Sie haben eine Abmahnung durch einen Verein bekommen. Immer wieder gibt es Vereine (z.B. IDO Verband, Verbraucherschutzverein gegen unlauteren Wettbewerb e.V., Wettbewerbszentrale), die Onlinehändler im eigenen Namen kostenpflichtig abmahnen. Aber wann darf ein Verein eigentlich Abmahnungen aussprechen? Welche Anforderungen sind an neu gegründete Vereine zu stellen?

 

Die Aktivlegitimation eines auch ausländischen Vereins kann sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ergeben.

 

Klagt ein ausländischer Verband gegen ein inländisches Unternehmen wegen einer im Inland begangenen Wettbewerbsverletzung, so ist die Klageberechtigung gegeben, wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG vorliegen.

 

vgl. Fezer/Büscher §§ 5 – 22 UWG München 2005 § 8 Rn. 198; MünchKommUWG/Ottofülling Band 2 §§ 5 – 22 UWG München 2006 § 8 Rn. 362

1. Rechtsfähigkeit

Es muss sich um einen rechtsfähigen Verein handeln, d.h. er muss die Fähigkeit besitzen, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

 

2. Vereinszweck

Es muss sich um einen Verein zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen handeln. Dies ist anhand der Zielsetzung, d.h. der Satzung und der tatsächlichen Betätigung des Vereins zu ermitteln. Aus der Satzung muss sich ausdrücklich oder durch Auslegung ergeben, dass und in welcher Art und in welchem Umfang der Verein gewerbliche Interessen fördert. Die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ist als Zielsetzung bei einem sogenannten Wettbewerbsverein ausreichend, aber nicht erforderlich.

 

3. Mitglieder

Vereine sind nur dann anspruchsberechtigt, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Damit sind solche Unternehmen gemeint, die dem Verletzer auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen, also um Kunden konkurrieren können. Hierbei kommt es darauf an, ob die Mitgliedsunternehmen eine zumindest nicht gänzlich unbedeutende Beeinträchtigung durch die Wettbewerbsmaßnahme mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu befürchten haben. Ein Verein sollte dazu aufgefordert werden, seine Mitgliederliste zu veröffentlichen. Hierbei ist es den Vereinen möglich, eine anonymisierte Mitgliederliste vorzulegen.

 

Es ist in Ausnahmefällen anerkannt, dass auch eine solche Liste genügen kann, wenn ein erhebliches Interesse an der Geheimhaltung von Mitgliedern besteht.

 

vgl. Münchener Kommentar Band 2 §§ 5-22 UWG München 2006 Ottofülling § 8 Rn. 400

 

Ein solches Geheimhaltungsinteresse kann sich draus ergeben, dass zum Beispiel zu befürchten ist, dass die Vereinsmitglieder bedroht werden könnten.

 

a) Räumlich und sachlich relevanter Markt

Die auf demselben Markt vertriebenen Waren oder gewerblichen Leistungen müssen gleicher oder verwandter Art sein. Diese Begriffe sind weit auszulegen. Erfolgt beispielsweise der Verkauf der Waren ausschließlich über das Internet, so spielt die räumliche Distanz zwischen dem Verkäufer und Käufer ebenso wenig eine Rolle wie die zwischen dem Verkäufer und dem Vereinsmitglied, welcher seine Waren über das Internet anbietet. Der Vertragsschluss bei einem Kauf über das Internet ist ebenso mühelos möglich, wie die Abwicklung des Kaufvertrages hinsichtlich Übergabe des Kaufgegenstandes um Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, sodass bei diesen Geschäften der räumlich relevante Markt gegeben ist.

 

Ferner müsste auch der sachlich relevante Markt betroffen sein. Die Vereinsmitglieder müssten den gleichen Branchen angehören, wie diejenigen, die von dem Verein abgemahnt werden. Nur so kann festgestellt werden, ob die Vereinsmitglieder auf demselben sachlich und auch räumlich relevanten Markt tätig sind.

 

b) Erhebliche Anzahl

Dem Verein muss eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehören, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Der Begriff der erheblichen Anzahl ist nach allgemeiner Ansicht nicht wörtlich zu verstehen. In der Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/1487 S. 22 f. heißt es:

 

„Es kommt vielmehr darauf an, dass dem Verband Unternehmer angehören, die auf dem in Rede stehenden sachlichen und räumlichen Markt nach Anzahl und Gewicht ein gemeinsames Interesse der angehörigen Branche repräsentieren.“

 

Eine erhebliche Mitgliederzahl ist dann gegeben, wenn die Tätigkeit des Vereins durch die Interessen von Mitgliedern mitbestimmt wird, die wegen der Teilnahme an dem gleichen Markt wie der Verletzer ein anzuerkennendes Interesse an der Unterbindung von Verstößen haben können.

 

vgl. MünchKommUWG/Ottofülling Band 2 §§ 5 – 22 UWG München 2006 § 8 Rn. 398

 

Eine Mindestzahl von Mitgliedern ist nicht erforderlich. Es ist auch nicht notwendig, dass die Mehrzahl der Mitbewerber dem Verband angehört.

 

vgl. BGH GRUR 1998, 489, 490; Piper/Ohly 4. Aufl. München 2006 § 8 Rn. 120; Hefermehl/Bornkamm/Köhler 24. Auflage § 8 Rn. 3.42

 

Grundlage der Rechtsverfolgung des Vereins muss die kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen sein. Das Interesse der Mitglieder an der Unterbindung von Verstößen z.B. gegen die Informationspflichten besteht in der Verhinderung ihrer wirtschaftlichen Benachteiligung, da sie beispielsweise auf einem Onlinemarktplatz um Kunden konkurrieren.

 

Die Vereinsmitglieder müssen als repräsentativ für die jeweilige Branche anzusehen sein. Grundsätzlich stellen die Vereinsmitglieder eine Gemeinschaft dar. Es muss im Interesse der Vereinsmitglieder liegen, dass sich die Mitbewerber an die gesetzlichen Bestimmungen halten, um Chancengleichheit unter den gewerblichen Händlern herzustellen.

 

4. Befähigung zur Wahrnehmung des Vereinszwecks

Der Verein muss in der Lage sein, seine satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Der Satzungszweck darf daher nicht einfach nur auf dem Papier stehen. Dabei ergibt sich aus dem jeweiligen Satzungszweck, welche Tätigkeiten der Verein im Ergebnis ausführen muss. Besteht der Vereinszweck in der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, so reicht eine reine Abmahn- und Klagetätigkeit nicht aus. Vielmehr müssen weitere Aktivitäten hinzukommen (Beobachtung des Wettbewerbsgeschehens, Durchführung von Testkäufen, Aufklärung des Mitglieder und der Allgemeinheit) ob ein Verein den Satzungszweck verfolgen kann, ist nach dem Gesetz insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung zu beurteilen.

 

a) Personelle Ausstattung

Zur personellen Ausstattung gehört in der Regel eine entsprechende fachliche, d.h. wettbewerbsrechtliche Qualifikation der Mitglieder, des Vorstand oder der Mitarbeiter des Vereins, die aber auch durch Berufserfahrung eines Leihen erworben worden sein kann. Es muss sich also nicht um Volljuristen handeln. Die notwendigen Kenntnisse kann sich das Personal auch während der Berufspraxis erworben haben.

 

vgl. BGH GRUR 2000 1093, 1095

 

Ein Verein, der sich die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zur Aufgabe gemacht hat, muss dementsprechend in der Lage sein, dass Wettbewerbsgeschehen zu beobachten und zu bewerten, damit er mindestens typische Wettbewerbsverstöße, deren rechtliche Bewertung keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, auch ohne anwaltlichen Rat erkennen kann. Unerlässlich sind dabei eine eigenen Geschäftsstelle und Geschäftsführung. Es ist ausnahmsweise auch möglich, Dritte mit der Wahrnehmung der Aufgaben zu betrauen.

 

Bei schwieriger Sachlage ist es einem Verein zudem nicht verwehrt, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Lauterkeitsrechtlichen Zuwiderhandlungen kann auch ggf. mit anwaltlicher Hilfe entgegengetreten werden.

 

vgl. Piper/Ohly 4. Auflage. München 2006 § 8 Rand-Nr. 128

 

b) Sachliche Ausstattung

Zur sachlichen Ausstattung gehört es, dass der Verein über die entsprechenden sachlichen Mittel verfügt, um seinem Satzungszweck tatsächlich wahrnehmen zu können. Zu diesen sachlichen Mitteln gehören etwa Büroräume, Büromaschinen, Kommunikationsmittel wie Telefon, Telefax, E-Mail.

 

c) Finanzielle Ausstattung

Zur finanziellen Ausstattung gehört es, dass der Verein insbesondere in der Lage ist, seine Fixkosten aus der Existenz, Grundausstattung und Grundbetätigung und etwaige gegnerische Kostenerstattungsansprüche abzudecken. Der Verein muss also über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um seinen Satzungszweck zu verfolgen und den dafür erforderlichen personellen und sachlichen Aufwand zu tragen.

 

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Abmahnpauschalen generell zur Deckung der Fixkosten mit herangezogen werden dürfen. In jedem Fall ist dies bei jungen Vereinen zulässig, weil sie andernfalls die von ihnen erwarteten Aktivitäten nicht leisten können. An neu gegründete Vereine sind in der Anfangszeit geringere Anforderungen hinsichtlich der personellen und finanziellen Ausstattung zu stellen.

 

vgl. BGH, Urt. v. 5.6.1997 – I ZR 69/95 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III

 

5. Tatsächliche Verfolgung des Vereinszwecks

Der Verein muss zudem mit der Verfolgung seines Vereinszweckes tatsächlich begonnen haben. Bei neu gegründeten Vereinen sind während einer Anlaufzeit diese Anforderungen geringer als bei etablierten Vereinen.

 

vgl. BGH, Urt. v. 30.6.1972 – I ZR 16/71; BGH GRUR 1973, 78, 79; BGH GRUR 1998, 489

 

Es kommt für die Gründungsphase in erster Linie darauf an, ob der Verein seinem Wesen und seiner Struktur nach auf die Verwirklichung des Satzungszweckes angelegt ist sowie nachhaltiges Bemühen zur Schaffung der notwendigen Voraussetzungen erfolgt.

 

vgl. MünchKommUWG/Ottofülling Band 2 §§ 5 – 22 UWG München 2006 § 8 Rn. 377; Fezer/Büscher §§ 5 – 22 UWG München 2005 § 8 Rn. 198; Piper/Ohly 4. Aufl. München 2006 § 8 Rn. 132

 

Es muss betrachtet werden, welche Aktivitäten der Verein bislang ausgeübt hat. Stellt der Verein seinen Mitgliedern Informationen zur Verfügung, führt der Verein Testkäufe durch, beobachtet der Verein das Wettbewerbsgeschehen, bewertet der Verein aktuelle Rechtsprechung aus etc.

 

Bei neuen Vereinen sollte die Umsetzung und Etablierung des Satzungszwecks in einem Zeitraum von bis zu sechs Monaten erfüllt sein.

 

vgl. Piper/Ohly 4. Aufl. München 2006 § 8 Rn. 132; MünchKommUWG/Ottofülling Band 2 §§ 5 – 22 UWG München 2006 § 8 Rn. 378

 

6. Zuwiderhandlung berührt Mitgliederinteressen

Mahnt ein Verein Zuwiderhandlungen ab, so müssen die abgemahnten Zuwiderhandlungen auch die Interessen der Vereinsmitglieder berühren. Davon ist in der Regel bereits deshalb auszugehen, weil eine erhebliche Zahl von Mitgliedern Waren gleicher Art auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt vertreiben. Die Interessen von Vereinsmitgliedern können auch aus dem Grunde berührte sein, weil sie aufgrund der Zuwiderhandlung einen eigenen Anspruch etwa aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG haben. Sind Vereinsmitglieder in den gleichen Branchen tätig, so stehen sie in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu dem Abgemahnten.

 

Den Vereinsmitgliedern stünde in diesen Fällen also ein eigener Anspruch auf Unterlassung aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG gegen den Mitbewerber zu.

 

Die abgemahnten Zuwiderhandlungen berühren auch die Interessen der Vereinsmitglieder. Davon ist schon deshalb auszugehen, weil eine erhebliche Zahl von Mitgliedern Waren gleicher Art auf der Auktionsplattform eBay vertreiben.

 

Die Interessen der Vereinsmitglieder ist aber auch deshalb berührt, weil sie auf Grund der Zuwiderhandlung einen eigenen Anspruch aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG haben. Da unsere Mitglieder in den gleichen Branchen tätig sind, wie die Abgemahnten stehen sie in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zueinander.

 

Ihnen steht als Mitbewerber somit ein eigener Anspruch auf Unterlassung aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG gegen ihre Mitbewerber zu.

 

7. Keine Rechtsmissbräuchlichkeit

Letztlich dürfte die Vorgehensweise des Vereins nicht rechtsmissbräuchlich sein. Es darf dem Verein nicht darum gehen, Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen, sondern darum, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu fördern. Auch eine große Anzahl ausgesprochener Abmahnungen spricht nicht generell für eine Rechtsmissbräuchlichkeit. Dies ist stets im Einzelfall zu prüfen.

 

Viele Wettbewerbsverstöße erfordern die Aussprache vieler außergerichtlicher Abmahnungen. Zudem ist bei Vereinen zu berücksichtigen, dass Vereinsmitglieder dem Verein Verstöße ihrer Konkurrenten unter Umständen eher anzeigen, als selbst tätig zu werden.

 

Die Erfahrung hat dem Gesetzgeber gezeigt, dass Mitbewerber aus verschiedenen Gründen keine Wettbewerbsprozesse führen. Sie scheuen die höhen Kostenrisiken, oder wollen aus falsch verstandener Loyalität gegen Branchenmitglieder keine gerichtlichen Auseinandersetzungen führen. Wiederum andere sehen ihre Aufgabe nicht in der Reinhaltung des Wettbewerbs, sondern in der Führung ihres Unternehmens. Zudem besteht die Gefahr, dass der angegriffene Mitbewerber die Angebotsseiten seiner Konkurrenten genauestens beobachten und jede sich bietende Gelegenheit sich zur Revanche wettbewerbsrechtliche Beanstandung nutzt. Dies kann die unternehmerische Tätigkeit schnell blockieren.

 

Die Anspruchsberechtigung ist den Vereinen auch deshalb verliehen worden, weil die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs im Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb liegt.

 

Es ist zu berücksichtigen, dass das Vereinsmitglied grundsätzlich kein Kostenrisiko eines etwaigen Wettbewerbsprozesses trifft. Das Vereinsmitglied zahlt in der Regel nur dessen Mitgliedsbeiträgen. Das Mitglied ist dem Mitbewerber gegenüber anonym, wenn es dem Verein beispielsweise einen ihrer Ansicht nach begangenen Wettbewerbsverstoß meldet.

 

Ziel der Vereinsmitglieder muss es sein, dass sich ihre Konkurrenz gesetzeskonform verhält.

 

vgl. BGH GRUR 1990, 282, 284 – Wettbewerbsverein IV; Piper/Ohly 4. Aufl. München 2006 § 8 Rn. 113; Hefermehl/Bornkamm/Köhler 24. Auflage § 8 Rn. 3.30

Fazit zur Aktivlegitimation bei Vereinen

Folglich kann ein Verein gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG dazu berechtigt sein, die in § 8 Abs. 1 UWG genannten Ansprüche geltend zu machen. Es sollte allerdings vor der Abgabe einer Unterlassungserklärung stets geprüft werden, ob ein Verein auch wirklich aktivlegitimiert ist. Es sollte der Verein aufgefordert werden, seine Aktivlegitimation nachzuweisen, d.h. mindestens die Liste seiner Mitglieder offenzulegen.

 

 

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