Ich habe bereits über ein Klageverfahren vor dem Landgericht Hannover berichtet, in welchem es um eine Vertragsstrafenforderung ging. Den Beitrag finden Sie hier:

Gegen das ergangene Urteil habe ich für die Beklagten (Berufungskläger) Berufung eingelegt. Nach Ansicht der Berufungskläger hatte das Landgericht nämlich dessen Beweisangebote zu Unrecht nicht berücksichtigt und zudem verkannt, dass ein für die Vertragsstrafenforderung erforderliches Verschulden nicht gegeben ist. Die Berufungskläger hatten sich unstreitig nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung sofort an die Stiftung EAR gewandt, um die Registrierung der Beleuchtungskörper vorzunehmen. Die Berufungskläger haben sich nach Erhalt der Abmahnung direkt an die für die Registrierung verantwortliche Stelle selbst gewandt und nicht etwa an einen Dritten, der dann eine falsche Registrierung in der Folgezeit vornahm. Die Stiftung EAR war es selbst, die die Berufungskläger beraten hat und die Registrierung vornahm.

 

Gerade weil die Berufungskläger Ihren Fehler der unterbliebenen Registrierung einsahen, haben sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, die Abmahnkosten bezahlt und sich dann zwecks Registrierung an die Stiftung EAR gewandt.

 

Die Beleuchtungskörper wurden erst nach erfolgter Registrierung wieder verkauft. Von einem vorsätzlichen Handeln gegen die abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung kann nach Ansicht der Berufungskläger keine Rede sein. Die Berufungskläger haben auf die Richtigkeit der Registrierung durch die Stiftung EAR vertraut und konnten auch darauf vertrauen. Wenn jemand weiß bzw. wissen sollte, wie, wann und wo eine Registrierung vorzunehmen ist, dann die verantwortliche Stelle selbst, also die Stiftung EAR, an welche sich die Berufungskläger unstreitig wandten.

 

Das Beweisangebot wurde vom Landgericht komplett ignoriert. Das Landgericht hätte den Vertreter der Stiftung EAR zu dem Vorgang vernehmen können. Hierin liegt nach Auffassung der Berufungskläger ein Verfahrensfehler. Ein schuldhafter Verstoß gegen die Unterlassungserklärung liegt nicht vor. Das Landgericht hat sich zu Unrecht mit der Frage des Verschuldens gar nicht befasst und in den Entscheidungsgründen nicht ein einziges Wort dazu verloren. Das Urteil ist bereits aus diesem Grund aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zudem fehlt es an einem kerngleichen Verstoß. Ursprünglich wurde eine gänzlich fehlende Registrierung abgemahnt. Die Vertragsstrafenforderung beruht jetzt aber gerade nicht auf einer fehlenden, sondern falschen Registrierung. Dies ist ein entscheidender Unterschied.

 

Der Hinweisbeschluss des OLG Celle, 13 U 158/15, vom 10.3.2016

Das Oberlandesgericht Celle hat jetzt den nachfolgenden Hinweisbeschluss erlassen:

 

Hinweisbeschluss

 

in dem Rechtsstreit

 

XXX ./. XXX

 

  1. Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

    Den Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

     

  2. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

 

 

Gründe

 

Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch fordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Ferner ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Die Berufung hat nach derzeitigem Beratungsstand schließlich offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

 

Das Landgericht dürfte die Beklagten zutreffend zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000 € verurteilt haben.

 

1. Das Landgericht hat unangegriffen festgestellt, dass die Beklagten durch ihre Erklärung vom 12. Oktober 2012 ein Angebot der Klägerin auf Abschluss eines entsprechenden Vertrages angenommen haben. Es ist damit zwischen den Parteien ein wirksamer, auf die Zahlung einer Vertragsstrafe gerichteter Vertrag zustande gekommen.

 

2. Gegen die dort eingegangene Unterlassungsverpflichtung haben die Beklagten verstoßen. Das Landgericht hat zutreffend anerkannt, dass der ihnen zur Last gelegte Verstoß, der darin liegt, dass sie für den Vertrieb der in Frage stehenden Beleuchtungskörper nicht die richtige Registrierung bei der nach dem ElektroG zuständigen Stelle hatten, kerngleich zu der eingegangenen Verpflichtung war, Beleuchtungskörper nicht ohne eine „ordnungsgemäße“ Registrierung „für die dem jeweils angebotenen Gerät zugehörige Marke sowie der zugehörigen Geräteart“ anzubieten. Eine Abgrenzung danach, ob eine tatsächlich erfolgte Registrierung sachlich nahe zu der tatsächlich erforderlichen Registrierung ist, ist weder in der Unterlassungsverpflichtung angelegt noch praktikabel möglich.

 

Derartige Gesichtspunkte sind allerdings gegebenenfalls bei der Bemessung der verwirkten Vertragsstrafe zu berücksichtigen.

 

3. Die Beklagten haben schuldhaft gehandelt. Dieses Verschulden wird vermutet (vgl. näher Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 12 Rdnr. 1.152 m. w. N.). Diese Vermutung haben die Beklagten nicht widerlegt.

 

Schon allgemein ist von einem Unternehmen zu verlangen, sich Kenntnis von den für seinen Tätigkeitsbereich einschlägigen Bestimmungen zu verschaffen (Köhler in: Köhler/Bornkamm § 9 Rdnr. 1.19 m. w. N.). Die Beklagten hätten daher auch die Änderungen in der Anlage I zum ElektroG a.F. bzw. in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 ElektroG n. F. verfolgen müssen. Ein mögliches Vertrauen, über solche Änderungen von Amts wegen in Kenntnis gesetzt zu werden, wäre nicht schutzwürdig.

 

Darüber hinaus wurden die Beklagten jedenfalls durch die Vertragsstrafenanforderung vom 09. Januar 2015 auf die in Frage stehende Rechtslage hingewiesen und haben den Verstoß trotzdem zunächst nicht abgestellt. Der mit der Berufungsbegründung neu vorgetragene Einwand, Beleuchtungskörper seien erst nach erfolgter Registrierung wieder verkauft worden, ist unsubstantiiert, weil nicht dargelegt ist, wann eine ordnungsgemäße Registrierung erfolgte. Zudem dürfte dieser neue und streitige Vortrag nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sein.

 

Ob dieser weitere Verstoß vorsätzlich erfolgte, wie die Klägerin meint, kann offen bleiben. Eine Fahrlässigkeit wäre insoweit jedenfalls als grob einzustufen.

 

4. Zutreffend hat das Landgericht die verwirkte Vertragsstrafe schließlich mit 5.000 € bemessen.

 

Die von der Klägerin vorgenommene Bestimmung der Vertragsstrafe mit 10.000 € war nicht verbindlich. Eine von dem Vertragsstrafengläubiger vorgenommene Bestimmung der Strafhöhe, die sich auf das Doppelte des im Rahmen der Billigkeitskontrolle des § 315 Abs. 3 BGB als angemessen anzusehenden Strafrahmens beläuft, ist unbillig (Senat. Urteil vom 29. Januar 2015 – 13 U 58/14, juris Tz. 29).

 

Für die nach billigem Ermessen des Gläubigers vorzunehmende Bestimmung einer durch die Zuwiderhandlung gegen eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung verwirkten Vertragsstrafe kommt es neben der Art und Größe des Unternehmens auf den Umsatz und möglichen Gewinn, vor allem auf die Schwere und das Ausmaß der Zuwiderhandlung, auf dessen Gefährlichkeit für den Gläubiger und auf das Verschulden des Verletzers an (BGH, Urteil vom 30. September 1993 – I ZR 54/91 –Vertragsstrafenbemessung, juris Tz. 20; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 12 Rdnr. 1.139). Es bestehen hier keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten nur in wirtschaftlich zu vernachlässigendem Umfang tätig sind. Insbesondere im Hinblick darauf, dass sie den Verstoß auch geraume Zeit nach der Vertragsstrafenanforderung nicht abgestellt haben, entspricht die vom Landgericht zugesprochene Vertragsstrafe der Billigkeit. Dabei verkennt der Senat nicht, dass sie für den Vertrieb von Leuchtkörpern registriert war, nur eben nicht in der zutreffenden Kategorie.

 

[Hervorhebung in rot und Fettschrift erfolgte durch RA Gerstel]

 

Sind die Anforderungen des Gerichts in der Praxis überhaupt umsetzbar?

Sehen wir uns diesen Teil des Hinweisbeschlusses noch einmal an:

„Schon allgemein ist von einem Unternehmen zu verlangen, sich Kenntnis von den für seinen Tätigkeitsbereich einschlägigen Bestimmungen zu verschaffen (Köhler in: Köhler/Bornkamm § 9 Rdnr. 1.19 m. w. N.). Die Beklagten hätten daher auch die Änderungen in der Anlage I zum ElektroG a.F. bzw. in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 ElektroG n. F. verfolgen müssen. Ein mögliches Vertrauen, über solche Änderungen von Amts wegen in Kenntnis gesetzt zu werden, wäre nicht schutzwürdig.“

Ein Unternehmen, welches seine Produkte bei der Stiftung EAR registriert hat, müsste trotz Eintragung in der Folgezeit permanent prüfen und eigenständig kontrollieren, ob es noch in der richtigen Geräteart eingetragen ist. Es dürfte sich nicht darauf verlassen, dass es von der Stiftung EAR informiert wird. Aber wie oft sollte man dann Prüfungen vornehmen? Täglich, Wöchentlich, Monatlich?

 

Die hier vom Gericht geäußerte Rechtsauffassung teile ich nicht. Sind Sie der Meinung, dass das Gericht Recht hat? Halten Sie die Anforderungen an das Verschulden für angemessen und praxisnah? Ihre Meinung dazu würde mich sehr interessieren.

 

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