Zweck der Abmahnung

Was ist eigentlich unter dem Begriff „Abmahnung“ genau zu verstehen? Wussten Sie, dass die Abmahnung früher öfter als „Verwarnung“ bezeichnet wurde? Bei Schutzrechtsverletzungen spricht man auch heute vorwiegend von einer Verwarnung.

„Eine Abmahnung ist die Mitteilung eines Anspruchsberechtigten an einen Verletzer, dass er sich durch eine im Einzelnen bezeichnete Handlung wettbewerbswidrig verhalten habe, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen und binnen einer bestimmten Frist eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben.“

vgl. Begr RegE BT-Drucks 15/1487, S. 25

Im Falle von wettbewerbsrechtlichen Verstößen dient die Abmahnung vor allem der außergerichtlichen Konfliktlösung zwischen den Parteien. Es ist der Versuch, Streitigkeiten zwischen dem Anspruchsberechtigten und dem Anspruchsverpflichteten über Unterlassungs- und Beseitigungspflichten nach einer erfolgten Verletzungshandlung ohne Inanspruchnahme der Gerichte zu regeln.

 

Abmahnung und Unterwerfung – Mahnung und Erfüllung

Stellen Sie sich vor, es wird von Ihnen eine Unterlassung geschuldet. In diesem Fall kommen der Abmahnung und Unterwerfung ähnliche Funktionen zu wie der Mahnung und Erfüllung. Natürlich sind beide Institute unterschiedlich. Die Abmahnung stellt lediglich eine Obliegenheit dar. Eine Mahnung (abgesehen von der Entbehrlichkeit nach § 286 Abs. 2 BGB) ist aber verzugsbegründend und somit materiellrechtliche Voraussetzung. Wenn Ihnen jemand Geld schuldet, dann erheben Sie (meistens) nicht sofort Klage, sondern sprechen zunächst eine Mahnung aus. Nicht selten werden in der heute hektischen Zeit von den Schuldners Zahlungen schlichtweg vergessen.

 

Oftmals wird verkannt, dass das Abmahnverfahren im beiderseitigen Interesse der Parteien liegt. Im Wettbewerbsrecht sind Fristen und Zeitpunkte der Kenntnisnahme vom Verstoß von entscheidender Bedeutung. Stellt ein Anspruchsberechtigter einen Verstoß fest und mahnt den Verletzer ab, dann kann auf diese Weise eine sehr schnelle außergerichtliche Erledigung der Sache eintreten, wenn der Verletzer eine geeignete (strafbewehrte) Unterlassungserklärung abgibt und dadurch die Wiederholungsgefahr entfällt. Durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung kommt ein Unterlassungsvertrag zustande. Der Anspruchsberechtigte erlangt also einen vertraglichen Unterlassungsanspruch gegen den Verletzer. Auf diese Weise kann der Gläubiger zwar keine künftigen Verstöße seines Schuldners verhindern, er hat aber ein Druckmittel (Unterlassungserklärung) gegen den Schuldner in der Hand.

 

Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe

Wurde eine Vertragsstrafe versprochen, dann kann der Gläubiger im Falle eines Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe fordern.

 

Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe

Nehmen Sie auch eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe nicht auf die leichte Schulter!

 

Gibt der Abgemahnte gegenüber dem Abmahner eine Unterlassungserklärung ab, dann kommt dadurch ein Unterlassungsvertrag zustande (vorausgesetzt der Abmahner nimmt die Unterlassungserklärung an, wenn es überhaupt einer ausdrücklichen Annahme bedarf). Es gibt also einen vertraglich geregelten Unterlassungsanspruch zwischen dem Abmahner und dem Abgemahnten.

 

Hält sich der Abgemahnte nicht an die abgegebene Unterlassungserklärung, dann kann der Abmahner gemäß § 890 ZPO das zu unterlassende Verhalten durch ein Ordnungsgeld beim Abgemahnten erzwingen. Die Vorschrift lautet:

 

„Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250 000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.“

 

Auch eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe hat weitreichende Folgen.

 

Hinweis: Der Verletzer muss nicht die vom Abmahner vorformulierte Unterlassungserklärung abgeben. Er muss gar keine Unterlassungserklärung abgeben. Gibt der Verletzer aber binnen der vom Abmahner in der Abmahnung gesetzten Frist keine die Wiederholungsgefahr ausräumende geeignete Unterlassungserklärung ab, dann muss er damit rechnen, dass der Abmahner gerichtliche Hilfe (z.B. einstweilige Verfügung, Klage) in Anspruch nimmt.

 

Erfahren Sie hier die Vorteile eines gerichtlichen Unterlassungstitels

 

 

Durch eine außergerichtliche Abmahnung machen Sie Ihren Gegner zunächst auf den – meist unabsichtlich oder unwissentlich – begangenen Wettbewerbsverstoß aufmerksam. Dieser kann sodann weitere kostenauslösende Maßnahmen vermeiden, indem er sich entsprechend unterwirft.

 

Der Abmahnung kommt daher einerseits eine Kostenvermeidungsfunktion zu und andererseits eine Warnfunktion für den Verletzer, der sich oft seines Rechtsverstoßes gar nicht im Klaren ist.

 

 

Sonderfall: Abmahnung bei einem vorbeugendem Unterlassungsanspruch

Im Regelfall bezieht sich die Abmahnung auf einen geschehenen Verstoß. Es gelten die Regeln zur Abmahnung aber im Grundsatz auch für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch.

 

Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten. Die Erstbegehungsgefahr muss sich dabei auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Es müssen die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände  die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch kann sich nicht nur gegen den möglichen Täter, sondern auch gegen denjenigen richten, der als potentieller Teilnehmer oder Störer eine Erstbegehungsgefahr für eine Verletzungshandlung begründet hat (Störerhaftung).

 

 

Mein Rat:

Weisen Sie den Schuldner auf die Unzulässigkeit / Rechtswidrigkeit seines bevorstehenden Handelns hin. Nehmen Sie nicht sofort gerichtliche Hilfe in Anspruch.

 

Geben Sie dem Schuldner die Möglichkeit, die Erstbegehungsgefahr durch ein entgegengesetztes Verhalten zu beseitigen. Dies bedeutet natürlich, dass Sie sich mit einer Erklärung einverstanden erklären müssen, die für den Fall der Zuwiderhandlung gerade keine Sanktion zu enthalten braucht. Die Erklärung verschafft Ihnen vielmehr nur einen zusätzlichen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch gegen den Schuldner.

 

 

Rechtsnatur der Abmahnung

Wie zuvor dargestellt (vgl. 1. Zweck der Abmahnung) ist die Abmahnung in ihrer Rechtsnatur mit der Mahnung vergleichbar. Eine Abmahnung ist eine geschäftliche Handlung und kein Rechtsgeschäft. Auf die Abmahnung finden daher auch die Vorschriften der §§ 104 bis 185 BGB entsprechende Anwendung. Die Abmahnung enthält in der Regel die Aufforderung an den Schuldner, binnen einer konkreten Frist eine gegebenenfalls strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. In der Praxis ist es allerdings absolut üblich, der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Diese vorformulierte Erklärung ist das Angebot zum Abschluss eines konkreten Unterlassungsvertrags an den Schuldner.

 

Durch den begangenen Wettbewerbsverstoß ist zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ein gesetzliches Schuldverhältnis entstanden. Dieses wird gerade durch die ausgesprochene Abmahnung konkretisiert. Aufgrund dieses gesetzlichen Schuldverhältnisses treffen den Abgemahnten auch in gewissen Situationen Aufklärungs- und Antwortpflichten (z.B. im Falle einer Drittunterwerfung).