Nunmehr hat sich auch das Amtsgericht Potsdam mit der Frage befassen müssen, ob und wenn ja wie viel Schadensersatz im Falle einer Urheberrechtsverletzung an einem Impressumsgedicht zu bezahlen ist. Über das Urteil des Amtsgericht Ottweiler hatte ich bereits berichtet:

 

 

Lesen Sie hier die Einzelheiten zur Entscheidung des AG Potsdam:

Az.: 37 C 197/15

 

Amtsgericht Potsdam

 

Im Namen des Volkes

 

Schlussurteil

 

In dem Rechtsstreit

 

XXX – Klägerin –

 

Prozessbevollmächtigte: XXX

 

gegen

 

XXX – Beklagte –

 

Prozessbevollmächtigte: XXX

 

hat das Amtsgericht Potsdam durch die Richterin am Amtsgericht XXX auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2015 für Recht erkannt:

 

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2015 zu zahlen.

 

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 430,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.6.2015 zu zahlen.

 

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbar Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

5. Der Streitwert wird auf 1.730,00 € festgesetzt.

 

 

Tatbestand

 

Der Geschäftsführer der Klägerin hat dieser die Rechte an einem Impressumsgedicht (Anlage K 2, BI. 20 f d. A.) übertragen (vl. Abtretungserklärung Anlage K 3, Bl. 22 f d. A.), dass er verfasst hat.

 

Das Impressumsgedicht stand auf der Webseite der Klägerin zum Download unter der Bedingung bereit, dass ein Urheberhinweis in Form einer Quellangabe erfolgt. (Anlage K 1, Bl. 12 f d. A.).

 

Der Beklagte betreibt unter den Domains XXX und xxx Internetauftritte.

 

(Anlage K 4, BI. Bl. 24 f d. A.). Der Beklagte hat das Impressumsgedicht ohne Urhebervermerk und Quellangabe auf seinen Webseiten verwendet. Die Klägerin mahnte den Beklagten daraufhin mit anwaltlichen Schreiben vom 19.5.2015 ab (Anlage K 5, Bl. 29 f und Bl. 38 f d. A.). Der Beklagte gab die geforderten Unterlassungserklärungen ab (Anlage K 6, Bl. 47 und 48 d. A.).

 

Die Klägerin meint, im Wege der Lizenzanalogie sei der Schaden mit 650,- € je Urheberrechtsverletzung zu bemessen, da es sich um eine Mischform von Gedicht und rechtlich relevantem Text handele, so dass der im Großraum Stuttgart übliche durchschnittliche Stundensatz für Rechtsanwälte von 180,- und eine Tätigkeit von drei Stunden zugrunde gelegt werden könnten. Der geltend gemachte Schadensersatz entspreche aber auch der üblichen Vergütung eines Texters/Dichters (Anlage K 7, BI. 49 f d. A.; LG Potsdam – 2 0 232/10 -). Die Klägerin könne auch Netto-Anwaltskosten verlangen, da es sich nicht um einen einfach gelagerten Fall handele, in dem die „Selbstbeauftragung“ kostenlos durchzuführen sei. Der Beklagte habe dafür gesorgt, dass sich das Impressumsgedicht weiter im Internet verbreite. Der Beklagte habe vorsätzlich in die Rechte der Klägerin eingegriffen, da der Quellenhinweis in das Impressumsgedicht fest eingebunden gewesen sei, so dass der Beklagte dies bei der Verwendung aktiv entfernt haben müsse. Bezüglich der Unterlassungsabmahnung akzeptiere sie eine Deckelung des Streitwerts auf 1.000,- € gemäß § 97 a Abs. 3 S. 2 UrhG.

 

Nachdem der Beklagte die Klageforderung in Höhe von 1.000,- € anerkannt hat, ist über diesen Betrag am 26.8.2015 ein Teil-Anerkenntnisurteil ergangen (BI. 100 f d. A.).

 

Die Klägerin beantragt,

 

den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 300,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro­zentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.6.2015 zu zahlen;

 

den Beklagten zu verurteilen, an sie 215,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunk­ten über dem Basiszinssatz seit dem 3.6.2015 zu zahlen;

 

den Beklagten zu verurteilen, an sie 215,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunk­ten über dem Basiszinssatz seit dem 3.6.2015 zu zahlen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Er meint, über den anerkannten Betrag hinaus der Klägerin nichts zu schulden, da sich die Parteien vorgerichtlich auf diese Summe geeinigt hätten (E-Postverkehr vom 9.6.2015, Anlage B 1, Bl. 79 f d. A.). Die Kosten des Rechtsstreits seien der Klägerin aufzuerlegen, da ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO vorliege. Es könne dahingestellt bleiben, ob das streitgegenständliche Impressumsgedicht noch kleine Münze oder eher banal sei. Die Parteien hätten sich nicht auf 650,- € für eine Lizenz geeinigt, da die Verwendung eines solchen Impressums diesen Betrag nicht wert sei; die Klägerin überschätze ihre Leistungsfähigkeit im Bereich Poesie. Der dichtende Anwalt sie nicht mit der klagenden Kinderbuchautorin wie im vom Landgericht Potsdam entschiedenen Fall zu vergleichen. Er habe die Zeile bezüglich des Quelltextes möglicherweise versehentlich gelöscht, da er keinerlei Kenntnisse im Bereich der Programmierung von Internetseiten habe und sich im Seitenerstellen allein eines einfachen Editors des Betriebssystems im Wege von ,,Versuch und Irrtum“ bediene. Er trage keine Verantwortung für das Verhalten Dritter. Im Übrigen habe er unter „3. Urheberrecht“ im Impressum darauf hingewiesen, dass die Seiten urherberrechtlich geschützt seien und ein Verwenden der schriftlichen Zustimmung seitens des Beklagten bedürfe. Die Klägerin verfüge über eigene Sachkunde im Medien- und Urheberrecht, so dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung nicht notwendig gewesen sei (unter Berufung auf BGH – VI ZR 175/05; BGH I ZR 2/03; OLG Hamm -4 U 159/12). Es handele sich um zwei einfache Fälle.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

 

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von jeweils 150,- € je Rechtsverletzung gemäß § 97 Abs. 2 L V. m. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 19 a, 31 UrhG.

 

Dem steht keine anderweitige Vereinbarung der Parteien entgegen. Die Parteien haben vorprozessual keinen Vergleich über eine pauschale Abgeltung in Höhe von 1.000,- € geschlossen. Ausweislich des von dem Beklagten vorgelegten E-Mail-Verkehrs vom 9.6.2013 hat sich die Klägerin unter der Bedingung, dass der Beklagte 1.000,- € bis zum 23.6.2015 zahlt, mit einem Vergleich einverstanden erklärt. Der Beklagte hat zwar den Vergleichsvorschlag angenommen, aber die Bedingung nicht erfüllt. Die Erfüllung der Bedingung ist auch nicht von der Klägerin vereitelt worden, wie der Beklagte meint. Der Beklagte kannte das Aktenzeichen aus den beiden Abmahnschreiben. Er konnte als Verwendungszweck dieses Aktenzeichen (das für beide Rechtsverletzungen identisch war) mit einem erläuternden Zusatz bezüglich der 4 Rechtsverletzungen auf seinen beiden Webseiten angeben. Im Übrigen ist die vermeintliche Vereitelung der Bedingungserfüllung rechtlich unerheblich, da die Klägerin nicht zum Abschluss eines Vergleichs verpflichtet ist und ein solcher auch nicht gemäß § 242 BGB fingiert werden kann.

 

Das streitgegenständliche Impressumsgedicht ist ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG geschütztes Sprachwerk. Die Schutzuntergrenze bei Sprachwerken ist grundsätzlich niedrig, so dass auch die kleine Münze geschützt ist (Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 2 UrhG Rn. 59 m. w. N.). Da bereits Widerrufserklärungen in AGB als schutzwürdig eingestuft werden (vgl. a. a. 0. Rn. 115 mit weiteren Beispielen), kann hinsichtlich der erforderlichen Gestaltungshöhe bei dem streitgegenständlichen Impressumsgedicht kein Zweifel bestehen.

 

Der Beklagte hat unstreitig widerrechtlich in die Rechte der Klägerin durch Veröffentlichung des Impressumsgedichts auf seinen Webseiten ohne Quellangabe eingegriffen. Dies hat er auf Grundlage seines Vortrages jedenfalls fahrlässig getan, was für die Bejahung der Ersatzpflicht genügt. Er schuldet der Klägerin deshalb Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG im Wege der Lizenzanalogie. Danach hat der Beklagte das zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten.

 

Bei der Ermittlung der angemessenen Vergütung im Einzelfall ist auf vertraglich ausgehandelte Vergütungen wie auf bestehende Tarifwerke Bezug zu nehmen und wenn diese fehlen, auf Tarife, die nach Art und Umfang der Verwertung am nächsten liegen (AG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2011, 57 C 14084/10, Rn. 17, zitiert nach juris). Fehlt es auch daran, ist die Vergütung nach § 287 ZPO zu schätzen, wobei an Art und Umfang der beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen sind (a. a. 0.). Da es sich vorliegend um einen Mischtext aus rechtlichen Inhalten in Gedichtform handelt, ist die Darlegung des Schadensersatzanspruchs seitens der Klägerin anhand der üblichen Anwaltshonorare und anhand der üblichen Vergütung eines Texters/Dichters schlüssig erfolgt. Der Beklagte hat dies lediglich unsubstanziiert bestritten. Selbst wenn man nicht die Honorartabelle des Deutschen Journalisten-Verbands für einschlägig hält, errechnet sich das übliche Honorar für Texte/Gedichte anhand der Marktpreise, die die Klägerin durch Vorlage der Anlage K 7 (BI., 49 f d. A.) konkretisiert hat und die vergleichsweise zutreffend erscheinen (zu höheren Schadensersatzbeträgen kommt man unter Zugrundelegung von 0,75 € je Zeichen, wie sie das Amtsgericht Düsseldorf als marktüblich eingeschätzt hat, vgl. a. a. 0. Rn. 18).

 

Die Klägerin hat auch Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von jeweils 215,- € für beide Rechtsverletzungen gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG . Die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ist bei Urheberrechtsverletzungen regelmäßig erforderlich, da einfache Fälle im Urheberrecht kaum angenommen werden können (Nordemann in Fromm/Nordemann § 97 a UrhG Rn. 38, 39). Eine Erstattungspflicht besteht auch, wenn sich der Rechtsanwalt selbst vertritt (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl.; § 249 Rn. 57 m.w.N.). Soweit der Bundesgerichtshof im Falle des Selbstauftrags ausnahmsweise einen Kostenerstattungsanspruch verneint hat (BGH GRUR 2004, 789, 790), ist der entschiedene Fall, in dem es um einen einfachen Verstoß gegen die Berufsordnung der Rechtsanwälte ging, mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu vergleichen. Da die Klägerin hier den untersten Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch nach § 97 a Abs. 3 UrhG angesetzt hat, ist auch die geltend gemachte Höhe der Abmahnkosten nicht zu beanstanden (zum sonst üblichen Gegenstandswert vgl. AG Düsseldorf a. a. 0. Rn. 21).

 

Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286, 288, 291 BGB begründet.

 

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 93, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Ein sofortiges Anerkenntnis seitens des Beklagten liegt nicht vor, da er bereits vorprozessual zur Zahlung des Schadensersatzes aufgefordert wurde.

 

 

Verkündet am 28.12.2015

 

 

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