen nicht zu dulden, damit er seine Preise erhöhen könne.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Juli 2011, Az. I-4 U 55/11.

6. Die Frist zur Erfüllung der Unterlassungs- und Zahlungsansprüche ist gleich

In der Abmahnung sind immer Fristen gesetzt. Eine Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und eine weitere Frist zur Zahlung. Fallen diese vielleicht auf den gleichen Tag? Falls ja, so ist auch dies nach Auffassung des Hammer Senats ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch.

„Weitere Umstände legen nahe, dass der Kläger in den von ihm geführten Verfahren einen übermäßigen Entscheidungsdruck auf die von ihm in Anspruch Genommenen ausübt.

(1) Dazu gehört die Verkoppelung der Frist zur Zahlung der für die Abmahnung entstandenen vorgerichtlichen Gebühren mit der Frist für die Erfüllung des Unterwerfungsverlangens. Dieses Vorgehen des Klägers ist dem Senat aus dem Verfahren 4 U 137/10 bekannt geworden. Durch ein solches Verhalten wird der unzutreffende Eindruck erweckt, Unterwerfung und Kostenerstattung könnten zusammengehören und der Schuldner könne die Gefahr gerichtlicher Inanspruchnahme nur verhindern, wenn er neben der Unterlassungserklärung auch die Abmahnkosten umgehend erstattet (Senat, 4 U 24/10, 4 W 22/10). Erforderlich ist eine solche Verkoppelung nicht. Selbst im einstweiligen Verfügungsverfahren lässt sich die Dringlichkeit ausreichend dadurch wahren, dass mit kurzer Frist die Unterlassungserklärung gefordert wird. Die schnelle Kostenerstattung hängt mit der Dringlichkeit dagegen nicht zusammen. Warum dieses Verfahren vom Kläger gewählt wurde, wird nicht erklärt, auch nicht durch den Hinweis darauf, dass das Gericht eine unangemessen kurze Frist angemessen verlängern kann. Zwar ist eine zeitliche Staffelung von Abmahnfrist mit der Frist zur Begleichung der Kostenerstattung nicht per se unzulässig, in der Kombination mit anderen Indizien kann sie allerdings den Rückschluss auf die innere Motivation der Abmahnstrategie eröffnen. So ist es auch hier.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Juli 2011, Az. I-4 U 55/11.

7. Koppelung des Vertragsstrafeversprechens an den Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs

Ist der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt? Wie wurde diese formuliert?

„Nicht erforderlich ist auch die Koppelung des Vertragsstrafeversprechens an den Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs, um die Wiederholungsgefahr auszuschließen (BGHZ 121, 13 = NJW 1993, 721, 722). Vorliegend wurde der Verzicht auf die Einrede mit einer für sich genommenen noch zulässigen, aber nicht geringen Vertragsstrafeforderung in Höhe von 5.100,- Euro kombiniert. Eine solche Vertragsstrafe kann aber gerade bei Handlungen im Internet dazu führen, dass eine mehrfache Verwirkung zu insgesamt unangemessenen und außergewöhnlich hohen Gesamtstrafen und somit zu Haftungsfallen führen kann. Solche dem Kläger zugutekommenden Vertragsstrafen können einerseits erhebliches Einkommen für den Kläger generieren, andererseits den Wettbewerber empfindlich treffen und gezielt behindern. Ein sachliches Interesse an diesem Vorgehen wurde vom Kläger nicht dargelegt. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass das Vorgehen in älteren Formularbüchern empfohlen wird. Dabei wird ersichtlich übersehen, dass die Rechtsprechung die Figur des Fortsetzungszusammenhangs aufgegeben hat (BGH, Urt. v. 18.12.2008 – I ZB 32/06).“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Juli 2011, Az. I-4 U 55/11.

8. Die Vollmacht wird trotz Bitte nicht im Original vorgelegt

Die altbekannte Vollmachtsproblematik soll nicht erneut aufgewühlt werden. Bittet der Abgemahnte um Übermittlung der Vollmacht im Original, so kommen Sie diesem Wunsch doch besser nach.

„In der Sache 12 O 114/10 verweigerte der Kläger überdies die Übersendung einer Originalvollmacht, obwohl dann mit einem unbedingten Unterlassungsversprechen zu rechnen gewesen wäre. Originalvollmachten müssen zwar im Abmahnverfahren nicht schon kraft Gesetzes vorgelegt werden (BGH GRUR 2010, 1120 Tz. 15 – Vollmachtsnachweis), doch räumt die Vorlage der Vollmacht jedenfalls den Verdacht aus, dass der Prozessbevollmächtigte im eigenen Interesse und auf eigene Initiative vorgeht. Die Verweigerung der Übersendung einer Originalvollmacht ohne ersichtlichen Grund erweckt insoweit den Eindruck, dass der Kläger, der mit seinem gesamten Verhalten Druck auf den von ihm in Anspruch Genommenen aufbaut, naheliegende Mittel, diesen Eindruck zu korrigieren, nicht wählt. Sofern der Kläger einwendet, die Unterwerfung dürfe nicht unter eine (aufschiebende) Bedingung gestellt werden, ist dies nicht relevant. Zum einen wird ein solches Vorgehen in der wettbewerbsverfahrensrechtlichen Literatur durchaus für zulässig gehalten (Teplitzky, Wettbewerbsverfahrensrecht, 9. Aufl., Kap. 41 Rn. 6a), zum anderen leuchtet auch nach der Erklärung des Klägers nicht ein, warum er nicht den einfachen Weg, nämlich die Übersendung der leicht zu beschaffenden Originalvollmacht vorgenommen hat. Jedenfalls hätte sich der Inanspruchgenommene in einem solchen Fall nicht mehr darauf berufen können, dass die Voraussetzungen für sein Unterwerfungsversprechen noch nicht vorliegen.

c) Je für sich genommen sind die vorgenannten Maßnahmen zwar noch nicht Ausdruck missbräuchlicher Verhaltensweisen. Doch zeigen sie, dass der Kläger zu Maßnahmen greift, die vor allem in ihrem Zusammenwirken unverhältnismäßig und zur lauteren Rechtsverfolgung nicht erforderlich sind. Da ausreichend Indizien für ein überwiegend von sachwidrigen Erwägungen bestimmtes Vorgehen vorliegen, hat der Kläger seinerseits Umstände vorzutragen, die sein Verhalten rechtfertigen (BGH GRUR 2001, 178 – Impfstoffversand an Ärzte; GRUR 2006, 243 – MEGA-SALE; Fezer/Büscher, § 8 Rn 287). In der Regel erfordert dies die Darlegung der Abmahnpraxis.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28. Juli 2011, Az. I-4 U 55/11.

9. Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs Ein Indiz für einen Missbrauch ist es, einen Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs zu fordern (BGHZ 121, 13, 19 f.).

10. Eine geeignete Unterlassungserklärung nach Hamburger Brauch wird grundlos vom Abmahner nicht akzeptiert.

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11. Vielzahl von Verfahren (26) bei einem Landgericht

Ist der Abmahner gerichtsbekannt?

„Es ist gerichtsbekannt, dass bei den 4 Kammern für Handelssachen des Landgerichts Bochum im Jahre 2009 26 Verfahren bzw. Rechtsstreitigkeiten seitens des Klägers anhängig gemacht wurden.“

vgl. LG Bochum, Urteil vom 5.5.2010, Az: I-13 O 217/09.

12. Anzahl der Abmahnungen: 40 Stück in 9 Monaten

Ist die Anzahl der Abmahnungen bekannt? Lassen Aktenzeichen des Abmahnanwalts Rückschlüsse auf die Anzahl der verschickten Abmahnungen zu?

„In dem Verfahren 13 O 220/09 hat der Kläger selbst eingeräumt, dass er in 9 Monaten ca. 40 Abmahnungen ausgesprochen habe. Dies ist auch bei dem von ihm angegebenen Umsatz von 1,5 Millionen Euro mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren 13 O 232/09 hat der Kläger, nachdem die dortige Verfügungsbeklagte nach erster Abmahnung am 23.10.2009 eine von dem Kläger formulierte vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, in der sie sich verpflichtete, die Verwendung der beanstandeten Klauseln bei Meidung einer Vertragsstrafe von 5.000,00 EUR für jeden Fall der auch nicht schuldhaften Zuwiderhandlung zu unterlassen, bereits am Folgetag – einem Samstag – den Internetauftritt überprüft und mit Schreiben vom 26.10.2009 die Vertragsstrafe gefordert und zur Abgabe einer weiteren strafbewehrten Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe von 6.000,00 EUR für jeden Fall der auch nicht schuldhaften Zuwiderhandlung aufgefordert. Hierbei hat der Kläger dadurch zusätzlich Druck auf die dortige Verfügungsbeklagte ausgeübt, indem er ausführte, dass durch Verwendung von drei Klauseln die Vertragsstrafe eigentlich zu verdreifachen sei. Auch in anderen Fällen – zum Beispiel in den Verfahren 12 O 242/09, 12 O 240/09 und 13 O 235/09 LG Bochum hat der Kläger Vertragsstrafen in Höhe von 5.100 Euro auch für jeden Fall der nicht schuldhaften Zuwiderhandlung verlangt und die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung zeitnah überprüft. So hat er auch in dem Verfahren 12 O 242/09 LG Bochum bereits einen Tag nach der Abgabe der Unterwerfungserklärung – am 22.10.2009 -den Internetauftritt des Wettbewerbers überprüft und 4 Tage nach Abgabe der Unterwerfungserklärung eine Vertragsstrafe eingefordert und zur Abgabe einer erhöhten Vertragsstrafe aufgefordert. In dem Verfahren 13 O 189/09 LG Bochum hat der Kläger nach Erlass der einstweiligen Verfügung am 25.08.2009 und Überprüfung bereits mit Schreiben vom 02.09.2009 neu abgemahnt.“

vgl. LG Bochum, Urteil vom 5.5.2010, Az: I-13 O 217/09.

13. Vertragsstrafe auch für den Fall der nicht schuldhaften Zuwiderhandlung

Wie ist die vorformulierte Unterlassungserklärung formuliert?

„Der Umstand, dass der Kläger im vorliegenden sowie in anderen Verfahren eine Vertragsstrafe verlangt hat, die mit 5.100,00 EUR am oberen Rand liegt, und dies entgegen den üblichen Gepflogenheiten bei Abmahnungen auch auf die Fälle der nicht schuldhaften Zuwiderhandlung ausgeweitet hat, …“

vgl. LG Bochum, Urteil vom 5.5.2010, Az: I-13 O 217/09.

14. Zeitnahe Einforderung einer verwirkten Vertragsstrafe

Wann wurde die Unterlassungserklärung abgeben und wann wurde die Vertragsstrafe geltend gemacht?

„… spricht zusammen mit dem Umstand, dass der Kläger in den obengenannten Verfahren sehr zeitnah die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung kontrolliert und in dem Verfahren 13 O 232/09 bereits am nächsten Werktag nach Abgabe der Unterlassungserklärung die Vertragsstrafe angefordert hat, sowie mit der Zahl der Abmahnungen dafür, dass der Kläger es darauf anlegt, aus den Unterlassungserklärungen Vertragsstrafen zu erzielen, die so bemessen sind, dass sie auch angesichts des behaupteten Umsatzes von 1,5 Millionen Euro eine nicht unerhebliche Einkommensquelle für den Kläger darstellen. Wenn der Kläger in seiner Abmahnung eine Vertragsstrafe von 5.100,00 EUR für einen nicht sehr schwerwiegenden Verstoß fordert, und zwar für jeden Verstoß einzeln, und die Vertragsstrafe noch dazu auch im Falle des fehlenden Verschuldens gezahlt werden, zeigt allein diese Ausgestaltung der Vertragsstrafe, dass es dem Kläger in erster Linie um die Generierung von Forderungen gegangen ist. Im Zusammenhang mit der zeitnahen Überprüfung der beanstandeten Werbung in den obengenannten Fällen gewinnt die Forderung nach einer Vertragsstrafe auch bei schuldlosem Verstoß eine besondere Bedeutung. Denn durch den Ausschluss der Exkulpationsmöglichkeit ist dem Schuldner der Einwand abgeschnitten, den Wettbewerbsverstoß so kurzfristig nicht abstellen zu können. Dieser Ausgestaltung der Vertragsstrafe in Verbindung mit der zeitnahen Überprüfung des Internetauftritts der Schuldner wird so für Schuldner zu einer gewissermaßen unentrinnbaren Falle.“

vgl. LG Bochum, Urteil vom 5.5.2010, Az: I-13 O 217/09.

15. Verlängerbarkeit der Zahlungsfrist wird bereits in der Abmahnung verweigert

Bis wann erwartet der Abmahner die Zahlung? Wie sieht es mit einer Fristverlängerung aus?

„… Dass die eigentliche Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes beim Kläger in Hintergrund getreten ist, zeigt sich auch daran, dass Unterlassungsanspruch und Kostenforderung bei der Frage der Fristverlängerung miteinander verquickt worden sind. Auch wenn in der Abmahnung zu Recht darauf hingewiesen wird, dass die Abgabefrist für die Unterlassungserklärung wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit nicht verlängert werden könne, bleibt unverständlich, weshalb in diese fehlende Verlängerungsmöglichkeit auch die Zahlungsfrist mit einbezogen worden ist (vgl. OLG Hamm I-4 W 22/10).“

vgl. LG Bochum, Urteil vom 5.5.2010, Az: I-13 O 217/09.

16. Rund 20 Abmahnungen binnen 4 Monaten nach Eintragung im Handelsregister

Seit wann betreibt der Abmahner sein Gewerbe? Wann war die Handelsregistereintragung?

„Allerdings ergibt sich hier aus einer Gesamtschau der vorliegenden Indizien, dass der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch missbräuchlich geltend gemacht wurde. Diese missbräuchliche Geltendmachung liegt insbesondere dann vor, wenn sachfremde Ziele – wie das Interesse, den Gegner durch möglichst hohe Prozesskosten zu belasten – als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. BGH vom 5.10.2000, I ZR 237/98). Aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt sich, dass der Verfügungskläger allein im Zeitraum vom 21.7.2008 bis 29.8.2008 13 Abmahnungen vorgenommen hat mit einer Kostennote von jeweils 899,40 Euro, insgesamt also 11.692,20 Euro. Ferner ergibt sich aus dem vorgelegten Hauptverhandlungsprotokoll vor dem Landgericht Marburg, Az. 2 O 252/08 (Bl. 29 ff. d. A.), dass bis zum Zeitpunkt der dortigen mündlichen Verhandlung am 9.9.2008 ca. 20 Abmahnungen von der Verfügungsklägerin erstellt worden sind. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Verfügungsklägerin erst zum 30.5.2008 eingetragen worden ist, ergibt sich bereits aus der Zahl der Abmahnungen, dass ihre Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu ihren behaupteten gewerblichen Tätigkeiten gestanden hat. Insofern ergibt sich aus dem Original der vorgelegten Anlage AS 1 und dem unstreitigen Vortrag der Verfügungsbeklagten, dass am 29.7.2008 auf der Startseite von … stand:“

vgl. LG Würzburg, Urteil vom 21.Oktober 2008, Az. 14 O 1631/08.

17. Geringe bis gar keine Verkaufsaktivität: nur 5 Artikel im Onlineshop

Wie viele Artikel hat der Abmahner online? Hat er ein Ladenlokal? Wie ist die Verkaufsaktivität?

„Darüber hinaus hat die Verfügungsbeklagte vorgetragen, dass zum Zeitpunkt der Abmahnung vom 28.7.2008 „kein Katzenhalsband und außer 5 weiteren Artikeln nichts in den Onlineshop eingestellt gewesen sei“. Dem ist die Verfügungsklägerin nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten. Sie hat diese Behauptung lediglich mit Nichtwissen bestritten. Da es sich hierbei um Tatsachen handelt, die der Verfügungsklägerin genau bekannt sein müssen, ist ein Bestreiten mit Nichtwissen hier nicht ausreichend substantiiert. Aus diesem Grund hat das Gericht auch davon abgesehen, den präsenten Zeugen … wie von Beklagtenseite beantragt, zu vernehmen.“

vgl. LG Würzburg, Urteil vom 21.Oktober 2008, Az. 14 O 1631/08.

18. Die Ware wird zu weit überteuerten Preisen angeboten

Werden die vom Abmahner selbst angebotenen Artikel zu realistischen Preisen angeboten, oder ist die Ware überteuert?

„Ferner hat die Verfügungsbeklagte durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im Termin vom 21.10.2008 glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsklägerin Artikel zu weit überhöhten Preisen anbiete. Die Verfügungsbeklagte führte hier beispielsweise ein Medikament für Aquaristik auf, die Verfügungsklägerin habe hierbei 8 Tabletten zu einem üblichen Preis von sonst 100 Tabletten angeboten. Ferner habe sie einen Luftbefeuchter für ein Terrarium zu einem etwa 100 % überhöhten Preis angeboten. Ein „Anti-Bell-Halsband“ sei von ihr für 199,99 Euro angeboten worden. Tatsächlich regulär sei ein Preis von 119,– Euro bzw. 99,– Euro.

Das Gericht wertet dies als ein weiteres Indiz für ein missbräuchliches Vorgehen der Verfügungsklägerin. Angebote in einem Onlineshop, die Artikel zu völlig überhöhten Preisen anbieten, legen den Verdacht nahe, dass möglicherweise der Verkauf der Artikel nicht ernstlich beabsichtigt ist bzw. war. Jedenfalls aber ergibt sich aus der Gesamtschau der Zahl der Abmahnungen im Zeitraum Juli/August 2008, dem Umstand, dass zum 29.7.2008 im Onlineshop offensichtlich noch keine konkreten Angebote und lediglich 5 Artikel in den Onlineshop der Klägerin eingestellt waren und dem Umstand, dass jedenfalls zum Teil Artikel mit deutlich überhöhten Preisen in den Shop eingestellt waren, dass die Abmahntätigkeit aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Gewerbetreibenden lediglich dem Gebühreninteresse des beauftragten Rechtsanwaltes dienen kann.“

vgl. LG Würzburg, Urteil vom 21.Oktober 2008, Az. 14 O 1631/08.

19. Trotz Vorliegens einer Honorarvereinbarung werden (deutlich höhere) tatsächlich nicht entstandene Aufwendungen in Höhe der Wertgebühren des RVG nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG geltend gemacht

Hat der Abmahner mit seinem Rechtsanwalt vielleicht eine Vergütungsvereinbarung getroffen? Wird auch nur das verlangt, auf was ein Anspruch besteht?

„§ 8 IV UWG nennt als typisches Beispiel eines Missbrauchs die Geltendmachung eines Anspruchs, wenn er vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen entstehen zu lassen. Nach dem durch die eidesstattliche Versicherung vom 20. April 2009 bestätigten Vorbringen des Antragsstellers entstehen ihm aufgrund einer offenbar für die außergerichtliche Tätigkeit mit seinem Rechtsanwalt getroffenen Honorarvereinbarung für jede von seinem Rechtsanwalt ausgesprochene Abmahnung Kosten in Höhe von pauschal (nur) … Euro. Gleichwohl macht er – wie die Abmahnung vom 13.03.2009 und die in den Akten der Sachen … und … eingereichten Abmahnungen zeigen – gegenüber den Abgemahnten Aufwendungsersatzansprüche geltend, die nach den Gebührenvorschriften des RVG berechnet werden. In der Sache … wurden diese nach einem Wert von 10.000 Euro berechnet, was bei einem Gebührensatz von 1,3 zu Gebühren von 651,80 Euro führt. In der hiesigen Sache und der Sache … wurde in der Abmahnung zwar ein konkreter Wert nicht genannt und auch die jeweils übermittelte Gebührennote nicht zu den Gerichtsakten gereicht, doch sind auch in dieser Sache jeweils wertabhängige Gebühren nach dem RVG berechnet worden; in der hiesigen Sache wurde sogar auf eine in vergleichbaren Fällen erfolgte Wertfestsetzung von 30.000,- Euro hingewiesen. Der Antragssteller, der gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nur Ersatz er ihm tatsächlich entstandenen Aufwendungen verlangen kann, macht damit Ansprüche geltend, die … Euro deutlich übersteigen, obwohl ihm Aufwendungen nach den Gebührenvorschriften des RVG für die Abmahntätigkeit nach dem eigenen Vorbringen nicht entstehen. Ein Gewinnerzielungsinteresse entweder des Antragsstellers selbst oder seines Rechtsanwaltes liegt damit auf der Hand.“

vgl. LG Berlin, Beschluss vom 30.4.2009, Az. 96 O 60/09.

20. Der Abmahner geht gegen die juristische Person und gegen die Geschäftsführer ohne sachlichen Grund gesondert vor.

Bei juristischen Personen und Personengesellschaften ist die Unterlassungserklärung bekanntlich nicht nur von der Gesellschaft selbst abzugeben, sondern auch persönlich von deren  Repräsentanten, also von den Personen, die das wettbewerbswidrige Angebot selbst veröffentlicht, den Auftrag hierzu erteilt oder trotz Kenntnis vom wettbewerbswidrigem Angebot dieses pflichtwidrig nicht verhindert haben. Regelmäßig handelt es sich hierbei um die Geschäftsführer.

„Entscheidend spricht für die Rechtsmissbräuchlichkeit des Klagebegehrens, dass der Kläger ohne sachlich nachvollziehbaren Grund Unterlassungsansprüche wegen desselben Verstoßes gegen die Firma P Online GmbH und gegen die Beklagte in getrennten Verfahren verfolgt. Die Einlassung des Klägers, er habe den Verfügungsantrag in dem Verfahren 14 O 178/08 LG Bochum zunächst allein gegen die GmbH gerichtet, da aus den Angeboten nicht eindeutig zu entnehmen gewesen sei, ob die Angebote von den Geschäftsführern selbst oder jedenfalls mit ihrer Kenntnis veröffentlicht worden seien und dies erst aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 08.12.2009 erfahren, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen hat der Kläger selbst in der vorformulierten Unterlassungserklärung als Erklärende sowohl die P-Online GmbH als auch beide Beklagte angegeben. Zum anderen wäre es bei kleinen Unternehmen, wie die Beklagte, die in dem aus dem Internet ersichtlichen Umfang online mit Computerartikeln handeln, lebensfern, anzunehmen, dass Angebote ohne Wissen der Geschäftsführer eingestellt werden. Für die Verfolgung in unterschiedlichen Verfahren besteht kein vernünftiger Grund. Dies lässt nur den Schluss zu, dass es dem Kläger um die Vervielfachung der Belastung des Kostenrisikos auf Gegnerseite geht. „

vgl. LG Bochum, Urteil vom 21.04.2010, Az. 13 O 261/09.

21. Mehrfachabmahnungen, obwohl eine Bündelung hätte erfolgen können

Wird möglicherweise im Wege einer sogenannten Salami-Taktik abgemahnt?

„Hinzu kommt, dass der Kläger mehrere Abmahnungen ausgesprochen hat, die von vornherein hätten gebündelt werden können. Eine Mehrfachverfolgung ist missbräuchlich, wenn Möglichkeiten bestehen, eine den Gegner weniger belastende Verfahrenskonzentration zu wählen und das Vorgehen schonender zu gestalten (vgl. Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 28. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 4.16 f.).“

vgl. LG Bochum, Urteil vom 21.04.2010, Az. 13 O 261/09.

22. Hinweis auf höhere Kosten, setzen enger Fristen, hohe Vertragsstrafe

Droht der Abmahner mit deutlich höheren Kosten, wenn Sie sich nicht fristgerecht unterwerfen? Ist eine konkrete Vertragsstrafe vorgesehen?

„Für Rechtsmissbrauch spricht ferner der Umstand, dass der Kläger durch Hinweis auf höhere Kosten und Setzen enger Fristen erheblichen Druck ausübt und eine mit 7.000,00 € sehr hohe Vertragsstrafe verlangt. Die Gesamtabwägung ergibt daher nach Auffassung des Gerichts, dass von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Klägers auszugehen ist.“

vgl. LG Bochum, Urteil vom 21.04.2010, Az. 13 O 261/09.

23. Das Handeln des Abmahners zielt auf Vergeltung ab, weil er zuvor selbst vom Schuldner abgemahnt wurde

Liegt eine Retourkutschenabmahnung vor?

„Offen zu Tage liegt die Rechtsmissbräuchlichkeit, wenn das Handeln des Antragsstellers auf Vergeltung abzielt, weil ihn die Antragsgegnerin zuvor, offenbar berechtigt, ihrerseits wegen eines Wettbewerbsverstoßes abgemahnt hat.“

vgl. LG Paderborn, Beschluss vom 22.07.2010, Az. 6 O 43/10.

24. Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind unbegründet

Sind die geltend gemachten Unterlassungsansprüche überhaupt begründet?

„Soweit der Antragsteller zu Ziff. 1) eine Widerrufsbelehrung auf der Internetplattform … der Antragsgegnerin überhaupt vermisst, erfolgt diese Rüge zu Unrecht und liegt ein Verstoß gegen § 312c BGB i.V.m. der BGB-InfoV bereits nicht vor. Gemäß § 312c Abs. 1 S. 1 BGB hat die Belehrung des Verbrauchers über das Widerrufsrecht in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich und unter Angabe des geschäftlichen Zwecks zu erfolgen. Dem genügt die Widerrufsbelehrung, wie sie die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit ihren Angeboten dem Verbraucher tatsächlich zur Verfügung stellt. Wie der Antragsteller selbst einräumt (Anlage K 4 Blatt 2), befindet sich über dem konkreten Angebot der Antragsgegnerin eine Reiterzeile, welche auch den Reiter „Widerrufsbelehrung“ beinhaltet. Klickt man, wie es jedenfalls auch der Kammer möglich war, diesen Reiter an, wird unmittelbar der vollständige Text der Widerrufsbelehrung angezeigt. Soweit der Antragsgegner rügt, dass aber der unter dem Angebot in der Zeile „Bitte beachten Sie die Hinweise zum Widerrufsrecht und unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen.“ enthaltene weitere Link zum Widerrufsrecht nicht funktioniert habe und die Antragsgegnerin insoweit einen vorübergehenden Verlinkungsfehler auch einräumt, ändert das nichts daran, dass es dem Verbraucher möglich war und ist, die Widerrufsbelehrung über den in der Reiterzeile befindlichen Link zur Kenntnis zu nehmen. Hierin liegt auch keine Irreführung.

Soweit der Antragsteller zu Ziff. 2 die erteilte Widerrufsbelehrung inhaltlich insoweit beanstandet, als sie den Verbraucher dahingehend belehrt, dass er im Falle des berechtigten Widerrufs die Rücksendekosten zu tragen habe, falls der Preis der zurückzusendenden Ware den Betrag von 40,00 EUR nicht übersteige, erfolgt diese Beanstandung zwar grundsätzlich zu Recht. Nach § 357 Abs. 2 S. 3, 1. Alternative BGB dürfen dem Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendung einer Sache, deren Wert den Betrag von 40,00 EUR nicht übersteigt, „vertraglich“ auferlegt werden. Eine solche vertragliche Vereinbarung liegt hier indes nicht vor. Diese muss gesondert erfolgen und kann nicht in der Belehrung über die Widerrufsfolgen gesehen werden. Sie kann zwar auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen werden. Eine solche gesonderte Vereinbarung liegt aber auch dann nicht vor, wenn lediglich die Widerrufsbelehrung in sich abgeschlossen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen untergebracht wird, wie das vorliegend der Fall ist (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 30.03.2010 – 4 U 212/09-). Dieser Verstoß fällt aber, auch wenn er vorliegend die Bagatellgrenze übersteigt, nicht erheblich ins Gewicht. Mitbewerber werden nicht erheblich beeinträchtigt, da die beanstandete Klausel für den Verbraucher Nachteiliges formuliert und ihn deshalb eher von dem Kauf abhalten wird. Insbesondere aber ist das Bemühen der Antragsgegnerin erkennbar, sich durch die Wiederholung der Widerrufsbelehrung in ihren AGB gesetzeskonform zu verhalten und die gesetzlichen Voraussetzungen für die erforderliche Vereinbarung der Kostentragungspflicht zu schaffen.

Soweit der Antragsteller mit seinen Anträgen zu Ziff. 3) des Weiteren AGB-Klauseln des Antragsgegnerin beanstandet, liegt ein wettbewerbsrechtlich zu beanstandender Verstoß wiederum nicht vor und verfügt er als Mitbewerber auch nicht über die Klagebefugnis nach § 3 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG). Bei dem § 307 ff. BGB handelt es sich ebenso wie bei den sonstigen Vorschriften des BGB, nach denen vertragliche Absprachen unwirksam sein können –z.B. §§ 134, 138, 242 BGB-, um Bestimmungen, die darauf gerichtet sind, das individuelle Verhältnis der Vertragsparteien zu regeln. Nicht jede Verwendung einer nach den §§ 307 ff. BGB unwirksamen AGB-Klausel ist auch wettbewerbswidrig nach § 4 Nr. 11 UWG. Unabhängig vom fehlenden Vorrang des Unterlassungsklagengesetzes sprechen schon systematische Gesichtspunkte gegen eine richterliche AGB-Inhaltskontrolle im Wettbewerbsprozess. Das Verbandsklagerecht aus § 1 UKlaG wäre funktionslos, wenn die gemäß § 3 Abs. 1 UKlaG anspruchsberechtigten Stellen auf der Grundlage ihrer inhaltlich korrespondierenden Klagebefugnis aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 – 4 UWG immer auch aus § 4 Nr. 11 UWG gegen die Verwendung unwirksamer AGB vorgehen könnten. Auch deshalb schließt sich die Kammer der Rechtsprechung an, wonach es für den Tatbestand des § 4 Nr. 11 UWG nicht ausreicht, dass die beanstandete AGB-Bestimmung ausdrücklich oder erkennbar auch Verbraucher schützt; vielmehr kommt es auf deren Schutz als am Markt agierende Personen an. Nur dann kommt ihr eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion zu Gunsten der Marktteilnehmer zu, wie sie der Rechtsbruchtatbestand voraussetzt (vgl. OLG Köln NJW 2007, 724; OLG Hamburg NJW 2007, 2264). Letzteres ist dann der Fall, wenn die beanstandete AGB-Klausel z.B. die sich aus §§ 355, 312 c BGB i.V.m. der BGB-InfoV ergebenden Belehrungspflichten hinsichtlich des Widerrufs- und Rückgaberechts betrifft, sich also unmittelbar mit der Vertragsanbahnung befasst, und ist demgegenüber nicht der Fall, wenn die beanstandete Klausel die Abwicklung des Vertrages regeln soll. Letzteres ist bei den vom Antragsteller beanstandeten AGB-Klauseln der Antragsgegnerin indes der Fall. Ein wettbewerbsrechtlich zu beanstandender Verstoß liegt deshalb in keinem Fall vor.

Der demgemäß vorliegend lediglich gerechtfertigten Beanstandung zu Ziff. 2 der Antragsschrift, welche als solche nicht besonders schwer wiegt, steht vorliegend eine völlig überzogene Reaktion des Antragstellers und im Zusammenwirken mit ihm weiterer Mitbewerber gegenüber. Nicht damit genug, dass er nach vorausgehender Abmahnung im vorliegenden Verfahren nicht lediglich die zu beanstandende Belehrung über die Rücksendekosten zum Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens macht, überzieht er die Antragsgegnerin mit fünf weiteren Unterlassungsanträgen, die sämtlich nicht begründet sind.“

vgl. LG Paderborn, Beschluss vom 22.07.2010, Az. 6 O 43/10.

25. Mehrere Verfügungsverfahren wegen des gleichen Verstoßes auf einer anderen Internetplattform und Forderung nach Kostenerstattung

Ein Verstoß, z.B. alte Widerrufsbelehrung. Bei eBay liegt der Verstoß vor, bei Amazon, bei Yatego und auch im Shop. Kann jetzt 4 mal getrennt abgemahnt werde? 4 Mal Kostenerstattung? 4 getrennte Gerichtsverfahren? NEIN !!!

„Zeitgleich erhebt er in dem Verfahren 6 O 44/10 vor der Kammer gegen die Antragsgegnerin Unterlassungsklage, mit welcher er aus demselben Grund, also wiederum wegen des Hinweises, dass der Verbraucher Rücksendekosten bei einem Wert der zurückzusendenden Sache bis 40,00 EUR zu tragen habe, die Widerrufsbelehrung beanstandet, die die Antragsgegnerin in ihrem eBay-Shop verwendet, und verlangt im Klagewege des Weiteren die Erstattung der Kosten der vorausgegangenen Abmahnung in Höhe von 1.005,40 EUR und nochmals von 1.192,60 EUR für die im vorliegenden Verfahren vorausgegangene Abmahnung vom 22.03.2010.“

vgl. LG Paderborn, Beschluss vom 22.07.2010, Az. 6 O 43/10.

26. Ein Wettbewerbsverstoß wird im Auftrag von 5 Mitbewerbern durch denselben Rechtsanwalt an verschiedenen Gerichten verfolgt

Wie viele Mandanten vertritt Ihr Rechtsanwalt (unterstellt Sie sind einer der Auftraggeber)? Das Wissen Ihres Rechtsanwaltes wird Ihnen möglicherweise zugerechnet.

„Damit nicht genug vertreten die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers unwidersprochen mittlerweile mindestens fünf sog. „große“ Anbieter im Bereich Schulranzen und haben sie die Antragsgegnerin zwischenzeitlich mit Abmahnungen an den unterschiedlichsten Gerichten wegen desselben sich aus der verwendeten Widerrufsbelehrung ergebenden Wettbewerbsverstoßes geradezu „überschwemmt“. Auf Seite 11 der Antragserwiderung vom 03.05.2010 wird insoweit Bezug genommen. Das angeblich der Antragsgegnerin zwischenzeitlich anzulastende Gesamtrisiko „ihrer“ Rechtsstreitigkeiten beziffern die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers selbst zwischen 50.000,00 bis 100.000,00 EUR (Anlage B 10). Nach der Rechtsprechung ist von einem Missbrauch i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 02.03.2010 –I 4 U 217/09-; Beschl. v. 18.03.2010 – 4 U 223/09-). Diese müssen zwar nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein, aber eindeutig überwiegen. Als typischen Beispielsfall eines sachfremden Motivs nennt das Gesetz ausdrücklich das Gebührenerzielungsinteresse. Gleichermaßen sachwidrig ist es, wenn zusätzlich mit dem Entstehenlassen hoher Gebühren wegen eines zwar eindeutigen, aber eher geringfügigen Wettbewerbsverstoßes die Absicht verfolgt wird, einen, zumal kleinen Mitbewerber vom Markt zu drängen. Hiervon geht die Kammer für den vorliegenden Fall unter Wertung aller Umstände aus.“

vgl. LG Paderborn, Beschluss vom 22.07.2010, Az. 6 O 43/10.

27. Der Abmahner hat sich auf die Verfolgung eines bestimmten Wettbewerbsverstoßes spezialisiert

Wird immer nur ein und derselbe Verstoß abgemahnt?

„Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin 11 weitere Abmahnungen ausgesprochen hat, und zwar alle nach demselben Muster. Nach der Behauptung der Beklagten begründete die Klägerin jede der erfolgten Abmahnungen wie im vorliegenden Fall auch mit einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung durch den fehlenden Hinweis auf den Erhalt einer gesonderten Belehrung in Textform. Die Klägerin hat dies nicht in Abrede gestellt, sondern ihr Verhalten nur zu erläutern versucht. Es spricht aber nicht für eine ernsthaft gemeinte Überwachung des lauteren Wettbewerbs, wenn sich ein Wettbewerber nur auf die Verfolgung eines bestimmten Wettbewerbsverstoßes gewissermaßen spezialisiert. Dies zeigt, dass es ihm eben nicht insgesamt um die Wahrung des lauteren Wettbewerbs zu tun ist.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2009, Az: 4 U 211/08.

28. Rechtsanwalt und Abmahner sind miteinander verwandt: Neffe

Könnte der Abmahner mit dem beauftragten Rechtsanwalt verwandt sein? Namensgleichheit, selbe Anschrift?

„Wenn dann noch der Anwalt der Klägerin der Neffe des Inhabers der Klägerin ist, schließt sich der Kreis, dass die Abmahntätigkeit der Klägerin nicht deshalb erfolgt, um die Wettbewerber zum Schutz ihrer eigenen Tätigkeit zu wettbewerbsrechtskonformem Verhalten anzuleiten, sondern dass die Klägerin hier nur eine gewinnbringende Beschäftigung betreiben will.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2009, Az: 4 U 211/08.

29. Umsatz und Abmahntätigkeit sind unverhältnismäßig: 200 EUR im Monat

Welchen Umsatz macht der Abmahner? Anzahl der Verkäufe? Schauen Sie sich bei eBay doch einmal das Bewertungsprofil des Abmahners an.

„Vor allem steht der eigene Umsatz der Klägerin in keinem Verhältnis zu dieser umfangreichen Abmahntätigkeit in relativ kurzer Zeit. Unwidersprochen hat die Beklagte dargelegt, dass die Klägerin einen monatlichen Umsatz von maximal 200,00 € erzielt.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2009, Az: 4 U 211/08.

30. Die Geschäftskreise der Parteien überschneiden sich nur geringfügig

Handeln beide Parteien mit den gleichen Waren?

„Dieser Eindruck wird auch dadurch verstärkt, dass sich die Geschäftskreise der Parteien nur geringfügig überschneiden, nämlich nur im Bereich von Geldbörsen und Taschen. Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung für sich in Anspruch nimmt, wie die Beklagte ebenfalls auch Schmuck zu vertreiben, hätte sie dies angesichts ihres gegenteiligen erstinstanzlichen Vortrages detaillierter dartun müssen, worauf und zu welchen Prozentzahlen ihr Angebot aufzuschlüsseln ist.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2009, Az: 4 U 211/08.

31. Die Unterlassungsansprüche werden nicht konsequent verfolgt

Verfolgt der Abmahner die mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche konsequent weiter?

„Schließlich spricht auch die eigene Einlassung der Klägerin für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten, soweit es die Verfolgung der ausgesprochenen Abmahnungen betrifft. Dass sich die Klägerin bei Herrn D großzügig gezeigt hat, ist wegen des sozialen Engagements des Herrn D sicher verständlich und anerkennenswert. Bei Herrn N ist dieser Großmut schon weniger nachvollziehbar, wenn es der Klägerin nur darum gegangen wäre, für die Lauterkeit des Wettbewerbs Sorge zu tragen. Allein der Umstand, dass schon gegen die Mutter ein wettbewerbsrechtliches Unterlassungsurteil ergangen war, ist an sich kein Grund, auf die Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes des Sohnes zu verzichten.

Bei Herrn B hat sich die Klägerin aus unerfindlichen Gründen damit zufrieden gegeben, dass der abgemahnte Verletzer seinen Internetauftritt korrigiert hat.

Gleiches gilt im Falle E. So zeigt die eigene Darstellung der Klägerin schon, dass hier von einer konsequenten Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zum Schutz des lauteren Wettbewerbs nicht die Rede sein kann. Die Klägerin hat sich eher wie ein Wettbewerbspolizist geriert, der im Einzelfall Gnade vor Recht ergehen lässt. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ist dem Mitbewerber aber gerade deshalb die Klagebefugnis zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gegeben, um seine eigenen Wettbewerbsinteressen verfolgen zu können. Diesen Interessen ist aber regelmäßig erst dann gedient, wenn der abgemahnte Wettbewerbsverstoß endgültig und mit Sicherheit abgestellt ist, also durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung des Abgemahnten oder durch dessen Verurteilung.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2009, Az: 4 U 211/08.

32. Abmahner beantragt Reduzierung des Streitwertes und verlangt für die Abmahnung trotzdem die Kosten nach dem höheren Wert.

Welcher Gegenstandswert wurde in der Abmahnung für die Erstattung der Kosten angegeben? Kam es zu einem Verfahren? Wurde der Streitwert vom Gericht festgesetzt? Wurde eine Streitwertreduzierung beantragt?

„Gegen den Gegenstandswert der Abmahnung mit 10.000,00 € kann man zwar nicht unbedingt etwas sagen. Allerdings ist unverständlich, weshalb die Klägerin die Abmahngebühr immer noch nach einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 € berechnet, obwohl sie selbst mit der Herabsetzung des Streitwertes auf 5.000,00 € durch das Landgericht einverstanden war. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnte die Vertreterin der Klägerin diesen Widerspruch nicht erklären.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2009, Az: 4 U 211/08.

33. Einsatz eines Prozessfinanzierers, der dem Abmahner jegliches Kostenrisiko abnimmt, der Abmahner aber trotzdem an Vertragsstrafen beteiligt werden soll

Gibt es einen Prozessfinanzierer? Trifft den Abmahner überhaupt ein Risiko? Was hat der Abmahner davon?

„Hier kommt jedoch – wie bereits in dem oben genannten Verfahren 5 W 34/08 des hiesigen Prozessbevollmächtigten für eine andere Mandantin – entscheidend dazu, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit der M. –P. – und B. GmbH (im Folgenden: M.) zusammen arbeitet, deren vormaliger Geschäftsführer H. F. eine kostenfreie Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche durch die M. unter Einschaltung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin bewarb, wobei anfallende Vertragsstrafen zwischen dem Kunden und der M. hälftig geteilt werden sollten. Der Administrator der Internetseite “m.-p. de” ist ein Verwandter des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und gab dessen Kanzleianschrift als seine Adresse an.“

vgl. KG Berlin, Beschluss vom 03.08.2010, Az: 5 U 82/08.

34. Ein Rechtsanwalt vertritt mehrere Auftraggeber (6) und geht gemeinsam gegen einen Mitbewerber vor

Geht der Rechtsanwalt im Auftrag unterschiedlicher Auftraggeber gegen ein und den gleichen Gegner wegen eines identischen Wettbewerbsverstoßes vor?

„Im vorliegenden Fall spricht alles für ein solches vorherrschendes Kostenbelastungsinteresse des Antragstellers in Bezug auf den Antragsgegner als ihn zuvor abmahnenden Wettbewerber. Die Abmahnung des Antragstellers steht nämlich nicht für sich. Es gab insgesamt sechs Abmahnungen von gleichfalls zuvor abgemahnten Mitbewerbern des Antragsgegners, denen überwiegend identische Verstöße zugrunde lagen. Nachdem sich der Antragsgegner nach den gleichlautenden Abmahnungen gegenüber dem Antragsteller ebenso wie gegenüber den Mitbewerbern Q und A unterworfen hatte, haben alle drei einen einheitlichen Verstoß gegen die ihnen gegenüber eingegangene Unterlassungsverpflichtung zum Anlass genommen, den Antragsgegner am selben Tag erneut abzumahnen und von ihm das Versprechen einer höheren Vertragsstrafe zu verlangen. Diese Art der Mehrfachverfolgung des Antragsgegners mit ihren ganz erheblichen Kostenrisiken für diesen war nicht erforderlich, um das legitime Ziel des Antragstellers zu erreichen, die wettbewerbswidrige Präsentation seiner Internetangebote verbieten zu lassen. Dazu hätte vielmehr ein einziger Titel ausgereicht (vgl. BGH GRUR 2000, 1089 – Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung Rdn. 36 bei juris). Solch eine nicht erforderliche Mehrfachverfolgung lässt aus objektiver Sicht nur den Schluss zu, dass vielfache Kostenerstattungsansprüche und mögliche vielfache Vertragsstrafenansprüche produziert und dann auch verfolgt werden sollten.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2011, Az: 4 U 9/11.

35. Die Mehrfachverfolgung beruht auf einem abgestimmten oder zentral koordinierten Verhalten der Unterlassungsgläubiger

Haben sich die Unterlassungsgläubiger abgesprochen?

„Das Vorgehen des Antragstellers ist allerdings nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich, weil vorher oder gleichzeitig ein anderer Anspruchsberechtigter bei dem gleichen oder einem anderen Gericht gegen den Verletzer vorgegangen ist. Das gilt im Grundsatz sogar auch dann noch, wenn bei einer solchen massierten Rechtsverfolgung derselbe Anwalt eingeschaltet wurde (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, § 8 UWG Rdn. 4.15a mit weiteren Nachweisen auch auf Senat GRUR 1999, 361, 362). Die Mehrfachverfolgung ist aber jedenfalls dann missbräuchlich, wenn sie auf einem abgestimmten oder zentral koordinierten Verhalten der Unterlassungsgläubiger beruht, für das kein vernünftiger Grund vorliegt, und wenn die Vervielfachung der Belastung und das Kostenrisiko beim Anspruchsgegner unangemessen erscheint (vgl. BGH -Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung a.a.O. Rdn. 21; Köhler/ Bornkamm, a.a.O. Rdn. 4.16). Diese Voraussetzungen liegen hier sämtlich vor.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2011, Az: 4 U 9/11.

36. Rechtsanwalt als Wissensvertreter, § 166 Abs. 1 BGB analog

Weiß der Rechtsanwalt vielleicht mehr, als die von Ihm vertretenen Unterlassungsgläubiger?

„Der Antragsteller stellt zwar in Abrede, dass es sich bei der Mehrfachverfolgung aus seiner Sicht um ein abgestimmtes Verhalten gehandelt habe. Er hat zunächst vorgetragen, dass er nicht gewusst habe, dass auch die anderen Mitbewerber den Antragsgegner wegen desselben Verstoßes abgemahnt hätten und dieser auch den anderen Mitbewerbern gegenüber eine Unterlassungserklärung abgegeben hat. Diesen Vortrag will der Antragsteller nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung aber nicht mehr aufrechterhalten. Er hat vorgetragen, dass er über die weiteren Abmahnungen und das sich aus ihnen ergebende Risiko der fehlenden Erstattung der Abmahnkosten aufgeklärt worden sei und dennoch auf der eigenen Abmahnung bestanden habe. Auf eine bewusste Abstimmung kommt es aber deshalb noch nicht einmal an, weil es sich hier um ein von Rechtsanwalt H als bevollmächtigten Anwalt des Antragstellers koordiniertes Verhalten handelt, das auch diesem zu Gute kommen sollte. Angesichts dessen musste sich der Antragsteller die Kenntnisse des Rechtsanwalts H in Bezug auf die Gesamtumstände nach dem Rechtsgedanken der Wissenszurechnung in analoger Anwendung des § 166 I BGB zurechnen lassen.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2011, Az: 4 U 9/11.

37. Abmahner will eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen

Ist in der Unterlassungserklärung eine Gerichtsstandsvereinbarung vorgesehen?

„Schließlich fügt sich in dieses Bild auch noch die Gerichtsstandsvereinbarung Bochum ein, dem Sitz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die selbst ihren Sitz in F, also im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Münster hat. Auch der Sitz der Beklagten ist nicht C, sondern X. Diese Gerichtsstandsvereinbarung lässt sich mithin nur so erklären, dass dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Arbeit erleichtert werden soll. Auch dies hat mit der besseren Verfolgungsmöglichkeit von Wettbewerbsverstößen durch die Klägerin nichts mehr zu tun.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 17.08.2010, Az: 4 U 62/10.

38. Die zu erstattenden Abmahnkosten werden vom Abmahner vom übrigen Text grafisch hervorgehoben.

Wie deutlich weist der Abmahner auf die zu erstattenden Kosten hin? Vielleicht in Fettschrift? Zentriert? In Großbuchstaben?

„Neben der Erzielung von Vertragsstrafen steht erkennbar für die Klägerin auch die Erstattung der Abmahnkosten im Vordergrund. Denn bei der Abmahnung wird der unzutreffende Eindruck erweckt, Unterwerfung und Kostenerstattung gehörten zusammen. Beide werden bei der Frage der Fristverlängerung miteinander verquickt, ohne dass dies erforderlich ist. Wenn sich bei der Abgabe der Unterlassungserklärung im Regelfall wegen der Dringlichkeit eine Fristverlängerung verbietet, kann das für die Frist, die für die Erstattung der Kosten gesetzt wird, nicht gelten. Es ist bemerkenswert, dass im Rahmen der vorformulierten Unterlassungserklärung in großer Schrift und unterstrichen die Fälligkeit der an den Anwalt zu zahlenden Gebühren hervorgehoben wird. Für den Schuldner muss dies den Eindruck erwecken, dass er die Gefahr gerichtlicher Anspruchnahme nur dadurch verhindern kann, dass er neben der Unterlassungserklärung auch die Abmahnkosten umgehend erstattet. In diesen Eindruck fügt sich ein, dass die Erstattung der Abmahnkosten gleichrangig wie die Unterwerfungserklärung unter Ziffer 2. der vorformulierten Unterlassungserklärung aufgeführt wird. Diese besondere Behandlung, die die Klägerin ihrer Erstattungsforderung hinsichtlich der Abmahnkosten angedeihen lässt, zeigt ebenfalls, dass nicht die Bekämpfung des lauteren Wettbewerbs, sondern die Erzielung von Geldeinkünften im Vordergrund steht. Es wird für den Abgemahnten hier nicht deutlich, dass er die Unterlassungsklage schon durch die bloße Abgabe der Unterwerfungserklärung vermeiden kann, auch wenn er nicht bereit ist die Abmahnkosten zu erstatten.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 17.08.2010, Az: 4 U 62/10.

39. Die vorformulierte Unterlassungserklärung ist viel zu weit gefasst.

Ist die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung auf den konkreten Vorwurf bezogen oder abstrakt gefasst?

„Diese Haftungsverschärfung durch den Verfall einer Vertragsstrafe auch bei schuldloser Zuwiderhandlung, die zum Schutze des lauteren Wettbewerbs nicht erforderlich ist, da die Anforderungen an eine Entlastung des Schuldners ohnehin schon hochgeschraubt sind (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren Kap. 20 Rz. 15 m.w.N.), wird hier noch dadurch verstärkt, dass neben den konkret abgemahnten Verstößen als Fall der Zuwiderhandlung hier unter c) der vorformulierten Unterlassungserklärung jedwede gesetzwidrige Belehrung des Verbrauchers festgesetzt wird. Dies stellt eine zusätzliche Belastung dar, dass die Klägerin in der vorgefertigten Unterlassungserklärung das Verbot unter c) teilweise unter Wiederholung des Gesetzestextes so weit formuliert hat, dass unter die Unterlassungsverpflichtung auch gänzlich andere Verstöße als die abgemahnten fallen können. Je weiter die mit der Unterlassungserklärung eingegangene Verpflichtung ist, um so größer ist die Gefahr von Verstößen (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2010 – I4 U 24/10). Auch diese weite Fassung der Unterlassungsverpflichtung unter c) ist zum Schutze des lauteren Wettbewerbs nicht erforderlich. Wie § 8 Abs. 1 UWG formuliert, setzt der Schutz des lauteren Wettbewerbs bei bereits begangenen oder konkret drohenden Verstößen ein. Da mit Hilfe der Kerntheorie auch kerngleiche Verstöße im nachfolgenden Verletzungsfall erfasst werden, schießt eine umfassende Pflichtenstellung über das erforderlicher Sicherheitsmaß hinaus.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 17.08.2010, Az: 4 U 62/10.

40. Verstöße von geringerem Gewicht sollen Vertragsstrafe von 5.100 EUR begründen

Steht die Höhe der geforderten Vertragsstrafe im Verhältnis zum Ausmaß des Verstoßes?

„In Verbindung mit der einheitlich geforderten hohen Vertragsstrafe von 5.100,00 € auch bei Verstößen von geringerem Gewicht spiegelt die mit der Abmahnung vorgeschlagene strafbewehrte Unterlassungserklärung hinreichend deutlich das vorherrschende Interesse der Klägerin wider, sich über den schnell gegebenen Verfall einer Vertragsstrafe eine Einnahmequelle zu verschaffen.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 17.08.2010, Az: 4 U 62/10.

41. Massenabmahnung, 100 Abmahnungen innerhalb weniger Tage

Wie viele Abmahnungen sind bekannt?

„Ein wesentliches Indiz für Rechtsmissbrauch liegt in einem massenhaften Vorgehen (Vielzahl von Abmahnungen), wie es hier festzustellen ist. Dabei bedarf es keiner Klärung, ob die –teilweise spekulativen- Darlegungen der Klägerin, es seien innerhalb weniger Tage mindestens 600 ähnlich gelagerte Abmahnungen versandt worden, zutreffen. Jedenfalls rund 100 Abmahnungen innerhalb weniger Tage, die sämtlich die auch hier gerügten Verstöße betreffen, hat die Klägerin mit der dem Schriftsatz vom 27.04.2006 beigefügten tabellarischen Aufstellung belegt. Dadurch sind gravierende Umstände für einen Rechtsmissbrauch substantiiert vorgetragen, denen die Beklagte konkrete Einwände nur in zwei Fällen (keine Abmahnungen unter den Aktenzeichen 859/06 und 866/06) entgegengesetzt hat. Ob bereits die danach gegebene Vielzahl von Abmahnungen die Feststellung von Rechtsmissbrauch trägt, mag zweifelhaft sein.“

vgl. LG Bielefeld, Urteil vom 02.02.2006, Az: 15 O 53/06.

42. 1.000 Abmahnungen in nur einem Jahr

LG München I, Urteil vom 10.08.2010, Az.: 11 HK O 11365/10

43. Verfolgung von zweifelhaften Unterlassungsansprüchen

Bestehen Sie geltend gemachten Unterlassungsansprüche überhaupt? Gibt es eindeutige Rechtsprechung dazu?

„Hinzu kommen weitere Umstände, die sachfremde Motive der Beklagten indizieren: Es ist nämlich sehr fraglich, ob die geltend gemachten Unterlassungsansprüche bestehen. Was die vermissten Angaben zur Umsatzsteuer angeht, ist es zumindest zweifelhaft, ob sie geeignet wären, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen (vgl. § 3 UWG). Denn der Verbraucher ist die Angabe von Endpreisen gewöhnt (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV) . Auch wenn die von § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 PAngV  geforderten zusätzlichen Angaben fehlen, wird der Verbraucher angegebene Preise deshalb im Zweifel so verstehen, als sei die Umsatzsteuer enthalten. Wegen der Angaben zu den Versandkosten hat die Beklagte zwar die Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte, insbesondere des OLG Hamburg (vgl. etwa GRUR-RR 05, 27 ff.) für sich. Höchstrichterlich geklärt sind die maßgebenden Fragen jedoch noch nicht; die Ausführungen des BGH –wenn auch zu einem begrenzten Fragenkreis- im Urteil vom 05.10.2005 (NJW 06, 211 ff.) lassen durchaus die Schlussfolgerung zu, Informationen über die Versandkosten seien nicht notwendig in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Warenpreis zu machen. Im übrigen stellt sich auch hier die Frage nach der Erheblichkeit (vgl. § 3 UWG), wenn die Versandkosten jedenfalls in den AGB angegeben werden.“

vgl. LG Bielefeld, Urteil vom 02.02.2006, Az: 15 O 53/06.

44. Aufteilung der Rechtsverfolgung in zwei Abmahnungen bei einem Gegenangriff

Liegt eine Retourkutschenabmahnung vor?

„Vorliegend bestehen hinreichende Anhaltspunkte, die es rechtfertigen, ein missbräuchliches Verhalten der Antragstellerin wegen der in getrennten Verfahren erfolgten Abmahnungen 1586/09 und 1590/09 (jeweils Geschäftszeichen des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers) anzunehmen.

a) Eine die Verfahrensaufspaltung sachlich rechtfertigende unterschiedliche Rechts – oder Beweissituation war nicht gegeben. Die beanstandeten Klauseln waren teilweise inhaltsgleich. Die Glaubhaftmachungslage hinsichtlich der Abmahnung des eBay-Angebots (1586/09) unterschied sich nicht von der für die Abmahnung des Onlineshops (1590/09). Darüber hinaus wären, worauf schon das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, etwaige unterschiedliche rechtliche und tatsächliche Risiken eines gerichtlichen Verfahrens für die vorhergehende Obliegenheit der Abmahnung unerheblich.

b) Die Antragstellerin hatte sich bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie vom Antragsgegner urheberrechtlich abgemahnt worden ist, durch die rechtliche Ausgestaltung der Internetauftritte des Antragsgegners nicht behindert gefühlt. Erst diese Abmahnung war für sie Veranlassung, das Verhalten des Antragsgegners im Internet rechtlich überprüfen zu lassen. Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass eine solche eigene Abmahnung nicht alleine schon wegen ihres Charakters als Gegenangriff missbräuchlich ist. Nichts desto trotz ist schon die Ausgangssituation einer „Retourkutsche“ regelmäßig nicht unbedenklich und sie zwingt den (abgemahnten) Abmahnenden in einem besonderen Maß zu einer zurückhaltenden, kostenschonenden Verfahrensweise. Denn es ist nach der Lebenserfahrung nicht völlig fern liegend, dass die eigene Abmahnung vorwiegend deshalb ausgesprochen werden soll, um (auch) den Gegner kostenmäßig zu belasten, so wie der Abmahnende zuvor selbst kostenmäßig belastet worden ist. Vorliegend kommt insoweit noch hinzu, dass die Antragstellerin selbst offenbar noch keinerlei konkrete Zweifel hinsichtlich der Internetauftritte des Antragsgegners hegte, sondern sie insoweit ihren Verfahrensbevollmächtigten erst mit näheren Ermittlungen beauftragt hat.

c) Unerheblich ist vorliegend der Vortrag der Antragstellerin, die den beiden vorgenannten Abmahnungen zu Grunde liegenden Wettbewerbsverstöße seien ihrem Verfahrensbevollmächtigten zeitlich nacheinander bekannt geworden, und zwar die Wettbewerbsverstöße der Abmahnung zum Onlineshop (1590/09) erst nach dem Versand der Abmahnung zum eBay-Angebot (1586/09).

aa) Es mag sein, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin sich mit dem Onlineshop des Antragsgegners erst nach der Versendung der Abmahnung zum eBay-Angebot näher befasst hat.

Die Antragstellerin trägt aber selbst vor, sie habe ihren Verfahrensbevollmächtigten als Gegenreaktion auf die urheberrechtliche Abmahnung des Antragsgegners damit beauftragt, „den Inter-netauftritt des Antragsgegners auch wettbewerbsrechtlich prüfen und dann abmahnen zu lassen“. Dabei rückt als erstes der Onlineshop des Antragsgegners in den Blick, erst nachrangig ein irgendwie, irgendwann und irgendwo gefundenes einzelnes eBay-Angebot des Antragsgegners. Auch die Antragstellerin trägt vor, „Es wurde dann am gleichen Tag“ [gemeint ist der 1.12.2009] „die Wettbewerbswidrigkeit des Gegners bei eBay festgestellt und nach Übersendung des Entwurfs der ersten Abmahnung 1586/09 mitgeteilt, dass der Internetauftritt www.b… -m… .de“ [des Antragsgegners] „noch geprüft und gegebenenfalls abgemahnt werden solle“. Es spricht somit vorliegend alles dafür, dass im Zeitpunkt der Absendung der ersten Abmahnung betreffend das eBay-Angebot der Antragstellerin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten bewusst war, dass der Internetauftritt des Antragsgegners in seinem Onlineshop jedenfalls noch zu prüfen war. Abgesehen davon, dass schon ein kurzer Blick in die rechtliche Ausgestaltung des Onlineshops wesentliche inhaltliche Übereinstimmungen zu den Beanstandungen bezüglich des eBay-Angebots aufgezeigt hätte, bestand für die Absendung der ersten Abmahnung betreffend das eBay-Angebot keine so große Eilbedürftigkeit, dass mit dieser Abmahnung nicht einige wenige Stunden bis zur Prüfung des Onlineshops hätte zugewartet werden können. Nach den eingereichten Faxprotokollen ist die erste Abmahnung betreffend das eBay-Angebot (1586/09) am 2.12.2009 gegen 9:30 Uhr versendet worden, die zweite Abmahnung bezüglich des Onlineshops (1590/09) nach Übermittlung der diesbezüglichen zweiten Vollmacht durch den Antragsteller (am 2.12.2009 um 12: 56 Uhr).

bb) Darüber hinaus hätte es sich der Antragstellerin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten – auch bei einer zeitversetzten Kenntniserlangung bezüglich der jeweils abgemahnten Wettbewerbsverstöße – aufdrängen müssen, die spätere Abmahnung nicht als gesonderte Angelegenheit zum Gegenstand einer gesonderten Abmahnung zu machen, sondern diese Abmahnung hätte unter Bezugnahme auf die erste Abmahnung um die neu hinzutretenden bzw. zu wiederholenden Beanstandungen ergänzt und erweitert werden können, so wie auch ein gerichtliches Verfahren nach seiner Einleitung um neue Streitgegenstände erweitert werden kann.

Angesichts der wenigen Stunden Zeitunterschied waren insoweit keine Probleme hinsichtlich der Fristabläufe zu befürchten. Denn die Frist hätte einheitlich auf die Zustellung der zweiten, ergänzenden Abmahnung berechnet werden können. Dass in der Praxis Empfangsbekenntnisse verschwinden und auch nicht „retourniert“ werden könnten, mag im Einzelfall so sein. Dieses Problem hätte sich aber gleichermaßen gestellt, und zwar unabhängig davon, ob eine gesonderte zweite oder nur eine ergänzende Abmahnung versand wird. Im Übrigen ging es bei den hier in Rede stehenden Abmahnungen nicht um eine Zustellung durch Empfangsbekenntnis, sondern durch die Post an den Antragsgegner persönlich.

d) Unerheblich ist es, wenn die Antragstellerin mit Fax vom 10.12.2009 dem Antragsgegner angeboten hat, die zu erstattenden Kosten auf die einer einzigen Abmahnung zu beschränken. Zu Recht hat das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung hierzu darauf hingewiesen, dass dieses Angebot nur bedingt für den Fall erfolgt ist, dass der Antragsgegner insgesamt eine Unterlassungserklärung abgibt. Zudem war der Antragstellerin (aus der zeitlich vorhergehenden Antwort des Antragsgegners vom 9.12.2009 auf seine Abmahnungen) das Problem des Vorwurfs eines Rechtsmissbrauchs bereits offenbar geworden. Deshalb hilft der Antragstellerin auch nicht ihr Hinweis darauf weiter, sie habe im vorliegenden Eilverfahren die Beanstandungen beider Abmahnungen zusammengeführt (vgl. hierzu Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage, § 8 Rn. 4.17) und auch mit 30.000 € insgesamt nur einen geringen Verfahrenswert geltend gemacht.

e) Zwar hat die Antragstellerin vereinzelt sogar rechtlich umstrittene Gestaltungen des Antragsgegners beanstandet und in das vorliegende gerichtliche Verfahren eingeführt. In ihrer ganz überwiegenden Mehrzahl betrafen ihre Abmahnungen aber doch rechtlich einfach gelagerte, weit gehend (jedenfalls im Hinblick auf die Entscheidungspraxis des Senats) rechtlich unumstrittene und über das Internet leicht feststellbare Verstöße.

d) Vorliegend ist die Missbräuchlichkeit nicht nur auf die der zweiten Abmahnung zu Grunde liegenden Beanstandungen bzw. Verstöße beschränkt.

aa) Der Einwand des Rechtsmissbrauchs ist zwar für jeden mit der Klage oder dem Verfügungsantrag geltend gemachten Anspruch selbstständig zu prüfen (Köhler, a.a.O., § 8 Rn. 4.17). Das kann aber, insbesondere bei mehr oder weniger gleichzeitig erhobenen Klagen dazu führen, dass alle Klagen unzulässig sind (Köhler, a.a.O.). Liegt dagegen zwischen der Erhebung der Klagen eine gewisse Zeitspanne, so ist aus der Erhebung der späteren Klage nicht unbedingt zu schließen, dass auch bereits die frühere Klage als unzulässig anzusehen ist (vgl. BGH, GRUR 2000, 1089, 1093 – Missbräuchliche mehrfache Verfolgung; Köhler, a.a.O.).

bb) Vorliegend beziehen sich die oben erörterten Umstände, die einen Rechtsmissbrauch belegen, im Wesentlichen auf beide Abmahnungen gleichermaßen. Da insbesondere davon auszugehen ist, dass bei der Versendung der ersten Abmahnung die Prüfung des Onlineshops des Antragsgegners bewusst noch (zumindest) offen war, stellt sich schon die (unter einen willkürlichen Zeitdruck gestellte) erste Abmahnung als maßgeblich im Kostenbelastungsinteresse veranlasst und damit rechtsmissbräuchlich dar. Die Ausgangssituation einer „Retourkutsche“ bestand ohnehin schon bei der ersten Abmahnung. Darüber hinaus sprechen der enge zeitliche und rechtliche Zusammenhang beider Abmahnungen für ein von Anfang an durch ein Kostenbelastungsinteresse geprägtes Verhalten der Antragstellerin.“

vgl. KG Berlin, Beschluss vom 13.04.2010, Az.: 5 W 65/10

45. Das Kostenrisiko der Abmahnungen steht im Gegensatz zum wirtschaftlichen Nutzen.

Hat der Abmahner überhaupt einen wirtschaftlichen Nutzen davon, wenn der Verstoß beseitigt wird?

„Ein Missbrauch gemäß § 8 Abs. 4 UWG  legt insbesondere vor, wenn die Geltendmachung eines Anspruchs insbesondere dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Abmahntätigkeit steht in keinem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Geschäftstätigkeit und es besteht bei objektiver Betrachtung kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse an der Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes außer dem Gebührenerzielungsinteresse (BGH GRUR 2001, 260, 261 – Vielfachabmahner; Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. A. § 8 4.12; OLG Frankfurt GRUR – RR 2007, 56 – 58). Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Denn es ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass mit der Vielzahl der Abmahnungen verbundene Kostenrisiko in einem angemessenen Verhältnis steht zu dem wirtschaftlichen Nutzen der Klägerin. Dieses ist von der Klägerin nicht dargelegt.“

vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2007, Az: 9 O 482/07.

46. Abmahnung besteht nur aus Textbausteinen

Wie ist die Abmahnung formuliert? Individuell, oder eher abstrakt aus Textbausteinen?

„Hinzu kommt, dass bei sämtlichen Abmahnungen durch die Klägerin und die # AG mit denselben Textbausteinen gearbeitet worden ist. Auch dieses ist ein Indiz für missbräuchliche Massenabmahnungen. Es weist daraufhin, dass mit wenig Aufwand und ohne Rücksicht auf die dem Einzelfall zugrundeliegenden Umstände immer gleich reagiert wird, gleichgültig ob und welche wirtschaftliche Bedeutung der Wettbewerbsverstoß für die Klägerin tatsächlich hat. In diesem Kontext ist ebenfalls zu sehen, dass die Gegenstandswerte bei den Abmahnungen größtenteils in dem Bereich zwischen 15.000,- Euro und 25.000,- Euro liegen und somit – in Anbetracht der geringen Bedeutung der Verstöße- im oberen Bereich liegen. Der Ansatz hoher Gegenstandswerte führt zur Erzielung hoher Gebühren.“

vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2007, Az: 9 O 482/07.

47. Der Abmahnung liegt eine Rechnung bei, welche auf den Abgemahnten ausgestellt ist.

Eine Rechnung bekommt immer nur der Auftraggeber!

„Aus anderen Verfahren ist auch bekannt, dass die Rechnungen der Prozessbevollmächtigten auf die Abgemahnten ausgestellt sind und nicht auf die jeweilige Mandantschaft. Es ist daher zu vermuten, dass das wirtschaftliche Risiko der Kosten für die Rechtsverfolgung nicht bei der Klägerin bzw. der # AG liegt.“

vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2007, Az: 9 O 482/07.

48. Der Abgemahnte stellt keine ernsthafte Bedrohung für den Abmahner dar

Stellt der Schuldner überhaupt eine echte Bedrohung für den Gläubiger dar, oder handelt es sich eher um ein kleines „trübes Licht“?

„Bei dem Großteil der Abmahnungen, die Gegenstand der hiesigen Verfahren sind, erzielen die Abgemahnten keine nennenswerten Umsätze und stellen daher keine ernste wirtschaftliche Gefahr für das klägerische Unternehmen dar.“

vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2007, Az: 9 O 482/07.

49. Das wettbewerbswidrige Verhalten Bestand zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr.

Wurde der Verstoß abgestellt und trotzdem Klage erhoben? Hat der Gläubiger dadurch einen nennenswerten Vorteil?

„Auch der Umstand, dass das wettbewerbswidrige Verhalten zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgestellt war, spricht für eine Missbräuchlichkeit der Geltendmachung des Unterlassungsbegehrens. Zwar ist es grundsätzlich richtig, dass die Wiederholungsgefahr mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zum Zeitpunkt der Klagerhebung nicht beseitigt war. Jedoch ist vor dem Hintergrund der geringen Schwere des Wettbewerbsverstoßes in diesem Fall nicht nachvollziehbar, welches andere wirtschaftliche Interesse als das Kostenerstattungsinteresse mit der Klage verfolgt wird. Denn es ist bei einem derartigen Verstoß nicht davon auszugehen, dass nach dessen tatsächlicher Beseitigung die Befürchtung besteht, dass dieser Verstoß erneut begangen wird und der Klägerin damit eine wesentliche wirtschaftliche Beeinträchtigung im Wettbewerb droht. Ferner ist auch zu berücksichtigen, dass nach dem Kenntnisstand des Gerichts die Klägerin in mehreren Verfahren, wie in dem vorliegenden, selbst abgemahnt hat und die Kosten dem Verletzer dafür in Rechnung gestellt hat. Auch diese Vorgehensweise spricht dafür, dass bei dem Aussprechen der Abmahnungen das Gebührenerzielungsinteresse im Vordergrund stand.“

vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2007, Az: 9 O 482/07.

50. Die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche erfolgt ohne einen örtlichen Bezug

Besteht ein örtlicher Bezug zum Landgericht, wo die Ansprüche anhängig gemacht wurden?

„Wie es auch aus anderen Verfahren vor dem erkennenden Gericht bekannt ist, fehlp style=“text-align: justify;“t vorliegend jeglicher örtlicher Bezug für eine Geltendmachung des Anspruchs vor dem vor dem nur nach § 14 Abs. 2 UWG  zuständigen erkennenden Gericht. Der Sitz der Klägerin ist im Landgerichtsbezirk Hildesheim, Sitz der Beklagten ist in Berlin und der Kanzleisitz der Klägervertreter ist in Hannover. Daher liegt es nahe, dass die Erkennbarkeit der systematischen Vorgehensweise bei den Abmahnungen durch Streuung verschleiert werden soll und dass die Hemmschwelle für einen Widerspruch durch die höheren Kosten heraufgesetzt werden soll. Dies entspricht auch der Vorgehensweise in den weiteren Abmahnfällen, die in den anderen Verfahren benannt sind und unstreitig geblieben sind.“

vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2007, Az: 9 O 482/07.

51. Aussprache von 200 Abmahnungen in einen 3/4 Jahr durch vier unterschiedliche Rechtsanwaltskanzleien

In welchem Zeitraum wurden wie viele Abmahnungen ausgesprochen? War immer die gleiche Kanzlei tätig oder lässt der Abmahner unterschiedliche Rechtsanwaltskanzleien für sich arbeiten?

„Das sowohl die Klägerin als auch die AG innerhalb des letzten Jahres Wettbewerber vielfach abgemahnt haben und auch gerichtlich gegen die Verletzer vorgegangen sind, ergibt sich aus den weiteren Verfahren der Klägerin und der # AG, die bei dem erkennenden Gericht anhängig sind. Die Klägerin hat innerhalb des letzten ¾ Jahres bei der erkennenden Kammer 17 Verfahren anhängig gemacht und weitere 3 Verfahren bei den Kammern für Handelssachen. Die # AG hat innerhalb des letzten Jahres insgesamt 30 Verfahren beim Landgericht Braunschweig anhängig gemacht, bei denen es um Unterlassung von wettbewerbswidrigen Handlungen im Internet bzw. um die damit verbundenen Kosten ging. Aus diesen Verfahren, die größtenteils bei der erkennenden Kammer anhängig sind bzw. waren, ist ferner bekannt, dass bundesweit durch die # AG und die Klägerin insgesamt mehr als 200 Abmahnungen im Zeitraum eines ¾ Jahres erfolgt sind. Bei diesen Abmahnungen waren im wesentlichen vier Anwaltskanzleien für die # AG und die Klägerin tätig. Die große Anzahl der Abmahnungen und die Art und Vorgehensweise bei den Abmahnungen spricht für eine systematische – auf das Gebühreninteresse gerichtete – Abmahntätigkeit der Klägerin.“

vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2007, Az: 9 O 482/07.

52. Kollusives Zusammenwirken zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber

Hat der beauftragte Rechtsanwalt seinen Auftraggeber vom Kostenrisiko freigestellt?

„In Fällen der vorliegenden Art, in denen es keinen Ansatzpunkt für die Annahme gibt, der Anspruchsteller wolle seinen Mitbewerbern schlicht Schaden oder Unannehmlichkeiten bereiten, setzt der Missbrauchsvorwurf ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Unterlassungsgläubiger und dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt voraus, wobei es genügt, dass der Rechtsanwalt den Mandanten von dessen Kostenrisiko vollständig oder zum großen Teil freistellt (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.2006 – 6 U 129/06, GRUR-RR 2007, 56, 57).“

vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 04.07.2007, Az. 6 W 66/07.

53. Wahl des fliegenden Gerichtsstandes

Bei welchem Gericht wurden die Ansprüche geltend gemacht? Besteht zu diesem Gericht überhaupt ein Bezug?

„Ebenso wenig kann dieser Verdacht allein darauf gegründet werden, dass der Verfügungskläger sich einen Gerichtsstand aussucht, von dem er sich die größten Erfolgsaussichten für sein Begehren ausrechnet (OLG Hamm, Urteil vom 01.04.2008, Az: 4 UR 10/08).“

vgl. LG Gera, Urteil vom 29.04.2010, Az: 1 HK O 62/10.

54. Art des Geschäftes der Verfügungsklägerin

Mit was handelt der Abmahner?

„Die Kumulation der Verdachtsindizien, die der Verfügungsbeklagte glaubhaft gemacht hat, insbesondere die Anzahl der Abmahnungen, die Art des Geschäftes der Verfügungsklägerin, … ist jedoch ausreichend um die Vermutung der Prozessführungsbefugnis zu erschüttern.“

vgl. LG Gera, Urteil vom 29.04.2010, Az: 1 HK O 62/10.

55. Gebührenvereinbarung zwischen der Abmahner und Rechtsanwalt

Ist bekannt, ob eine Gebührenvereinbarung besteht?

„Die Kumulation der Verdachtsindizien, die der Verfügungsbeklagte glaubhaft gemacht hat, insbesondere … die komplexe Gebührenvereinbarung zwischen der Verfügungsklägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten … ist jedoch ausreichend um die Vermutung der Prozessführungsbefugnis zu erschüttern.“

vgl. LG Gera, Urteil vom 29.04.2010, Az: 1 HK O 62/10.

56. Vernachlässigung des Ladengeschäftes

Kommt der Abmahner seinem Geschäftsbetrieb nach, oder ist er nur noch mit Abmahnungen beschäftigt?

„Die Kumulation der Verdachtsindizien, die der Verfügungsbeklagte glaubhaft gemacht hat, insbesondere … die Vernachlässigung des Ladengeschäftes …. ist jedoch ausreichend um die Vermutung der Prozessführungsbefugnis zu erschüttern.“

vgl. LG Gera, Urteil vom 29.04.2010, Az: 1 HK O 62/10.

57. Bilanzzahlen

Sind die Bilanzzahlen des Abmahners bekannt?

„Die Kumulation der Verdachtsindizien, die der Verfügungsbeklagte glaubhaft gemacht hat, insbesondere … die Bilanzzahlen … ist jedoch ausreichend um die Vermutung der Prozessführungsbefugnis zu erschüttern.“

vgl. LG Gera, Urteil vom 29.04.2010, Az: 1 HK O 62/10.

58. Auftreten von Fehlern bei der Abmahnung einzelner Mitbewerber

Passieren Fehler bei den Abmahnungen in Bezug auf die einzelnen Mitbewerber?

„Die Kumulation der Verdachtsindizien, die der Verfügungsbeklagte glaubhaft gemacht hat, insbesondere … das Auftreten von Fehlern bei der Abmahnung einzelner Mitbewerber ist jedoch ausreichend um die Vermutung der Prozessführungsbefugnis zu erschüttern.“

vgl. LG Gera, Urteil vom 29.04.2010, Az: 1 HK O 62/10.

59. Vielfachabmahner, 2 Millionen Umsatz, 130 aktive Rechtsstreitigkeiten

Ist die Anzahl der Abmahnungen bekannt? Wie hoch ist der Umsatz des Abmahners? Wie viele Streitigkeiten sind bekannt?

„Nach der Entscheidung des Brandenburgischen Landesgerichts vom 22.09.2010, Az: 6 B 93/09 ist von einer missbräuchlichen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen auszugehen, wenn eine Vielabmahnerin mit einem Umsatz von 2 Millionen die Hälfte von 130 Rechtsstreitigkeiten als Aktivpartei im Bereich des Lauterkeitsrechtes führt.“

 

60. Ein Verein geht ohne sachlich gerechtfertigten Grund nur gegen Vereinsfremde Wettbewerber vor.

Ist der Wettbewerbsverein aktivlegitimiert? Gegen wen geht der Verein vor?

„Für den vorliegenden Fall entscheidend ist daher nach Ansicht des Senats weiterhin, ob es sachliche Gründe dafür gibt, dass der Kläger lediglich die Unternehmen des Lottoblocks abmahnt, hingegen – wie unbestritten vorgetragen – niemals, auch nicht seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages, die eigenen Mitglieder diszipliniert. Solche sachlichen Rechtfertigungsgründe hat der Kläger im Ergebnis nicht dargelegt. Sie sind auch nicht ersichtlich. Zwar hat der Kläger darauf hingewiesen, dass seine Mitgliedsunternehmen ohnehin durch die sog. Blockgesellschaften abgemahnt werden. Er hat aber gleichzeitig keinen Zweifel daran gelassen, dass er selbst seine Aufgabe allein darin sieht, diese Blockgesellschaften in die Schranken zu weisen. Diese Absicht wird sogar in der Satzung des Klägers formuliert. Doch gehört es zu den Satzungszwecken des Klägers, für eine „freie Entfaltung verantwortungsvoller unternehmerischer Tätigkeit …. insbesondere seiner Mitglieder“ einzutreten. Wenn der Kläger nur zum Ausdruck bringt, dass er grundsätzlich geneigt ist, seine Mitglieder von jeder disziplinierenden Einwirkung verschont zu halten, so folgt hieraus, dass es ihm in der Tat vornehmlich um die Disziplinierung einer bestimmten Gruppe von Mitbewerbern, also um deren Behinderung geht. Damit dient sein Vorgehen aber nicht mehr dem Wettbewerb, sondern er bedient sich wettbewerbsprozessualer Institutionen zu eigennützigen Zwecken seiner Mitglieder.“

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.07.2010, Az. I-4 U 21/10.

Sollten Ihnen weitere Tatsachen oder Urteile bekannt sein, so würden wir uns darüber freuen, wenn Sie uns informieren würden. info@abmahnung.de

 

Mein Rat:

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sollte niemals voreilig und ohne beweiskräftige Tatsachen erhoben werden. Machen Sie keine Angaben ins Blaue hinein. Recherchieren Sie sorgfältig. Je mehr Informationen Sie über Ihren Abmahner finden, umso wahrscheinlicher ist es, einen möglichen Rechtsmissbrauch aufzudecken.

 

Riskieren Sie besser erst gar keine Abmahnung!

 

 

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Dauerhafte anwaltliche Haftungsübernahme**: Ihr Risikoschutz

 

Machen Sie keine Experimente, wenn es um den Schutz Ihres Onlinehandels – Ihrer Existenz – geht!