Update 09.12.2022: Klicken Sie auf den nachfolgenden Link, um weitere Informationen zu erhalten.

 

Vor dem Landgericht Köln, Kammer für Handelssachen, sind derzeit über 50 Klagen auf Schadensersatz gegen den IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. anhängig. Ich habe darüber bereits hier berichtet:

 

 

 

Update: Landgericht Köln, Urteil vom 22.4.2021, Az. 21 O 102/20 (nicht rechtskräftig) attestiert IDO Verband Rechtsmissbrauch, weil die eigenen Mitglieder verschont werden.

 

 

 

 

Das Landgericht Köln, Az.: 84 O 29/21, hat am 28.04.2021 einen Hinweis- und Auflagenbeschluss erlassen.

 

Die von den Klägern und Klägerinnen gegen den IDO Verband geltend gemachten Schadensersatzansprüche könnten sich aus § 8 Abs. 4 S.3 UWG a.F. i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB, § 826 BGB und/oder § 678 BGB, vgl. (Bornkamm in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage 2020, § 12 UWG Rn. 1.87 bis 1.89 und Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage 2020, § 8 UWG Rn. 4.6 und 4.7a) ergeben.

 

Ob die (engen) Voraussetzungen dieser Normen vorliegen, wird die Kammer zu prüfen haben. Aus den vorgenannten Normen lässt sich gegebenenfalls auch ein Anspruch auf Erstattung der eigenen Rechtsverteidigungskosten der Klägerseite herleiten, so das Landgericht Köln.

 

Dem Beklagten (IDO Verband) hat das Gericht jetzt aufgegeben, binnen eines Monats zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:

1) Komplex „systematisches Verschonen von Mitgliedern“

a) Wie viele Abmahnungen hat der Beklagte in den Jahren 2017 bis 2020 ausgesprochen?

 

b) Wie viele von diesen Abmahnungen haben vorgerichtlich zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geführt?

 

c) Wie viele von diesen Abmahnungen haben zu gerichtlichen Verfahren geführt (einstweilige Verfügungsverfahren, Klagen)?

 

d) Wie viele Verfahren sind nach einer (erfolglosen) Abmahnung (insbesondere gerichtlich) nicht weiter verfolgt worden?

 

e) Welche der abgemahnten und/oder gerichtlich in Anspruch Genommenen waren zum Zeitpunkt der Abmahnung bzw. Einleitung der gerichtlichen Verfahren Mitglieder des Beklagten? Bitte aufschlüsseln nach aktiven und passiven Mitgliedern.

 

f) Hat der Beklagte anlässlich eines außergerichtlichen und/oder gerichtlichen Vorgehens gegen ein Unternehmen wegen eines bestimmten: Wettbewerbsverstoßes seine eigenen Mitglieder, die er zur Begründung seiner Aktivlegitimation gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der Abmahnung bzw. in dem gerichtlichen Verfahren angeführt hat, dahingehend überprüft, ob diese Mitglieder sich hinsichtlich des in Rede stehenden Wettbewerbsverstoßes ihrerseits wettbewerbskonform verhalten?

 

Wenn eine Überprüfung stattgefunden hat und dabei ein Wettbewerbsverstoß eines Mitglieds festgestellt worden ist: Ist der Beklagte sodann gegen seine eigenen Mitglieder vorgegangen? Wenn ja, in welcher Form (kostenpflichtige Abmahnung oder lediglich „Hinweis“ auf den Verstoß)?

 

2) Komplex „Einnahme- uns Ausgabenstruktur“

Zu seinen Einnahmen und Ausgaben in den Jahren 2017 bis 2020 hat der Beklagte darzulegen:

 

a) Einnahmen

Dabei muss der Aufstellung der Einnahmen insbesondere zu entnehmen sein, in welcher Höhe der Beklagte Einnahmen erzielt hat aus

 

aa) Beiträgen von aktiven Mitgliedern;

 

bb) Beiträgen von passiven Mitgliedern;

 

cc) Einnahmen aus Abmahnkostenpauschalen; 

 

dd) Einnahmen aus Vertragsstrafen;

 

ee) sonstige Einnahmen.

 

 

b) Ausgaben

Die Aufstellung der Ausgaben muss erkennen lassen, wofür die jeweiligen Ausgaben angefallen sind. Sie ist nach Tätigkeitsbereichen zu ordnen und zu gliedern und hat den Grund und die Höhe der Zahlung zu nennen. Insbesondere muss hierzu auch detailliert aufgeschlüsselt werden, welche Zahlungen der Beklagte in den Jahren 2017 bis 2020 geleistet hat an

 

aa) Mitglieder seines Vorstandes im Sinne seiner Satzung;

 

bb) aktive Mitglieder des Beklagten;

 

cc) Unternehmen, an denen Vorstandsmitglieder oder aktive Mitglieder des Beklagten beteiligt sind/waren;

 

dd) die IDO Management GmbH.

 

c) Die Einnahme-/Überschuss-Rechnungen und Bilanzen über die Jahre 2017 bis 2020 sind vorzulegen.

 

3) Komplex „Mitgliederstruktur“

a) Wer war in den Jahren 2017 bis 2020 aktives Mitglied des Beklagten?

 

b) Wann ist das jeweilige aktive Mitglied beigetreten?

 

c) Wann hat es den Status als aktives Mitglied verloren?

 

d) Wer war in den Jahren 2017 bis 2020 passives Mitglied des Beklagten?

 

e) Wie hoch war die Gesamtzahl zum einen der aktiven, zum anderen der passiven Mitglieder in den Jahren 2017 – 2020? Angaben bitte getrennt nach den einzelnen Jahren.

 

Entsprechende Mitgliederlisten sind vorzulegen.

 

4) Komplex „Vorstand“

a) Wer gehörte dem Vorstand in den Jahren 2017 bis 2020 an?

 

b) Für welchen Zeitraum waren diese Personen Mitglieder des Vorstandes (auch wenn vor 2017 begonnen)?

 

c) Welche Vorstandstätigkeiten haben die einzelnen Vorstandsmitglieder in den Jahren 2017 bis 2020 ausgeführt (detaillierte Angaben)?

 

d) Welche Tätigkeiten haben diese Personen über ihre Vorstandstätigkeit hinaus für den Beklagten in dieser Zeit erbracht?

 

e) Welche familienrechtlichen bzw. verwandtschaftlichen Beziehungen bestehen oder bestanden zwischen diesen Vorstandsmitgliedern und/oder zu den Geschäftsführern und Gesellschaftern der IDO Management GmbH?

 

5) Komplex „Arbeitsapparat und Tätigkeit des Beklagten“

a) Wer stand in den Jahren 2017 bis 2020 in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zum Beklagten, mit welchem Arbeitsumfang, mit welchem Aufgabenbereich, mit welcher Vergütung bzw. welchem Lohn?

 

b) Welche Tätigkeiten in welchem Umfang wurden in den Jahren 2017 bis 2020 von „externen“ Dienstleistern ausgeführt, insbesondere von der IDO Management GmbH? Mit welcher Vergütung, Höhe des Stundensatzes etc.?

Landgericht Köln – Freibeweis

Das Landgericht Köln geht in Sachen IDO Verband – wie auch das OLG Stuttgart – ins Detail. Die im Wege des sogenannten Freibeweises gewonnenen Ergebnisse wird die Kammer bei Ihrer Entscheidungsfindung zugrunde legen.

 

Wird der IDO den Auflagenbeschluss erfüllen?

Es bleibt abzuwarten, wie der IDO auf den Auflagenbeschluss reagieren wird.

 

Sollte der IDO die Auflagen nicht erfüllen, dann wird der IDO meiner Einschätzung nach diese und weitere rund 50 Klagen verlieren. Er müsste dann den eingeklagten Schadensersatz an die Kläger leisten und die Verfahrenskosten tragen.

 

Sollte der IDO die Fragen des Gerichts beantworten, dann wird die Kammer zu beurteilen haben, ob die Voraussetzungen der Eingangs genannten Normen (§ 8 Abs. 4 S.3 UWG a.F. i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB, § 826 BGB und/oder § 678 BGB) erfüllt sind, oder nicht.

 

Es wäre natürlich denkbar, dass die Kammer zu dem Ergebnis kommt, dass sich der IDO rechtskonform verhält und dessen Verhalten nicht als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden kann. Die Kläger würden die Klageverfahren dann verlieren. Sie müssten die Kosten der Klageverfahren tragen und der IDO müsste keinen Schadensersatz leisten.

 

Wie geht es weiter?

Ich werde zu gegebener Zeit darüber berichten.

Update: 05.07.2021: Wie ist der aktuelle Sachstand in den IDO Verfahren vor dem Landgericht Köln?