Sind eBay und Amazon Abmahnungen wegen fehlenden Link auf die OS Plattform aufgrund der Entscheidung des OLG Dresden, Urteil vom 17.01.2017, Az. 14 U 1462/16, unberechtigt? Diese Frage stellen mir derzeit zahlreiche Onlinehändler. Auf die Urteile aus Dresden möchte ich daher jetzt einmal genauer eingehen.

 

Bekanntlich sind Onlinehändler bereits seit dem 9.1.2016 verpflichtet, einen Link auf die OS-Plattform auf ihrer Website bereitzuhalten. Ich habe hier über die OS-Plattform ausführlich berichtet. Das OLG Dresden hat am 17.01.2017 entschieden, dass diese Pflicht nicht für Marktplatzhändler (z.B. Amazon Verkäufer) gilt.

 

Die Entscheidung des OLG Dresden verbreitet sich durch die Medien wie ein Lauffeuer. Fast jeder Abgemahnte hat auf einmal von der Entscheidung gehört und meint jetzt, dass eine Abmahnung dazu auf jeden Fall unberechtigt sei.

Gegenstand der Entscheidung des LG Dresden

Das Landgericht Dresden hatte durch Urteil vom 14.9.2016, 42 HK O 70/16 EV, entschieden, dass ein Amazon-Händler nicht auf die OS-Plattform hinweisen muss, sondern nur der Marktplatz selbst. In den Entscheidungsgründen hieß es:

 

„Soweit der Verfügungskläger vom Verfügungsbeklagten verlangt es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz von Multimedia und/oder Elektronik Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, ohne auf der Webseite einen für den Verbraucher leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unbegründet.

 

Nach Art. 14 Abs. 1 1. Alt. EU-VO Nr. 523/2013 ist der in der Union niedergelassene Unternehmer verpflichtet, auf seiner Website einen Link zur OS-Plattform zu setzen.

 

Der Verfügungsbeklagte ist nach der Legaldefinition des Art. 4 Abs. 1 lit b EU-VO Nr. 523/2013 Unternehmer.

 

Allerdings hat er seine Waren nicht über seine eigene „Website“ angeboten, vielmehr über den „Online-Marktplatz“ www.amazon.de. Dieser „Online-Marktplatz“ ist wiederum nach Art. 14 Abs. 1 EU-VO Nr. 523/2013 verpflichtet, den Link zur OS-Plattform zu setzen, nicht aber der Verfügungsbeklagte.

 

Was unter einer „Website“ im Sinne der EU-VO Nr. 523/2013 erschließt sich nicht aus dem Wortlaut der Verordnung, da dort nichts definiert ist. Auch den Erwägungen ist hierzu nichts zu entnehmen. Unter einer „Website“ versteht man aber gemeinhin eine vom Händler selbst gestaltete Seite. Soweit Online-Händler ihr Angebot auf einem „Online-Marktplatz“ einstellen, liegt aber keine eigene „Website“ vor.

 

Daher ist die Verfügungsbeklagte nicht die nach Art. 14 Abs. 1 EU-VO Nr. 523/2013 Verpflichtete.“

 

Dieses Urteil im Verfügungsverfahren hat jetzt das OLG Dresden durch Urteil vom 17.01.2017, Az. 14 U 1462/16, bestätigt. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Sobald diese bekannt sind, werde ich dazu berichten.

 

Was ist von dem Urteil zu halten?

Die Entscheidung des Gerichts kann mich jedenfalls nicht überzeugen. Das Gericht stellt in den Entscheidungsgründen auf die Formulierung „auf seiner Website“ ab und meint damit offensichtlich die des Domaininhabers / -eigentümers oder Webseitenbetreibers. Diese Sichtweise ist meines Erachtens nach nicht korrekt.

 

Wenn ich mir Art. 14 Abs. 1 der ODR-Verordnung ansehe, dann heißt es dort:

„In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, und in der Union niedergelassene Online-Marktplätze stellen auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform ein. Dieser Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein. In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, geben zudem ihre E-Mail-Adressen an.“

 

Nach dem Wortlaut des Art. 14 müssen sowohl die Online-Marktplätze, als auch die Unternehmer, die die Online-Kaufverträge eingehen, den Link auf die OS-Plattform einstellen. Ich habe Schwierigkeiten nachzuvollziehen, wie das Landgericht Dresden aus dem Wortlaut des Art 14 der ODR-Verordnung den Schluss ziehen kann, dass nur der Online-Marktplatz selbst verpflichtet sein soll. Das Gericht hat in den Entscheidungsgründen bereits die falsche EU-Verordnung genannt. Statt EU-Verordnung 523/2013 muss es heißen: 524/2013.

 

Nach meinem Verständnis trifft die Verpflichtung auf den Link zur OS-Plattform hinzuweisen nach der ODR-Verordnung beide, also die Online-Marktplätze selbst UND die Unternehmer. Für den Anwendungsbereich der ODR-Verordnung ist es völlig egal, ob der Unternehmer eine eigene Website hat oder nicht.

 

Dies wird auch in der Definition von einem „Online-Kaufvertrag“ in Art. 4 der ODR-Verordnung deutlich. So heißt es in Art. 4 Abs. 1 e) der ODR-Verordnung

„Online-Kaufvertrag oder Online-Dienstleistungsvertrag“ einen Kauf- oder Dienstleistungsvertrag, bei dem der Unternehmer oder der Vermittler des Unternehmers Waren oder Dienstleistungen über eine Website oder auf anderem elektronischen Wege angeboten hat und der Verbraucher diese Waren oder Dienstleistungen auf dieser Website oder auf anderem elektronischen Wege bestellt hat;“

 

Ich komme somit zu folgendem Ergebnis:

Alle Amazon Händler und alle eBay-Verkäufer, die Online-Kaufverträge schließen, müssen neben dem Betreiber des Marktplatzes auch selbst den Link zur OS-Plattform bereitstellen. Dies gilt natürlich auch für Marktplätze wie z.B. Yatego, DaWanda, eBay-Kleinanzeigen, Facebook etc.

 

Das „sein“ bei „seiner Website“ ist nicht im Sinne von Domaininhaber /-eigentümer zu verstehen, sondern als die Website, auf welcher der Unternehmer seine Angebote eingestellt hat.

Wie kann es zu einem solchen Urteil kommen?

Richter sind unabhängig und bei ihrer Entscheidungsfindung nur an Recht und Gesetz gebunden (Art. 97 Abs. 1 GG, § 1 GVG, § 25 DRiG). Wenn das Landgericht Dresden die ODR-Verordnung so, wie ausgeurteilt versteht, dann müssen wir uns damit abfinden. Richterliche Unabhängigkeit halt.

Werden andere Gerichte auch so entscheiden?

Neben dem Landgericht Dresden gibt es weitere 114 Landgerichte in Deutschland. Aufgrund des sogenannten fliegenden Gerichtsstandes können Abmahner auch zu dem anderen Gericht in Deutschland gehen. Geht es um die OS-Plattform werden Abmahner wohl nicht mehr nach Dresden gehen.

 

Es bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte entscheiden werden. Ich hoffe, jedoch sehr, dass die Entscheidung aus Dresden keinen Zuspruch in anderen Gerichtsbezirken finden wird.

Ist nach dem LG und OLG Dresden Schluss?

Bei den Urteilen handelt es sich um Entscheidungen im einstweiligen Verfügungsverfahren. Diese sind auch rechtskräftig. Jedoch hat der Abmahner jetzt noch die Möglichkeit, ein ganz normales Hauptsacheverfahren durchzuführen. Das Ganze könnte am Ende möglicherweise bis zum Bundesgerichtshof (BGH) gehen.

Wie sollten sich Unternehmer jetzt verhalten?

Ich rate jedem Nutzer von Online-Marktplätzen wie eBay oder Amazon dringend dazu, rechtlich konform auf die OS-Plattform hinzuweisen! Andernfalls müssen Sie mit einer Abmahnung rechnen. Sie sollten keinesfalls eine Abmahnung unter Verweis auf die Dresdener Entscheidungen als unberechtigt zurückweisen.

 

Ich berate Sie gern.

 

 

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