Update 09.12.2022: Klicken Sie auf den nachfolgenden Link, um weitere Informationen zu erhalten.

 

Abmahnopfer vom IDO wehren sich

Ich habe heute im Auftrag der ersten 15 Onlinehändler jeweils Klage beim Landgericht Köln gegen den IDO Verband eingereicht. Alle Onlinehändler haben in der Vergangenheit vom IDO eine Abmahnung erhalten. Alle haben die Abmahnpauschale von 232,05 EUR bezahlt und auch eine Unterlassungserklärung abgegeben. Jetzt nehmen die abgemahnten Händler den IDO Verband wegen Rechtsmissbrauchs auf Schadensersatz in Anspruch und verlangen ihr Geld zurück.

Klage

 

der XXXXX

 

– Klägerin –

 

Prozessbevollmächtigter: RA Andreas Gerstel, Grabenstraße 63, 48268 Greven

 

gegen

 

den IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Onli-ne-Unternehmen e.V., vertreten durch den Vorstand:
Frau Sarah Spayou (1. Vorsitzende), Herrn Ralf Niermann, Herrn Dr. Harald Schneider, Herrn Guido Vierkötter (Stellvertreter), dieser vertreten durch die 1. Vorsitzende Frau Sarah Spayou, Uhlandstraße 1, 51379 Leverkusen

 

– Beklagter –

 

Streitwert: 232,05 Euro

 

Namens und in Vollmacht der Klägerin erhebe ich Klage und werde beantragen:

 

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 232,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

 

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

3. Das Urteil ist notfalls gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Sofern das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet, wird für den Fall der Fristversäumnis oder des Anerkenntnisses beantragt, die Beklagte durch Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung zu verurteilen.

 

Mit einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter ist die Klägerin einverstanden.

 

Begründung:

Die Beklagte ist ein Abmahnverein. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten aufgrund einer rechtsmissbräuchlichen wettbewerbsrechtlichen Abmahnung einen Schadensersatzanspruch gemäß § 8c Absatz 3 Satz 1 UWG geltend. Im Einzelnen:

 

A. Abmahnung und Unterlassungserklärung

Die Klägerin wurde von der Beklagten mit Schreiben vom XX.XX.20XX abgemahnt.

 

Beweis: Abmahnung vom XX.XX.20XX – Anlage 1

 

Für die Abmahnung forderte die Beklagte Abmahnkosten in Höhe von 232,05 Euro.

 

Beweis: Abmahnung vom 28.09.2015 – Anlage 1

 

Mit Schreiben vom XX.XX.20XX gab die Klägerin gegenüber der Beklagten – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne jedes Präjudiz – eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und bezahlte auch die geforderten Abmahnkosten von 232,05 EUR an die Beklagte.

 

Beweis: Unterlassungserklärung vom XX.XX.20XX – Anlage 2

 

Mit Schreiben vom XX.XX.2021 kündigte die Klägerin gegenüber der Beklagten die am XX.XX.20XX abgegebene Unterlassungserklärung wegen Rechtsmissbrauchs und forderte die Beklagte auf, ihr die gezahlten Abmahnkosten in Höhe von 232,05 EUR bis zum XX.XX.2021 zu erstatten.

 

Beweis: Schreiben vom 12.01.2021 – Anlage 3

 

Die Beklagte hat die Abmahnkosten jedoch nicht erstattet. Die nachfolgenden Ausführungen werden aufzeigen, dass die Beklagte rechtsmissbräuchlich handelt und auch die Abmahnung der Beklagten gegenüber der Klägerin ausschließlich dazu diente, gegen die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen entstehen zu lassen.

 

Dieses Verhalten erfüllt den Tatbestand des § 8c Absatz 2 Satz 1 UWG. Die Klägerin hat daher gegenüber der Beklagten wegen Rechtsmissbrauchs gemäß § 8c Absatz 3 UWG einen Anspruch auf Erstattung der gezahlten Abmahnkosten in Höhe von 232,05 EUR. Zum Rechtsmissbrauch der Beklagten:

 

B. Rechtsmissbrauch – Urteile und Beschlüsse

Das Verhalten der Beklagten erfüllt den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs. Dies haben inzwischen mehrere Gerichte bestätigt.

 

[lesen Sie hierzu meinen Beitrag: Urteile zum Rechtsmissbrauch im Fall IDO Verband Abmahnung]

 

C. Hausdurchsuchung, Strafverfahren, keine Klagebefugnis

[lesen Sie hierzu meinen Beitrag: Handeln Sie! Unterlassungserklärung IDO Verband kündigen, Geld zurückfordern!]

 

D. weitere Missbrauchsindizien

I. Unterlassungsansprüche werden nicht konsequent verfolgt

Die Beklagte hat in den letzten Jahren massenhaft Abmahnungen ausgesprochen. Allein der Unterzeichner hatte über 750 Fälle von der Beklagten.

 

Bei vielen dieser Abmahnungen hat die Beklagte nach Erhalt der Abmahnkosten die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gar nicht mehr weiterverfolgt, wie beispielweise bei den nachfolgenden Abmahnungen vom

 

• 27.1.2020 – Aktenzeichen der Beklagten: 031328/2020-SW (Mein Az. 50/20)
• 28.5.2020 – Aktenzeichen der Beklagten: 0311304/2020-SW (Mein Az. 228/20)
• 26.5.2020 – Aktenzeichen der Beklagten: 0311254/2020-SW (Mein Az. 229/20)

 

Die Unterlassungsansprüche sind in diesen Beispielsfällen auch bereits verjährt. Auch dies ist ein Indiz für Rechtsmissbrauch.

„Schließlich spricht auch die eigene Einlassung der Klägerin für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten, soweit es die Verfolgung der ausgesprochenen Abmahnungen betrifft. Dass sich die Klägerin bei Herrn D großzügig gezeigt hat, ist wegen des sozialen Engagements des Herrn D sicher verständlich und anerkennenswert. Bei Herrn N ist dieser Großmut schon weniger nachvollziehbar, wenn es der Klägerin nur darum gegangen wäre, für die Lauterkeit des Wettbewerbs Sorge zu tragen. Allein der Umstand, dass schon gegen die Mutter ein wettbewerbsrechtliches Unterlassungsurteil ergangen war, ist an sich kein Grund, auf die Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes des Sohnes zu verzichten.

 

Bei Herrn B hat sich die Klägerin aus unerfindlichen Gründen damit zu-frieden gegeben, dass der abgemahnte Verletzer seinen Internetauftritt korrigiert hat.

 

Gleiches gilt im Falle E. So zeigt die eigene Darstellung der Klägerin schon, dass hier von einer konsequenten Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zum Schutz des lauteren Wettbewerbs nicht die Rede sein kann. Die Klägerin hat sich eher wie ein Wettbewerbspolizist geriert, der im Einzelfall Gnade vor Recht ergehen lässt. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ist dem Mitbewerber aber gerade deshalb die Klagebefugnis zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gegeben, um seine eigenen Wettbewerbsinteressen verfolgen zu können. Diesen Interessen ist aber regelmäßig erst dann gedient, wenn der abgemahnte Wettbewerbsverstoß endgültig und mit Sicherheit abgestellt ist, also durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung des Abgemahnten oder durch dessen Verurteilung.“

 

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2009, Az: 4 U 211/08

II. Abmahnung besteht nur aus Textbausteinen

Die Abmahnungen der Beklagten bestehen zudem nur aus Textbausteinen. Auch dies ist ein Indiz für Rechtsmissbrauch.

„Hinzu kommt, dass bei sämtlichen Abmahnungen durch die Klägerin und die # AG mit denselben Textbausteinen gearbeitet worden ist. Auch dieses ist ein Indiz für missbräuchliche Massenabmahnungen. Es weist darauf-hin, dass mit wenig Aufwand und ohne Rücksicht auf die dem Einzelfall zugrundeliegenden Umstände immer gleich reagiert wird, gleichgültig ob und welche wirtschaftliche Bedeutung der Wettbewerbsverstoß für die Klägerin tatsächlich hat. In diesem Kontext ist ebenfalls zu sehen, dass die Gegenstandswerte bei den Abmahnungen größtenteils in dem Bereich zwischen 15.000,- Euro und 25.000,- Euro liegen und somit – in Anbetracht der geringen Bedeutung der Verstöße- im oberen Bereich liegen. Der Ansatz hoher Gegenstandswerte führt zur Erzielung hoher Gebühren.“

 

vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2007, Az: 9 O 482/07

III. nur einfache, leicht zu erkennende Verstöße werden abgemahnt

Die Textbausteinabmahnungen beziehen sich ausschließlich auf einfache, leicht zu erkennende Verstöße, wie

 

• das Fehlen eines Muster-Widerrufsformulars
• das Fehlen von Informationen über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts
• einer fehlenden Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung
• ein fehlender Hyperlink zur OS-Plattform

 

Um derartige Verstöße zu erkennen, muss man gewiss nicht studiert haben. Das massenhafte abmahnen derartiger Verstöße ist ebenfalls ein Indiz für Rechtsmissbrauch, vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 11.08.2016, Az. 3 U 56/15.

 

IV. Ein Verein geht ohne sachlich gerechtfertigten Grund nur gegen Vereinsfremde Wettbewerber vor.

Dies ist bei der Beklagten wie oben dargelegt unstreitig der Fall.

„Für den vorliegenden Fall entscheidend ist daher nach Ansicht des Senats weiterhin, ob es sachliche Gründe dafür gibt, dass der Kläger lediglich die Unternehmen des Lottoblocks abmahnt, hingegen – wie unbestritten vorgetragen – niemals, auch nicht seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages, die eigenen Mitglieder diszipliniert. Solche sachlichen Rechtfertigungsgründe hat der Kläger im Ergebnis nicht dargelegt. Sie sind auch nicht ersichtlich. Zwar hat der Kläger darauf hingewiesen, dass seine Mitgliedsunternehmen ohnehin durch die sog. Blockgesellschaften abgemahnt werden. Er hat aber gleichzeitig keinen Zweifel daran gelassen, dass er selbst seine Aufgabe allein darin sieht, diese Blockgesellschaften in die Schranken zu weisen. Diese Absicht wird sogar in der Satzung des Klägers formuliert. Doch gehört es zu den Satzungszwecken des Klägers, für eine „freie Entfaltung verantwortungsvoller unternehmerischer Tätigkeit …. insbesondere seiner Mitglieder“ einzutreten. Wenn der Kläger nur zum Ausdruck bringt, dass er grundsätzlich geneigt ist, seine Mitglieder von jeder disziplinierenden Einwirkung verschont zu halten, so folgt hieraus, dass es ihm in der Tat vornehmlich um die Disziplinierung einer bestimmten Gruppe von Mitbewerbern, also um deren Behinderung geht. Damit dient sein Vorgehen aber nicht mehr dem Wettbewerb, sondern er bedient sich wettbewerbsprozessualer Institutionen zu eigennützigen Zwecken seiner Mitglieder.“

 

vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.07.2010, Az. I-4 U 21/10

E. Fazit

Nach alledem stellt sich das Verhalten der Beklagten als rechtsmissbräuchlich dar. Rechtsmissbrauch ist vorliegend aber gemäß § 8c Absatz 2 UWG auch deshalb anzunehmen, weil aufgrund vorstehenden Tatsachenvortrages bereits erhebliche Zweifel an der Aktivlegitimation der Beklagten bestehen. Das rechtsmissbräuchliche Verhalten der Beklagten hat zur Folge, dass sie sich die Beklagte gegenüber der Klägerin gemäß § 8c Absatz 3 Satz 1 UWG schadensersatzpflichtig gemacht hat. Der Schaden der Klägerin besteht in Höhe der an die Beklagte gezahlten Abmahnkosten iHv. 232,05 EUR.

 

Die Klägerin hat daher gegenüber der Beklagten wegen Rechtsmissbrauchs einen Anspruch auf Erstattung dieser unstreitig bezahlten Abmahnkosten. Die geltend gemachten Kosten in Höhe von 232,05 Euro wurden von der Beklagten trotz Aufforderung auch nicht erstattet. Daher blieb der Klägerin kein anderer Weg, als Klage zu erheben.

 

F. Zuständigkeit des Gerichts

Das Landgericht Köln ist gemäß § 14 UWG ausschließlich zuständig.

Wird sich der IDO Verband gegen die Klagen verteidigen?

Warten wir es ab. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten.