Abmahnung Zugang Beweislast

In der Vergangenheit war es sehr umstritten, ob der Gläubiger oder der Schuldner den Zugang der Abmahnung zu beweisen habe. Heute dürfte die Streitfrage aufgrund des Beschlusses des I. Zivilsenats vom 21.12.2006 – I ZB 17/06 – ihre Erledigung gefunden haben. Danach gilt nämlich hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast folgendes:

 

Der Gläubiger trägt das Risiko des Verlusts des Abmahnungsschreibens

Grundsätzlich muss der Schuldner darlegen und beweisen, dass er keinen Anlass zur Klage gegeben hat. Er muss beweisen, dass ihm die Abmahnung nicht zugegangen ist. Hierbei muss beachtet werden, dass es sich um eine negative Tatsache handelt. Dies hat zur Folge, dass der Gläubiger auf die Behauptung des Schuldners, er habe die Abmahnung nicht erhalten, nicht mit einfachem Bestreiten reagieren darf. Der Gläubiger muss vielmehr im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen alles vortragen, was er zur Absendung des Abmahnschreibens vorbringen kann (z.B. der Gläubiger hat die Abmahnung persönlich zur Post gebracht).

 

Der BGH führt in seinem Beschluss dazu folgendes aus:

„Bei der Ausgestaltung der danach den Beklagten treffenden Darlegungs- und Beweislast ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich bei dem vom Beklagten darzulegenden und zu beweisenden Umstand um eine negative Tatsache handelt (hier: kein Zugang des Abmahnschreibens des Klägers vom 25. Februar 2005). Dies führt indes nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast, sondern allenfalls zu einer sekundären Darlegungslast des Klägers. Der Beklagte kann sich zunächst auf die schlichte Behauptung der negativen Tatsache – das Abmahnschreiben sei ihm nicht zugegangen – beschränken. Nach dem auch im Prozessrecht gültigen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist der Kläger ausnahmsweise verpflichtet, dem einfachen Bestreiten mit eigenem qualifizierten Vortrag entgegenzutreten. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass der Kläger die für einen substantiierten Vortrag notwendigen Informationen im Allgemeinen besitzt oder sich diese jedenfalls leichter beschaffen kann als die darlegungspflichtige Partei. Im Anschluss daran muss jedoch die darlegungspflichtige Partei ihren Vortrag konkretisieren und detailliert – gegebenenfalls unter Beweis-antritt – auf das Bestreiten der Gegenpartei eingehen (vgl. BGHZ 100, 190, 195; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1996, 62; Musielak/Stadler aaO § 138 Rdn. 10). Auf den Zugang des Abmahnschreibens bezogen bedeutet dies, dass der Kläger gehalten ist, die genauen Umstände der Absendung vorzutragen und gegebenen-falls unter Beweis zu stellen. Eine weitergehende Verpflichtung des Klägers – etwa dahingehend, dass er besondere Versendungsformen zu wählen habe, die einen Nachweis des Zugangs ermöglichten – kann aufgrund der sekundären Darlegungslast dagegen nicht begründet werden.“

 

vgl. Beschlusses des I. Zivilsenats vom 21.12.2006 – I ZB 17/06

Sodann hat der Schuldner die Möglichkeit, seinen Tatsachenvortrag darzulegen. Der Schuldner kann z.B. auf das Bestreiten des Gläubigers Beweismittel benennen. In der Praxis werden meist Zeugen (Büropersonal) benannt.

„Damit wird dem Beklagten keine unzumutbare Belastung aufgebürdet. Er hat die Möglichkeit, die Tatsache, aus der sich ergibt, dass er keinen Anlass zur Klage gegeben hat – etwa den Umstand, dass ihm kein Abmahnschreiben des Klägers zugegangen ist – durch Benennung von Zeugen – beispielsweise von Büroperso-nal – unter Beweis zu stellen. Gelingt dem Beklagten dieser Beweis (§ 286 ZPO), ist grundsätzlich Raum für eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten (§ 93 ZPO). Denn das Risiko, dass ein abgesandtes Abmahnschreiben auf dem Post-weg verlorengegangen ist, trägt grundsätzlich der Kläger. An den Nachweis der negativen Tatsache dürfen auch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden.“

 

vgl. Beschlusses des I. Zivilsenats vom 21.12.2006 – I ZB 17/06

Kommt das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass dem Schuldner die Abmahnung tatsächlich nicht zugegangen ist, so hat der Schuldner den Beweis erbracht, dass er keinen Anlass zur Klage gegeben hat. Der Gläubiger ist daher derjenige, der das Risiko des Verlusts des Abmahnungsschreibens trägt.

 

Missbrauchsgefahr besteht auf beiden Seiten

In der Praxis kann es oft zu einem Missbrauch sowohl auf Seiten des Gläubigers, als auch auf Seiten des Schuldners kommen. Der Gläubiger, der vielleicht tatsächlich keine Abmahnung verschickt hat, behauptet, eine solche an den Schuldner verschickt zu haben und der Schuldner wiederum trägt vor, er habe die Abmahnung nicht erhalten, obwohl er sie bekommen hat.

„Denn ein Missbrauch ist nicht nur auf Seiten des Beklagten denkbar, der zu Unrecht den Zugang einer Abmahnung bestreitet; er ist auch auf Seiten des Klägers nicht auszuschließen, der wahrheitswidrig die Absendung einer Abmahnung behauptet. Der Kläger wiederum kann das Risiko, dass dem Beklagten der Nach-weis des fehlenden Zugangs eines vorprozessualen Abmahnschreibens gelingt, dadurch verringern, dass er eine besondere Versandform – beispielsweise Einschreiben mit Rückschein – wählt oder in Eilfällen das Abmahnschreiben mit einfacher Post und parallel dazu noch per Telefax und/oder E-Mail übermittelt. Steht fest, dass die Abmahnung als Brief, als Telefax und als E-Mail abgesandt worden ist, erscheint das Bestreiten des Zugangs von vornherein in einem wenig glaubhaften Licht (§ 286 ZPO).“

 

vgl. Beschlusses des I. Zivilsenats vom 21.12.2006 – I ZB 17/06

Möglichkeiten des Gläubigers, jedes Risiko von Anfang an zu beseitigen

Der Gläubiger hat diverse Möglichkeiten, dieses Risiko – Beweis des Zugangs der Abmahnung beim Schuldner ja oder nein – von Anfang an zu beseitigen.

 

  • Die Zustellung durch einen Boten ist gewiss die sicherste Variante.
  • Die Zustellung der Abmahnung kann auch durch einen Gerichtsvollzieher vorgenommen werden.
  • Die Abmahnung kann auch per Einschreiben mit Rückschein verschickt werden.
    Sollte der Schuldner die Annahme ohne Grund verweigern, so muss er sich so behandeln lassen, als sei ihm die Abmahnung mit dem Angebot zur Aushändigung zugestellt worden. Denkbar ist auch, dass beim Schuldner niemand angetroffen und deshalb ein Benachrichtigungsschein hinterlassen wird. Dies ist zwar bei Geschäftsleuten eher die Ausnahme, aber möglich. Sollte der Schuldner die Abmahnung nicht innerhalb der Lagerfrist von 7 Werktagen abholen, so geht auch dies zu seinen Lasten. Der Schuldner muss sich dann so behandeln lassen, als sei ihm die Abmahnung am letzten Tag der Lagerfrist zugegangen.

 

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